Zu laut und zugig
Warum Luftreiniger an Schulen kein Allheilmittel sind
Luftreiniger seien zwar durchaus wirksam, können aber das Infektionsrisiko auch nicht stärker senken als das Tragen von FFP2-Masken. Zudem müssen "Nebenwirkungen" wie Lärm und Zugluft in Kauf genommen werden.
ÖSTERREICH. Das kommende Schuljahr im Herbst soll wieder im Präsenzunterricht stattfinden. Von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wird angesichts einer befürchteten 4. Welle demnächst ein Konzept für eine sichere Schule erarbeitet. In der Vergangenheit wurden dabei immer wieder Lufteiniger als eine Maßnahme angeführt. Deutschland setzt in einigen Bundesländern bereits auf solche Geräte.
Jetzt hat eine Studie im Auftrag der Stuttgarter Schulverwaltung von Jänner bis Juni 2021 in zehn Schulen jeweils ein bis zwei Klassenräume hinsichtlich des Infektionsrisikos vermessen. Dazu wurde die luftgetragene Ausbreitung ausgeatmeter Aerosole anhand der Freisetzung von Spurengas und Testpartikeln nachgestellt - nicht an "echten" Lehrern und Schülern, sondern an "thermischen Dummies", die die Wärmeabgabe von Menschen nachbildeten. Betrachtungszeitraum war eine Doppelstunde mit 90 Minuten - dazu wurden verschiedene Strategien der Fensterlüftung (Dauerkippen bzw. Stoßlüften in verschiedenen Intervallen) erprobt sowie eben Luftreinigungsgeräte und (fix verbaute) raumlufttechnische (RLT-) Anlagen bei unterschiedlichen Stufen bzw. Volumenströmen.
Zu laut und zugig
Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass flächendeckende Luftreiniger an Schulen keine Universallösung seien. Am schlechtesten schnitt dabei erwartungsgemäß jenes Szenario ab, bei dem bei geschlossenem Fenster ohne FFP2-Maske und ohne Luftreinigung gemessen wurde. Hier betrug das Infektionsrisiko durchschnittlich 38 Prozent. Bei 2,5 Minuten Stoßlüften nach jeweils zehn Minuten reduzierte sich dies auf 15 Prozent. Mithilfe von Luftreinigern sank die Infektionswahrscheinlichkeit sogar auf sechs Prozent. "Hierbei wurden jedoch die Behaglichkeitskriterien bezüglich Akustik und Zugluftrisiko überwiegend nicht eingehalten", heißt es in der Studie. Sprich: Es wurde laut und zugig. Außerdem wurden CO2 und die Feuchtigkeit nicht abtransportiert. Bei geringerer Volumenströme sank der Lärm, dafür stieg aber umgekehrt wieder das Infektionsrisiko an (auf knapp zehn Prozent).
Maske und Lüften bringt ähnliche Ergbnisse
Das noch niedrige Infektionsrisiko könne jedoch auch bei geschlossenen Fenstern und dem Tragen einer FFP2-Maske (ohne Luftreinigung) erreicht werden. Lüftet man zusätzlich, sank die Wahrscheinlichkeit einer Infektion (je nach Lüftungsart) auf rund vier Prozent, mit Luftreinigung sogar auf zwei Prozent.
Etwas relativiert wurden die Vorgaben bezüglich Lautstärke und Zugluft durch eine Schüler- und Lehrkräftebefragung. Diese empfanden die Geräte großteils als nicht störend - allerdings nach nur 15 Minuten "Probebetrieb" und im Juni. Die Wissenschafter vermuten, dass bei längerer Beschallung bzw. in der kälteren Jahreszeit Lärm und Zugluft stärker stören würden.
Kein Ersatz für andere Corona-Maßnahmen
Demnach sind Luftreinigungsgeräte keine Alternative zum Lüften, Abstand, Hygiene, Testen, Impfen. Das Ansteckungsrisiko wird nur in Kombination mit weiteren Maßnahmen ausreichend gesenkt. Die Forscher bewerten den Einsatz von Masken im Unterricht als eine wirksame Maßnahme zum präventiven Schutz. Als Folge sollten Luftreinigungsgeräte nur dort zum Einsatz kommen, wo etwa aufgrund ungenügender Fensteröffnungsfläche unzureichend gelüftet werden kann, empfehlen die Forscher. Als langfristige und dauerhafte Lösung wird der Einbau von Raumlufttechnischen Anlagen (Lüftungsanlagen) in Schulen empfohlen.
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