Wirtschafts-Forderung
Arbeitslosengeld senken? Für ÖGB-Chef Katzian "Katastrophe"
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian ging am Montag scharf mit den Plänen des ÖVP-Wirtschaftsbundes zur Kürzung des Arbeitslosengeldes ins Gericht. Er kritisierte "eine soziale Kälte, eine Verachtung von arbeitslosen Menschen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern".
ÖSTERREICH. Vergangenen Woche sorgte ein internes Dokument des ÖVP-Wirtschaftsbundes für Aufsehen. Laut dem Papier, berichtete die "Presse", wünsche sich der Bund, dessen Präsident Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer ist, die Senkung des Arbeitslosengeldes und Umstellung auf ein degressives Schema in Österreich auf unter 40 Prozent. Zudem sollen Langzeitarbeitslose Jobs in ganz Österreich annehmen müssen. Kurz: Die Zumutbarkeitsbestimmungen sollen aufgeweicht werden.
Irritation beim ÖGB
Wolfgang Katzian, der Präsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), gab sich am Montag im Ö1-"Morgenjournal" "extrem irritiert" von den Forderungen des Wirtschaftsbundes. "Bei einem Verhältnis von 1:6, also offene Stellen zu Arbeitssuchenden, jetzt so zu tun, als wären die, die arbeitslos sind, alles Tachinierer, das halte ich wirklich für eine Katastrophe", so der Gewerkschafter.
Zuerst werde verkündet, Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit zu ergreifen, um dann hinterrücks das Arbeitslosengeld zu kürzen und die Zumutbarkeitsbestimmungen zu verschärfen. Katzian kritiserte "eine soziale Kälte, eine Verachtung von arbeitslosen Menschen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern".
Man wolle "mit der Keule" arbeiten, aber im Gegenzug zu strengeren Regeln keine attraktiven Anreize schaffen. Katzian: "Auf der Basis zu sagen, jetzt machen wir einen Wanderzirkus durch ganz Österreich, ehrlich gesagt, dafür werden wir nicht zur Verfügung stehen." Dem vom Arbeitsministerium vorgestellten Programm "Sprungbrett" für Langzeitarbeitslose stehe er positiv gegenüber, erwarte aber noch mehr Details.
Das sagt der Wirtschaftsbund
Vergangene Woche hatte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger erklärt, dass Unternehmer derzeit keine Mitarbeiter finden würden, sowohl für Fach- als auch für normale Arbeiten. Facharbeiter als auch für ganz normale Tätigkeiten. "In Zeiten einer Wirtschaftskrise mit Rekordarbeitslosigkeit" könnten doch nicht "Tausende offene Stellen unbesetzt" bleiben.
Kritik kam auch von den Grünen: "Wer meint, in Zeiten der Krise, in denen ein Arbeitsplatzangebot auf fünf arbeitslose Menschen kommt, mit rein ideologiebegründeten Bestrafungsphantasien irgendein Problem lösen zu können, macht keine ernstzunehmende Politik", so deren Sozialsperecher Markus Koza.
5,3 Arbeitslose pro offener Stelle
Im März waren österreichweit mehr als 190.000 Menschen bereits seit länger als einem Jahr beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet, davon waren 146.761 aktiv auf der Suche nach Erwerbsarbeit. Das ist ein historischer Höchststand, ein weiterer Anstieg in den nächsten Monaten ist angesichts der anhaltenden Krise zu befürchten. Mittlerweile sind mehr als 38 Prozent der Arbeitslosen langzeitbeschäftigungslos.
Insgesamt waren mit Ende April 2021 in Österreich 433.443 Personen ohne Job oder in Schulungen des AMS. Beim AMS waren zeitgleich 81.028 offene Stellen ausgeschrieben. Somit gab es – rein rechnerisch – 5,3 Arbeitslose pro offener Stelle.
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