Susanne Raab
Familienministerin: Bei Kinderbetreuung ist viel Luft nach oben

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) gründet gerade selbst eine Familie. | Foto: Markus Spitzauer
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Die neue Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) über finanzielle Hilfen für Familien, Teilzeitjobs und Kinderbetreuung. 

ÖSTERREICH. Die Regionalmedien Austria (RMA) haben mit der frisch gebackenen Familienministerin über brennende Themen gesprochen, die derzeit, in der Corona-Krise, Familien besonders betreffen.

Regionalmedien Austria: Auf der Seite des Bundeskanzleramts steht: Aufgabe der Politik ist es, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Balance zwischen Familie und Beruf gut gelingen kann. Die aktuelle Situation sieht anders aus. Homeschooling, Homeoffice, Haushalt und sonstige Dinge belasten die Familien, insbesondere die Frauen, die zu 70 Prozent für die Kinder und zu 60 Prozent für den Haushalt zuständig sind. Wie kann man Familien helfen?

Susanne Raab: Die Krise ist eine Ausnahmesituation und an oberster Stelle steht aktuell natürlich der Schutz von Menschenleben. Damit ist der Handlungsspielraum ein geringerer, als wenn wir nicht in einer Pandemie wären. Wir versuchen aber alles, um die Familien bestmöglich durch die Krise zu bringen. Eine wichtige Rahmenbedingung, insbesondere für berufstätige Alleinerziehende, ist jetzt, dass die Kinderbetreuungseinrichtungen für all jene zur Verfügung stehen, die diese in Anspruch nehmen wollen. Weiters ist der Rechtsanspruch für die Sonderbetreuungszeit wichtig. Wenn das Kind einer alleinerziehenden Mutter, die im Supermarkt arbeitet, plötzlich in Quarantäne muss, weil in der Klasse ein Corona-Fall vorkommt, so bringt diese Situation die Mutter in eine Zwickmühle zwischen Betreuung zu Hause und beruflicher Situation. Sie kann Rechtsanspruch für Sonderbetreuung in Anspruch nehmen. Drittens gibt es Entlastung in finanzieller Hinsicht, etwa durch den Familienhärtefonds oder den Unterhaltsvorschuss, der Alleinerziehenden hilft, wenn der Ex-Partner diesen nicht erbringen kann. Uns ist aber bewusst, dass die Vereinbarkeit von Familien- und Arbeitswelt derzeit ganz besonders schwierig ist. 

Der Vorschuss für Unterhalt wird weiter verlängert?

Der Vorschuss läuft seit Sommer. Rechtlich läuft dieses Thema über das Justizministerium.
 


Hilfen über den Familienhärtefonds kann man derzeit nur für drei Monate beantragen. Das ist sehr wenig. Die meisten Eltern sind länger als drei Monate in Kurzarbeit. Können Sie die Frist nicht auf mind. sechs Monate verlängern?

Wir haben für den Familienhärtefonds gewisse Rahmenbedingungen geschaffen, damit, wenn jemand aufgrund von Corona den Arbeitsplatz verloren hat, diesen in Anspruch nehmen kann, zusätzlich zum Kinderbonus und Arbeitslosengeld. Die finanziellen Mittel dafür sind noch nicht ausgeschöpft, für jene, die noch keine Förderung erhalten haben.


Ein-Eltern-Haushalte – vorwiegend alleinerziehende Frauen – verzeichnen mit einer Quote von 46 Prozent die höchste Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung aller Haushaltstypen. Familien und insbesonders Alleinerziehende werden laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Karmasin Research&Identity aus Sicht der Bevölkerung mehrheitlich zu wenig bei der Krisenbewältigung unterstützt. Was sind Ihre Strategien, dies zu verbessern?

Die Regierung tut alles, um Menschen bestmöglich durch die Krise zu bringen. Die Sonderbetreuungszeit für Alleinerziehende etwa hilft jetzt stark. 


Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen ist in zehn Jahren von 43,1 auf 47,7 Prozent (2019) gestiegen. 80 Prozent der in Teilzeit arbeitenden Menschen in Österreich sind weiblich. Als Gründe sind bei 38,2 Prozent der Frauen Betreuungspflichten für Kinder oder pflegebedürftige Erwachsene ausschlaggebend (Männer: 5,4%); Werden Sie als zuständige Ministerin Anreize schaffen, dass Frauen ganztägig arbeiten können bzw. sich für eine ausgewogene Verteilung einsetzen?

