Auch wegen Corona
Demokratiezufriedenheit auf niedrigstem Wert seit 2018
Nur noch 69 Prozent sehen die Demokratie gut oder sehr gut funktionieren. Die Einstellung der Österreicher lag in den früheren Befragungen bei über über 70 Prozent, vor der Pandemie sogar bei 78 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt das Demokratieradar der Donau-Universität Krems und der Universität Graz, dessen aktuell siebte Welle am Montag präsentiert wurde.
ÖSTERREICH. Damit sind das die beiden niedrigsten Werte seit Beginn des Demokratieradars im Jahr 2018. Auch in anderen EU-Staaten ist die positive Einstellung zur Demokratie gesunken, jedoch "befindet sich Österreich in jenem Drittel, bei denen die Demokratiezufriedenheit am stärksten zurückgegangen ist", betonte Flooh Perlot von der Uni Graz. „Die Kritik richtete sich dabei nicht gegen die Demokratie als System an sich, sondern gegen das politische System in Österreich“, wies Katrin Praprotnik von der Universität für Weiterbildung Krems darauf hin.
Die Demokratiezufriedenheit in Österreich ist gesunken - auf den niedrigsten Wert seit Beginn des #Demokratieradar (2018) vom @_ADL_Team. 1/n pic.twitter.com/LYlNDuTtyB
— Katrin Praprotnik (@K_Praprotnik) June 21, 2021
Generell sahen die Befragten eine eher negative Entwicklung Österreichs, seit Beginn der Coronakrise stieg diese Einschätzung auf 68 Prozent. Der Wunsch nach einem grundlegenden Umbau des politischen Systems Österreichs ging in der nunmehrigen siebenten der halbjährlich durchgeführten Befragungswellen auf 46 Prozent hinauf (erstes Halbjahr 2020: 32 Prozent, zweites Halbjahr 35 Prozent). Hier hat die Pandemie messbar Spuren hinterlassen, und zwar so stark wie in kaum einem anderen EU-Land“, so die Politikwissenschafterin. Man könne aber nicht kausal diese Entwicklungen auf die Pandemie oder auf die österreichische politische Lage zurückführen.
30 Prozent sehen Instrumentalisierung der Pandemie
Erstmals wurde im Demokratieradar die Zustimmung zu den verschiedenen Corona- Verschwörungslegenden abgefragt. Die Mehrheit lehne zwar die weiterverbreitende Theorien ab -vom Vorwurf der Regierungskontrolle über absichtliche Demokratieschwächung, vertuschte Impfgefahren, die Rolle Chinas bei der Entstehung des Virus bis zur Überwachung der Weltbevölkerung durch Bill Gates - knapp 30 Prozent glauben allerdings, dass die Pandemiebekämpfung instrumentalisiert wurde, um die Demokratie in Österreich zu schwächen und die Gesellschaft stärker zu kontrollieren.
"Mehr reden und diskutieren"
Die Studienautoren appellieren an die Bevölkerung, wieder mehr politische Verantwortung zu tragen und sich zu beteiligen, denn es bestehe ein Zusammenhang zwischen der Demokratiezufriedenheit und den eingeschränkten Sozialkontakten. "Durch die Pandemie sind Diskussionen und demokratische Begegnungen auf der Strecke geblieben, beides sind aber wesentliche Eckpfeiler für die Demokratie,“ so Daniela Ingruber, Universität für Weiterbildung Krems. Dieses Fehlen der Debatte sei spürbar, entsprechend wichtig sei es jetzt auch, den gegenseitigen Austausch etwa im Rahmen von politischer Bildung wieder zu verstärken. Speziell mit Menschen, die für Verschwörungstheorien offen sind und die Demokratie in Österreich noch kritischer sehen, müsse man wieder mehr reden und diskutieren.
Das Demokratieradar ist eine halbjährliche Studie der Donau-Universität Krems und der Universität Graz, das in Kooperation mit Forum Morgen durchgeführt wird. Sie basiert auf einer Umfrage unter rund 4.500 Personen in Österreich. Das Demokratieradar ist Teil des Austrian Democracy Lab (ADL), das seit Anfang 2018 den Zustand der Demokratie in Österreich analysiert und Vorschläge zu ihrer Weiterentwicklung ausarbeitet.
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