Praevenire Präsident Schelling:
"Jetzt liegt es am Willen der Gesundheitspolitik"

Im Bild v.l.n.r.: Reinhard Riedl (PRAEVENIRE Vorstandsmitglied), Dr. Erwin Rebhendl (PRAEVENIRE Vorstandsmitglied), Beatrix Volc-Platzer (Präsidentin der Gesellschaft der Ärzte in Wien), Hans Jörg Schelling (Präsident PRAEVENIRE) | Foto: Welldone Werbeagentur GmbH/APA-Fotoservice/Schedl
  • Im Bild v.l.n.r.: Reinhard Riedl (PRAEVENIRE Vorstandsmitglied), Dr. Erwin Rebhendl (PRAEVENIRE Vorstandsmitglied), Beatrix Volc-Platzer (Präsidentin der Gesellschaft der Ärzte in Wien), Hans Jörg Schelling (Präsident PRAEVENIRE)
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Das neue Praevenire Weißbuch „Gesundheitsstrategie 2030“ untermauert mit 87 Forderungen die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems.

Wien (OTS) - Mit der Präsentation des zweiten Praevenire Weißbuchs „Gesundheitsstrategie 2030“ setzt der gemeinnützige Verein Praevenire seinen Weg zur Weiterentwicklung des solidarischen Gesundheitssystems konsequent fort. Im Rahmen der Pressekonferenz am 28.4.2022 im Billrothhaus in Wien präsentierte Praevenire Präsident Hans Jörg Schelling einen Auszug der Forderungen und Handlungsempfehlungen an die Politik:

  • Es braucht einen Wandel von der Reparatur- hin zur Präventionsmedizin. Dieser lässt sich nur in Form einer niederschwelligen, wohnortnahen Primärversorgung realisieren, die auch über die entsprechenden Mittel verfügt.
  • Da eine Finanzierung aus einer Hand nicht absehbar ist, schlägt die Praevenire Initiative „Gesundheit 2030“ eine Zwei-Topf-Finanzierung vor, bei der der gesamte niedergelassene Bereich inklusive der Spitalsambulanzen aus einen und die stationäre Versorgung in den Spitälern aus einem zweiten Topf finanziert werden sollen.
  • Zur Aufrechterhaltung der Versorgung ist eine Neuordnung der Berufsrechte im Gesundheitsbereich unumgänglich.
  • Es braucht mehr Disease Management Programme für die Versorgung chronisch Erkrankter.
  • Um die medizinische Versorgungslücke im Sinne einer frühen Diagnose bei den 6- bis 18-Jährigen zu schließen, fordert Praevenire eine deutliche Ausweitung des Mutter-Kind-Passes zumindest bis zur Volljährigkeit und die Umwandlung in einen Präventionspass.
  • Um Gesundheitsapps in der Versorgung zu etablieren, braucht es eine Zertifizierungsstelle, welche den Nutzen von CE-zertifizierten Gesundheitsapps nach einem klar strukturierten Prozess evaluiert und Empfehlungen für deren Einsatz und dessen Finanzierung ausspricht.

Primärversorgung weiter ausbauen

„Österreich ist im internationalen Vergleich in puncto Primärversorgung eher schwach entwickelt“, erklärt Praevenire Vorstandsmitglied Erwin Rebhandl, der selbst eine Primärversorgungseinheit (PVE) in Oberösterreich betreibt. Primärversorgung in guter Ausprägung senke die Spitalsaufenthalte und fördere die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Daher brauche es nicht nur zum einen mehr PVEs und zum anderen auch echte Anreize, welche zu gründen, wie beispielsweise die aktuellen EU-Förderprogramme. Primärversorgung funktioniert nur im Team und im interdisziplinären Austausch - dafür müssen MedizinerInnen, diplomierte Krankenpflegekräften sowie u.a. Physio- und ErgotherapeutInnen, LogopädInnen, SozialarbeiterInnen, Hebammen und Ordinationsassistentinnen im Bereich der Zusammenarbeit entsprechend geschult werden.
Um auch junge MedizinerInnen besser an die Anforderungen und Aufgaben in der Primärversorgung heranzuführen, bedarf es neben dem Facharzt für Allgemeinmedizin auch eine deutliche Ausweitung der Lehrpraxis. Diese soll, so die Praevenire Forderung, von derzeit 6 auf 18 Monate ausgeweitet werden.