Ich wünsche mir ein gleichberechtigtes Familienmodell, mir sind aber die Selbstbestimmung und Wahlfreiheit wichtig. Es gibt kein Modell, das für jede Familie passt. Aber natürlich geht es auch um die Stärkung der Väterbeteiligung. In meiner Partnerschaft etwa wird mein Mann die Karenzzeit übernehmen. Es braucht insgesamt mehr Vorbilder, die mutig vorangehen auch in Branchen, in denen das bisher nicht üblich ist. 


Aber Pflichtmodell ist keines vorgesehen?

Das ist im Regierungsprogramm nicht vorgesehen.


Vor allem am Land sind Kinderbetreuungsplätze Mangelware, oder die Stellen sind übervoll. Setzen Sie sich für ein garantiertes Recht auf einen Kindergartenplatz ein? 

Kinderbetreuung ist ein wichtiges Thema, weil das die Basis für selbstbestimmtes Familienleben echte Wahlfreiheit ist. Man kann als Frau Eltern schwer sagen, dass man arbeiten geht, wenn man keine Möglichkeit der Betreuung hat. Die Zuständigkeit liegt allerdings bei den Bundesländern. Wir unterstützen die Bundesländer finanziell, aber ich will, dass die Betreuungsplätze weiter ausgebaut werden. Bei älteren Kindern ab drei Jahren gibt es bereits ein breiteres Netz an Plätzen, bei unter 3-Jährigen gibt es noch Luft nach oben. 


Welche Zahlen peilen Sie an?

Es gibt ein europäisches Ziel, das sind 33 Prozent als Zielmarke. In Österreich sind wir bei 30 Prozent. Da ist wie gesagt noch Luft nach oben, auch was das europäische Ziel betrifft.


Laut Europa-Statistik von 2019 sind in Österreich über 300.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung betroffen. Durch die Krise ist die Zahl vermutlich gestiegen. Welche Pläne gegen Armut in den Familien angepeilt?

Das Wichtigste ist, dass wir die Kinder nach der Coronakrise in der Bildung mitnehmen, denn: Die beste Prävention gegen Armut ist und bleibt Bildung. Darum bin ich froh, dass der Bildungsminister jetzt Kinder Schülerinnen und Schüler sukzessive mit digitalen Endgeräten ausstattet, weil viele Familien sich diese Geräte nicht leisten können. Ich begrüße auch, dass der Bildungsminister in zusätzlichen Förderunterricht investiert, damit mögliche, durch die Krise entstandene Defizite rasch ausgeglichen werden können. Darüber hinaus gilt: Österreich liegt punkto monetäre Familienleistungen, etwa Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe oder Kinderbonus, prinzipiell im europäischen Spitzenfeld. Da sind wir gut aufgestellt. Wir müssen jetzt den Fokus darauf legen, dass wir jungen Menschen die Chance geben, gut für die Zukunft gerüstet zu sein.

Die Krise hat in vielen Familien Gewalt, Depression und Isolationsgefühle verschärft. Welche Maßnahmen wirken dagegen?

Ich als Psychologin sehe, wie wichtig die Perspektive der psychischen Gesundheit ist. Wir haben unsere Beratungsstellen ausgebaut und finanziell gestärkt. Derzeit gibt es fast 400 Familienberatungsstellen sowie rund 170 Frauen- und Mädchenberatungsstellen in ganz Österreich. Diese haben jetzt auf digitale Beratung umgerüstet. Wir haben also eine gute Infrastruktur. Und es gibt viele Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder. Viele Menschen wissen jedoch noch gar nicht, dass es diese gibt oder trauen sich nicht, sich an sie zu wenden. Darum ist es wichtig, die Hemmschwelle zu senken. Wir haben aus diesem Grund eine breite Infokampagne gestartet, mit Flyern und mehrsprachigen Broschüren, die etwa beim Arzt, im Supermarkt, oder in Apotheken aufliegen. In einzelnen Beratungsstellen stehen mehrsprachige Expertinnen und Experten bereit. 

Haben wir genügend Kinderbetreuungsplätze in Österreich?

elternseite.at: Hier geht es zur Rat auf Draht Elternseite

Zweiter Corona-Lockdown belastete Familien stärker
Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) gründet gerade selbst eine Familie. | Foto: Markus Spitzauer
Susanne Raab: Die Krise ist eine Ausnahmesituation und an oberster Stelle steht aktuell natürlich der Schutz von Menschenleben. Damit ist der Handlungsspielraum ein geringerer, als wenn wir nicht in einer Pandemie wären.  | Foto: bka/Christopher Dunker

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