Postvirale Erkrankungen
Michael Ströck beklagt "entwürdigende Situation"

Menschen, die unter dem chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) leiden, sind meist bettlägerig, dabei oft licht- und geräuschempfindlich.  | Foto: Lea Aring/Deutsche Gesellschaft für ME/CFS
3Bilder
  • Menschen, die unter dem chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) leiden, sind meist bettlägerig, dabei oft licht- und geräuschempfindlich.
  • Foto: Lea Aring/Deutsche Gesellschaft für ME/CFS
  • hochgeladen von Dominique Rohr

Die Bäcker-Famile Ströck klagt über die schleppende Hilfe für Patientinnen und Patienten mit Long Covid oder anderen postviralen Erkrankungen: Nach wie vor gebe es in Österreich keine Anlaufstellen, dabei sei der Leidensdruck für die Betroffenen oft riesengroß. Die Unternehmerfamilie hat deshalb eine Stiftung für ME/CFS ins Leben gerufen und Akteuren im Gesundheitssystem sowie in der Bundesregierung eine Million Euro für die Errichtung eines klinischen Kompetenzzentrums zur Verfügung gestellt. Nur: Bisher wolle das Geld niemand.

ÖSTERREICH. Im Frühjahr 2023 wurde die Corona-Pandemie offiziell für beendet erklärt, die Nachwehen sind für viele Menschen aber bis heute spürbar. Mit Long Covid wurde auch das Bewusstsein für die Existenz postviraler Erkrankungen in der Gesellschaft gestärkt. Laut internationalen Untersuchungen leiden zehn bis 20 Prozent aller an Corona Erkrankten an einer Form von Long Covid. Aber auch andere Infektionskrankheiten wie etwa die Grippe kann eine Folgeerkrankung nach sich ziehen. Die Symptome sind dabei mannigfaltig, reichen über Lichtempfindlichkeit und starke Kopfschmerzen bis hin zu körperlicher und geistiger Erschöpfung, die Betroffene ans Bett fesselt und einen normalen Alltag verunmöglicht. Letzteres, auch bekannt unter der Bezeichnung chronische Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), ist die schwerste Ausformung postviraler Erkrankungen.

Michael Ströck: "Entwürdigend"

Bis zu 80.000 Menschen sind laut Schätzungen in Österreich von postviralen Syndromen betroffen. Eine offizielle Statistik gibt es ebenso wenig wie zentrale Anlaufstellen. Zwischenzeitlich in Spitälern eingerichtete Long-Covid-Stationen wurden wieder geschlossen. Sehr schwer ist daher der Weg zur Diagnose und in weiterer Folge Behandlung. Das weiß auch die heimische Unternehmer-Familie Ströck. Zwei der drei Söhne (Christoph und Philipp) leiden bereits seit mehreren Jahren an ME/CFS. "Christoph ist seit einigen Jahren bettlägerig und auf 24-Stunden Pflege angewiesen", schilderte Michael Ströck am Freitag gegenüber "Ö1" die prekäre Situation seines jüngeren Bruders. Seinem anderen Bruder, Philipp, gehe es zwar besser, aber auch er sei gesundheitlich "sehr stark eingeschränkt". 

Die Erkrankung sei für die Betroffenen oft "entwürdigend, weil sie ins 'Tachinierer-Eck' gestellt und nicht ernst genommen werden", beteuert der Unternehmer. Um anderen ihren Leidensweg zu ersparen hat die Familie Ströck 2020 eine Stiftung (WE&ME Stiftung) ins Leben gerufen. Sie soll die Forschung über das chronische Erschöpfungssyndrom unterstützen und mithelfen, dass möglichst bald ein ME/CFS-Kompetenzzentrum eingerichtet wird. 

Rauch: Aktionsplan bis Sommer 

Auf die Frage, wann das von der Regierung im Herbst angekündigte Referenzzentrum für postvirale Erkrankungen denn nun kommt, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) diese Woche in einem Interview mit MeinBezirk.at: "Die europaweite Ausschreibung soll noch im Februar rausgehen und bis Jahresmitte vergeben werden. Auch ein eigener Aktionsplan soll bis zum Sommer stehen. Da geht es um die Vorgangsweise bei der Einsetzung von Ambulanzen, der Ausarbeitung von Maßnahmen und die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten, was die Diagnosen angeht. Diese Punkte, die auch vom Obersten Sanitätsrat empfohlen worden sind, werden jetzt in Angriff genommen." 

Das geplante Referenzzentrum sei zwar ein guter erster Schritt, dabei gehe es aber nur um wissenschaftlichen Austausch, erklärte Stiftungs-Leiterin Marie-Therese Burka. Folglich werde es auch hier nicht zu der dringlich notwendigen Patientenversorgung kommen.

Kein Abnehmer für Million

Die WE&ME Stiftung wolle daher Strukturen schaffen, wo Patientinnen und Patienten sich hinwenden können und in weiterer Folge auch medizinisch versorgt werden. Ein solches Zentrum sei laut Burka noch für heuer das Ziel. Gleichzeitig versucht man vonseiten der Stiftung den öffentlichen Druck zu erhöhen. "Wir planen 2024 eine große Kampagne, die auf die Krankheit aufmerksam macht." Es ist ganz wichtig, dass Menschen verbreitet mehr von der Krankheit wissen – damit man nicht mehr wegschauen kann", beteuerte die Stiftungs-Leiterin.

Darüber hinaus hat sich die Familie Ströck schon vor geraumer Zeit in einem offenen Brief an Akteure aus dem Gesundheitswesen sowie der Bundesregierung gewandt und eine Million Euro für die Errichtung einer klinischen Anlaufstelle in Aussicht gestellt. Einziges Problem: Bisher gebe es niemanden, der das Geld haben wolle, so Michael Ströck.

Das könnte dich auch interessieren:

Long-Covid-Risiko erhöht sich mit jeder Infektion
Rauch kündigt Zentrum für postvirale Erkrankungen an
Die Grünen fordern eine Long Covid-Ambulanz für Wien

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.