Möglichkeiten der Digitalisierung sinnvoll nützen

„Wenn wir nicht aufpassen, droht eine digitale Rolle rückwärts“, warnt Praevenire Vorstandsmitglied und Experte für Digitalisierung, Reinhard Riedl von der Berner Fachhochschule. Überlegungen, während der Pandemie erfolgreich eingeführte digitale Projekte wieder rückgängig zu machen, seien diesbezüglich ein Alarmzeichen! Aus Sicht des Vereins Praevenire gelte es, die schon bestehenden Potenziale der Digitalisierung tatsächlich zu nützen und erfolgreiche Projekte in die Regelversorgung zu übernehmen – insbesondere telemedizinische Angebote, die während der Pandemie sehr erfolgreich funktioniert haben.
„Wir müssen wegkommen von einer Gesundheitsversorgung, die durchschnittlich die beste Versorgung ermöglicht. Stattdessen brauchen wir eine personalisierte Präzisionsmedizin“, erklärt Riedl. Basis dafür sind Daten aus dem Gesundheitssystem. Keine Option sei es, so Riedl, sich vor der Entscheidung zu drücken, Daten aus Österreich zu nützen und das Problem dadurch zu umgehen, indem auf Daten anderer Länder zurückgriffen wird - oft mit fraglicher Aussagekraft. Man müsse der Skepsis gegenüber der Datennutzung entgegenwirken, indem man den Nutzen in den Vordergrund stellt und breit kommuniziert.

Über das Praevenire Weißbuch „Gesundheitsstrategie 2030“

An der Erstellung haben über 800 Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Disziplinen der Gesundheitsversorgung mitgewirkt: In Form von zahlreichen Gipfelgesprächen wurden Erfahrungen ausgetauscht und konsensual Lösungsansätze für die Erstellung des Praevenire Weißbuchs erarbeitet. Daraus abgeleitet wurden die 87 Forderungen und Handlungsempfehlungen, die den insgesamt 16 Kapiteln jeweils vorangestellt sind. „Wir stellen ausschließlich die PatientInnen und deren Versorgung in den Mittelpunkt. Der Maßstab muss daher die demografische Entwicklung der Bevölkerung und die Patientenströme sein sowie die zentrale Frage, wie man sie bestmöglich und wohnortnah versorgen kann“, so Schelling. Der entscheidende Punkt sei, dass für diesen Prozess alle an einen Tisch geholt und zur Mitgestaltung eingeladen wurden. „Die Vorschläge versuchten wir anschließend in Konsens zu bringen, damit möglichst alle in eine Richtung ziehen“, so Schelling abschließend. Der Praevenire Prozess ist mit der Veröffentlichung des Weißbuchs nicht abgeschlossen. Denn bei den 7. Praevenire Gesundheitsgesprächen im Stift Seitenstetten, 18. bis 20. Mai 2022, www.praevenire.at, wird bereits an den nächsten Themenkreisen und Vorschlägen gearbeitet.

Neue Leuchtturmprojekte des Vereins Praevenire vorgestellt

„Gerade in einer von Social-Media-Meldungen und Schlagzeilen dominierten Welt, ist es wichtig, den Menschen einen Anker für seriöse Informationen auf Basis der Wissenschaft zu bieten“, erklärt Beatrix Volc-Platzer, Präsidentin der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Die 1837 gegründete Gesellschaft sieht es als ihre Aufgabe, als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Bevölkerung aufzutreten. Der Verein Praevenire ist in Vorbereitung, gemeinsam mit der Gesellschaft der Ärzte in Wien im Rahmen der Praevenire Initiative „Wissenschaft für die Menschen“ der Bevölkerung komplexe medizinische Informationen, wie zB das Immunsystem, auf Basis der letzten medizinischen Erkenntnisse niederschwellig, einfach und verständlich näherzubringen.
Erika Sander, Generalsekretärin der Gesellschaft vom Goldenen Kreuze, griff das Thema der Gesundheitskompetenz auf: „Je besser die Gesundheitskompetenz ausgeprägt ist, desto besser ist auch die Gesundheit“. Als gemeinnütziger Verein hat sich die Österreichische Gesellschaft vom Goldenen Kreuze der Gesundheitsförderung verschrieben und will verstärkt bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, da hier der Grundstein für Gesundheitskompetenz gelegt wird, so Sander. Im Rahmen der Praevenire Initiative „Wissenschaft für die Jugend“, konkret mit der Praevenire Summer School, will man schon heuer im Juni eine Blaupause für schulische Gesundheitsbildung schaffen. „Und zwar nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern indem wir Gesundheit erklären und vor allem die Wirkung erlebbar machen. Gelingt dieser Versuch, hoffen wir, dass die Ansätze auf lange Sicht Eingang in die Lehrpläne der österreichischen Schulen finden“, so Sander.
„Die Pandemie hat deutlich gezeigt, dass das Verhalten der Menschen stark davon abhängt, ob sie der Wissenschaft glaubt oder nicht“, erklärt Schelling. Der gemeinnützige Verein Praevenire hat deshalb den „1. Praevenire Innovationspreis“ ins Leben gerufen, bei dem kreative Ideen und visionäre neue Wege der Versorgung in vier Kategorien zu je 10.000 Euro prämiert werden:

  • Steigerung der Gesundheitskompetenz
  • Intensivierung von Präventionsmaßnahmen
  • Fortschritt in der frühen Diagnose
  • Verbesserung der Compliance/Adhärenz

Die Einreichfrist für Gesundheits- oder Forschungsprojekte endet am 12. Dezember 2022, umsetzen@praevenire.at. Die Preisverleihung findet im Rahmen der 8. Praevenire Gesundheitstage 2023 im Stift Seitenstetten statt.

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