"Bierwirt" als Täter?
Schon wieder wurde eine Frau ermordet

Winarskyhof: In diesem Gemeindebau ist es zu der Gewalttat gekommen. Der Verdächtige wurde festgenommen. | Foto: RMA
3Bilder
  • Winarskyhof: In diesem Gemeindebau ist es zu der Gewalttat gekommen. Der Verdächtige wurde festgenommen.
  • Foto: RMA
  • hochgeladen von Alois Fischer

Nach dem Mord an einer Frau in Niederösterreich im April ist es erneut zu einer Gewalttat gekommen: Eine Frau in Wien ist ermordet worden. Es handelt sich bereits um den neunten Mord an einer Frau im heurigen Jahr. Am Freitag äußerte sich Frauenministerin Raab zu den Delikten.

ÖSTERREICH. Wieder eine Bluttat in Wien: Am Donnerstagabend soll in einer Wohnung in Wien-Brigittenau ein Mann seine 35-jährige Ex-Partnerin erschossen haben. Bei dem festgenommenen 42-Jährigen soll es sich laut Medienberichten um den berüchtigten „Bierwirt“ handeln, die Polizei bestätigte das vorerst nicht.

Tatort war der "Winarskyhof", ein Gemeindebau im 20. Bezirk. Die Frau war zunächst mit Schussverletzungen schwer verletzt in ein Spital gebracht worden, verstarb dort aber. Der laut Polizeiangaben alkoholisierte Tatverdächtige wurde im Hof des Gemeindebaus festgenommen. Bei dem Mann soll es sich um den „Bierwirt“ handeln, der durch einen Prozess gegen die grüne Klubchefin Sigrid Maurer bekannt geworden war. Maurer war von dem Bierlokalbetreiber geklagt worden, nachdem sie diesen via Twitter beschuldigt hatte, ihr obszöne Facebook-Privatnachrichten geschickt zu haben. Nach mehreren Verhandlungen hatte der Mann die Klage zurückgezogen. Zuletzt hätte sich der 42-Jährige wegen Nötigung vor dem Gericht verantworten müssen – er soll einen Passanten mit einem Elektroschocker bedroht haben.

35-Jährige von ihrem Ex-Freund erschossen

Am Freitag reagierte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) auf die brutale Tat: „Dieser brutale Mord ist absolut schockierend und macht mich zutiefst betroffen. Grausame Taten wie diese sind die Spitze des Eisbergs, denn Gewalt gegen Frauen beginnt bereits bei abwertenden Äußerungen und Beschimpfungen und reicht bis hin zu gewalttätigen Übergriffen. Mir ist es daher wichtig, dass jede Frau weiß, dass sie einen Zufluchtsort hat, wo sie bereits bei den ersten Anzeichen von Gewalt Schutz findet.

Der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt sei der gesamten Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Selbstverständlich sei der Gewaltschutz aber auch ein ganz zentraler Schwerpunkt in der Frauenpolitik. Daher fließe ein großer Teil des Frauenbudgets in Gewaltschutz-Maßnahmen, wie beispielsweise in die Finanzierung von Gewaltschutzzentren oder Frauenberatungsstellen als erste Anlaufstelle für betroffene Frauen und Mädchen. "Zudem haben wir letztes Jahr auch 3,25 Millionen Euro für Gewaltschutzprojekte in ganz Österreich zur Verfügung gestellt", so Raab. "Gewalt an Frauen und Mädchen dürfen wir als Gesellschaft niemals hinnehmen. Ich werde daher auch in Zukunft nicht ruhen und weitere Initiativen im Gewaltschutz setzen.“

Auch Ex-Frauenministerin schockiert über Gewaltwelle

Schockiert zeigte sich SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek über die Ermordung einer Frau in Neulengbach. Ein 65-Jähriger soll bereits am Mittwoch seine 64-jährige Lebensgefährtin in der gemeinsamen Mietwohnung in Neulengbach durch Schläge mit einem Hammer auf ihren Kopf und durch Messerstiche und Schnittverletzungen im Halsbereich vorsätzlich getötet haben

Bereits neun Frauen wurden heuer vom Partner oder Ex ermordet. Erst am 7. April wurde eine Frau in der Steiermark von ihrem Partner ermordet. Der 43-jährige Verdächtige hatte sich nach der Tat bei der Polizeiinspektion selbst gemeldet und gestanden. Er ist nun in der Justizanstalt Graz-Jakomini untergebracht. Die Beamten fanden die tote 38-Jährige laut der Landespolizeidirektion Steiermark "blutüberströmt" in der gemeinsamen Wohnung des Ehepaars. Die vier Kinder waren nicht zu Hause, sie werden nun vom Jugendamt betreut. Die Obduktion ergab, dass die Frau an zahlreichen Messerstichen und -schnitten verblutet ist.

