internationales Forscherteam
Coronavirus-Pandemiewelle verursachte nicht nur SARS-CoV-2 Tote

 In Österreich gab es laut der im Fachjournal "Nature Medicine" veröffentlichten Studie zufolge 930 zusätzliche Todesfälle, 668 werden dem neuartigen Coronavirus zugeschrieben. | Foto: Pixabay
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  • In Österreich gab es laut der im Fachjournal "Nature Medicine" veröffentlichten Studie zufolge 930 zusätzliche Todesfälle, 668 werden dem neuartigen Coronavirus zugeschrieben.
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Die erste Covid-19 Welle forderte in 19 Staaten Europas, darunter Österreich, sowie in Australien und Neuseeland 206.000 Tote, berechnete nun ein internationales Forscherteam. Dabei habe SARS-CoV-2 selbst 167.000 Todesfälle verursacht, die anderen waren Opfer der Begleitumstände. In Österreich gab es laut der im Fachjournal "Nature Medicine" veröffentlichten Studie zufolge 930 zusätzliche Todesfälle, 668 werden dem neuartigen Coronavirus zugeschrieben.

ÖSTERREICH. Die Forscher um Majid Ezzati vom Imperial College London (Großbritannien) berechneten mit 16 mathematischen Modellen, wie viele Menschen in diesen 21 Staaten (Österreich, Australien, Belgien, Bulgarien, Tschechien, Dänemark, England und Wales, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Polen, Portugal, Schottland, Slowakei, Spanien, Schweden und Schweiz) normalerweise gestorben wären, und zog diese Zahlen von den dokumentierten Todesfällen ab. Auf diese Art berechneten sie die "Übersterblichkeit" während der ersten Pandemiewelle.

Frauen und Männer gleich betroffen

Von Mitte Februar bis Ende Mai starben in diesen Ländern insgesamt 206.000 Menschen mehr als ohne der Pandemie zu erwarten gewesen wäre, erklären die Forscher. Dies entspricht in etwa der Zahl der Lungenkrebs-Toten in all jenen Ländern während eines ganzen Jahres. Von den Opfern waren 106.000 Männer und 100.000 Frauen. Das Verhältnis sei demnach insgesamt recht ausgeglichen, während oftmals von viel mehr männlichen SARS-CoV-2 Toten berichtet wird.

Indirekte Todesfälle durch schlechte medizinische Versorgung

Ursachen für indirekte Todesfälle wären zum Beispiel eine schlechtere medizinische Versorgung bei anderen Krankheiten und Unfällen, Verlust sozialer Netzwerke, von Jobs und Einkommen, Kriminalität wie häusliche Gewalt, Tabak-, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie schlechtere Essgewohnheiten, so die Forscher.

Sterblichkeit besonders hoch in Spanien und Italien

Nimmt man alle Länder zusammen, ist die Zahl der zusätzlichen Toten um 23 Prozent höher als die Zahl der Toten, die man dem Coronavirus zurechnet, schrieben sie. In Spanien (69 Prozent) und Italien (46 Prozent) waren die Unterschiede besonders frappant. Das mag teils an nicht erkannten SARS-CoV-2-Infektionen liegen, sowie an höherer Sterblichkeit durch andere Krankheiten, weil die medizinische Versorgung nicht mehr so gut funktionierte.

Übersterblichkeit vermutlich geringer in Frankreich, Belgien, Schweiz

In manchen Ländern wie Frankreich, Belgien und der Schweiz war die Übersterblichkeit vermutlich geringer als die Zahl der belegten Corona-Opfer, obwohl es dort viele solche zu beklagen gab: In Frankreich wurden 28.771 Todesfälle Covid-19 zugerechnet, bei wahrscheinlich 23.700 Todesfällen mehr als ohne Pandemie. In Belgien gab es 9.487 Coronatote bei 8.600 zusätzlichen Todesfällen und in der Schweiz 1.656 Coronatote bei 1.400 zusätzlichen Todesfällen.

Maximal 5 Prozent Übersterblichkeit in Australien

In Australien, Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Neuseeland und der Slowakei gebe es laut Experten hingegen gar keine Übersterblichkeit oder sie betrug maximal fünf Prozent. In diesen Ländern seien  im Untersuchungszeitraum trotz aller Corona-Todesfälle wahrscheinlich sogar weniger Leute als ohne Pandemie gestorben. Mögliche Erklärungen dafür sind etwa eine geringere Zahl an Influenza-Erkrankungen und anderer Atemwegskrankheiten durch die Corona-Maßnahmen oder eine geringere Zahl der Verkehrs- und Freizeitunfälle sowie der Gewalttaten durch den Lockdown.

930 zusätzliche Todesfälle aufgrund Corona-Pandemie

In Österreich habe es laut den Berechnungen der Forscher 930 zusätzliche Tote durch die Pandemie, zwei Drittel davon waren Frauen. 668 Sterbefälle während der ersten Covid-19 Welle wurden dem Coronavirus direkt zugerechnet. Laut Experten seien die Berechnungen sind freilich mit statistischen Unsicherheiten behaftet. Vor allem bei Ländern, die wie Österreich nicht ganz so schlimm vom Virus heimgesucht wurden und wo die Zahlen der direkten und indirekten Pandemie-Opfer vergleichsweise niedrig sind, lassen die Schwankungsbreiten keine sicheren Schlüsse zu, ob es tatsächlich eine Übersterblichkeit gab und ob die Sterblichkeit durch die Pandemie signifikant gestiegen ist.

Massive Länderunterschiede wegen Gesundheitssystem

Warum es so eklatante Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gibt, sei schwer zu sagen, erklären die Forscher. Wahrscheinlich würden hier viele verschiedene Dinge zusammenspielen, wie zum Beispiel der Gesundheitszustand der Bevölkerung, die sozialen Bedingungen, die Reaktionen der Entscheidungsträger und der Zustand des Gesundheitssystems.

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 In Österreich gab es laut der im Fachjournal "Nature Medicine" veröffentlichten Studie zufolge 930 zusätzliche Todesfälle, 668 werden dem neuartigen Coronavirus zugeschrieben. | Foto: Pixabay
Ursachen für indirekte Todesfälle  in der Pandemie wären laut Experten etwa eine schlechtere medizinische Versorgung bei anderen Krankheiten und Unfällen, Verlust sozialer Netzwerke, von Jobs und Einkommen, Kriminalität wie häusliche Gewalt, Tabak-, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie schlechtere Essgewohnheiten, so die Forscher. | Foto: Pixabay

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