Am 5. März wurde eine 35-jährige Trafikantin in Wien vermutlich von ihrem Expartner mit Benzin übergossen und angezündet. Sie ist an ihren Verletzungen verstorben. Im Februar war ebenfalls in Wien die Leiche einer Frau in ihrer Wohnung gefunden. Ihr Lebensgefährte gab an, sie ermordet zu haben. Im Jänner versetzte ein Pensionist aus dem Bezirk Steyr-Land seiner im Bett liegenden Gattin mit einem Hammer mehrere Schläge auf den Körper und stach darauf auf sie ein. Dann wollte er sich das Leben nehmen.

Ausbau der Frauenberatungsstellen und Hilfseinrichtungen gefordert

„Das ist erschütternd“, so Heinisch-Hosek. Die SPÖ sieht dringenden Handlungsbedarf, um den Schutz von Frauen zu verbessern. Die SPÖ-Frauen fordern erneut bundesweite Hochrisikofallkonferenzen und einen raschen Ausbau der Frauenberatungsstellen und Hilfseinrichtungen. Die SPÖ Frauen begrüßen den Nationalratsbeschluss auf eine stärkere Einbeziehung von Gewaltschutz in die Ausbildung von Richtern. So seien in der Vergangenheit viel zu selten Anti-Gewalttrainings durchgeführt worden, obwohl sich diese als sehr hilfreich erwiesen hätten.

"Der Schutz von Frauen muss endlich oberste Priorität haben“, so Ex-Frauenministerin Heinisch-Hosek. | Foto: Foto: BKA/Astrid Knie
  • "Der Schutz von Frauen muss endlich oberste Priorität haben“, so Ex-Frauenministerin Heinisch-Hosek.
  • Foto: Foto: BKA/Astrid Knie
  • hochgeladen von Mirjam Olbl

Die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, Klaudia Frieben fordert ebenfalls mehr Schutz für Frauen: „Gerade die brutale Art und Weise, wie Frauen in den letzten Tagen und Wochen ihr Leben durch das Verschulden ihrer Männer lassen mussten, muss höchstes Alarmzeichen für die Sicherheits- und die Frauenpolitik sein“.

So ist Gewalt in der Pandemie gestiegen

Jede fünfte Frau in Österreich ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt – oder beidem. Das ergab eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Monatlich werden in Österreich im Schnitt drei Frauen ermordet, so der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF). Ein erkennbares Muster: Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer.

Die Gewalt ist in der Krise dramatisch gestiegen. Laut Kriminalstatistik gab es im Jahr 2020 11.652 ausgesprochene Betretungs- und Annäherungsverbote. Die Zahl der weggewiesenen Gefährder ist von 8.254 im Jahr 2019 auf 9.689 im Jahr 2020 gestiegen.

Polizeiliche Kriminalstatistik zu Frauenmorden (2014-2020)

Jahr (weibliche Mordopfer): 2014 (19)  2015  (17) 2016  (28) 2017  (3) 2018  (4)  2019 (39) 2020 (31) 

Durch die soziale Krise drohe eine weitere Verschärfung der Situation, so Heinisch-Hosek. „Bitte warten wir nicht länger, sondern bauen wir die Frauenberatungsstellen und Hilfseinrichtungen in Österreich massiv aus. Dazu haben wir uns auch mit der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention verpflichtet. Wer Hilfe braucht, muss diese rasch bekommen. Lange Wartezeiten sind gefährlich. Der Schutz von Frauen muss endlich oberste Priorität haben“, so Heinisch-Hosek.

Eine 2018 veröffentlichte Studie der UN-Organisation UNODC zeigt, dass im Jahr 2016 hierzulande fünf von einer Million Frauen innerhalb der Familie von ihrem Partner ermordet wurden. In Litauen war die Situation mit zehn innerhalb der Familie pro einer Million Frauen dramatischer; in Ungarn gab es neun, in Frankreich und Italien aber mit jeweils vier, den Niederlanden und Spanien jeweils drei pro Million Frauen weniger.

Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555
Autonome Österr. Frauenhäuser

Mittel für Hilfen für die Betroffenen reichen nicht aus

Die Wiener Interventionsstelle betreut jährlich etwa 6.000 Opfer, die von Gewalt an Frauen, häuslicher Gewalt und Stalking betroffen sind. Im Jahr 2020 waren es exakt 6.199 Personen. Die Mittel für die Hilfe reichen aber nicht aus: Pro Opfer und Jahr stehen nur durchschnittlich fünf Stunden zur Verfügung, hieß es in einer Presseaussendung der Interventionsstelle. Das lasse meist nur eine sehr kurzfristige Unterstützung der Opfer zu. Im Gegensatz dazu wurde jüngst beschlossen, für Täterarbeit sechs Stunden an Beratung bereitzustellen. Das sei eine grobe Ungerechtigkeit. Für Opfer müsse zumindest das Doppelte, also zwölf Stunden, bereitgestellt werden. Und mit 14,65 Millionen Euro Budget könnten keine Fortschritte gemacht werden, so die Beraterinnen.

Mord in Neulengbach
Versuchter Mord an einer Trafikantin
Mann soll Lebensgefährtin ermordet haben
Hass und Streitigkeiten waren Grund
Dieser Inhalt kann nicht angezeigt werden.

8 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.