Laut Gutachten
„Freiwillige Verpflichtung“ von Medizinstudierenden möglich

Durch den Ärztemangel sind viele Wartezimmer voll. Ein Gutachten sieht eine freiwillige Verpflichtung für Medizinstudierende vor, um den Ärztemangel zu bekämpfen. | Foto: Werner Harrer
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  • Durch den Ärztemangel sind viele Wartezimmer voll. Ein Gutachten sieht eine freiwillige Verpflichtung für Medizinstudierende vor, um den Ärztemangel zu bekämpfen.
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Medizinstudenten sollen nach einem Gutachten der Arbeiterkammer nach ihrer Ausbildung für einige Jahre in öffentlichen Spitälern oder als Hausärzte arbeiten. Studierende würden dadurch einen leichteren Zugang zum Medizinstudium bekommen. Möglich wäre das aber nur auf freiwilliger Basis und es sollen nur so viele Plätze reserviert werden, wie zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung nötig ist. Kritik kommt von der Ärztekammer: "Eine freiwillige Verpflichtung löst nicht das Versorgungsproblem".

ÖSTERREICH. Im Kampf gegen den Ärztemangel werden seit jeher von Politik und Interessenvertretungen Ideen präsentiert, wie das Versorgungsproblem gelöst werden kann. Denn Kassenärzte werden weniger. Sehr zum Leidwesen all jener, die sich keine Wahlärzte leisten können. Die machen schon mehr als die Hälfte aus. Auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach vergangenen Sommer von einer Tätigkeitspflicht für Medizinabsolventen in Österreich. "Jene, die ein Medizinstudium in Österreich absolviert haben, sollten „dann eben auch der Gesellschaft ein Stück weit etwas von dem zurückzugeben, was sie kostenlos in Anspruch genommen haben“, schlug der Kanzler vor. Ein von der Ärztekammer beauftragtes Gutachten kam zum Schluss, dass eine gesetzlich angeordnete Verpflichtung etwa zu einer Tätigkeit in öffentlichen Krankenhäusern oder Kassenpraxen verfassungs- und unionsrechtlich unzulässig wäre.

Anders sieht es dagegen mit einer „freiwilligen Verpflichtung“ aus, heißt es nun in einem Gutachten der Arbeiterkammer. Studierende müssten demnach nach der Ausbildung für mehrere Jahre im öffentlichen Gesundheitswesen arbeiten, in einem Spital oder als Kassenarzt beziehungsweise -ärztin. Dafür wird der Zugang zum Medizinstudium erleichtert. Möglich wäre das aber nur auf freiwilliger Basis und es sollen nur so viele Plätze reserviert werden, wie zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung nötig ist. 2.000 öffentliche Medizin-Studienplätze werden jährlich vergeben.

Es dürften nur so viele Plätze für eine freiwillige Selbstverpflichtung gewidmet werden, als später im öffentlichen Gesundheitswesen benötigt werden. | Foto: Hörmandinger
  • Es dürften nur so viele Plätze für eine freiwillige Selbstverpflichtung gewidmet werden, als später im öffentlichen Gesundheitswesen benötigt werden.
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Gemäß dem Hochschulgesetz können bis zu fünf Prozent der Studienplätze für "öffentliche Interessen" reserviert werden. Das Bundesheer nutzt diese Möglichkeit. Bewerber für diese Plätze haben einen privilegierten Zugang, da sie nicht dem herkömmlichen Auswahlprozess basierend auf den besten Testergebnissen unterliegen, sondern lediglich 75 Prozent der Gesamtpunktzahl aller Bewerber erreichen müssen.

Verpflichtungsdauer nicht zu lang

Allerdings müssten immer auch ausreichend „verpflichtungsfreie“ Plätze angeboten werden, bekräftigt der Autor des Gutachten, Karl Stöger. Für Deutschland wurde etwa eine Regelung getroffen, wonach für Vorabquoten maximal 20 Prozent der Plätze (etwa für Landärzte) gewidmet werden dürfen. Umgekehrt bleiben also 80 Prozent verpflichtungsfrei. Weiters darf etwa die Verpflichtungsdauer nicht zu lang sein - in Deutschland beträgt sie etwa zehn Jahre nach Ende der Ausbildung, in Südtirol fünf Jahre innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren. Ein Antritt unmittelbar nach der Ausbildung ist laut Stöger auch grundrechtlich weniger belastend als ein Aufschub. Wer aus der Vereinbarung vorzeitig aussteigt, muss mit Sanktionszahlungen von etwa 150.000 Euro rechnen. 

Bis zu zehn Jahre könnten Medizinerinnen und Mediziner danach verpflichtet werden. | Foto: Pixabay
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SPÖ für zweistufiges Modell

SPÖ-Chef Andreas Babler erinnert in diesem Zuge an sein Modell für eine zweistufige freiwillige Verpflichtung im Gegenzug für einen bevorzugten Zugang. Studierende würden folglich dazu verpflichtet, zu Beginn und am Ende ihres Studiums im öffentlichen Gesundheitssystem als Mediziner zu arbeiten. Beim zweiten Mal können sie dann die spezifischen Fachrichtungen wählen, in denen absehbar ein Bedarf besteht. Das Modell sei nach Ansicht Bablers auch besser als das in Deutschland verwendete „Landarztquoten“-Modell.

Unterstützt wird die AK-Forderung auch vom Vizeobmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, in einer Aussendung. "Die, die sich verpflichten, sollen zuerst die verfügbaren Studienplätze bekommen, erst danach jene, die eine Karriere in der Privatmedizin bevorzugen bzw. sich nicht verpflichten wollen."

Ärzte: "Strukturelle Probleme beseitigen"

"Anstatt sich zu überlegen, ob man Medizinstudierende freiwillig dazu verpflichten kann, im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten, sollten die tatsächlichen strukturellen Probleme beseitigt werden“, meint hingegen Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer in einer Aussendung. Denn das große Problem sei, dass Österreich bereits in der Ausbildung wettbewerbsfähig sein müsse, das inkludiert auch die Arbeitsbedingungen und strukturellen Rahmenbedingungen. Konkret fordert Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident, eine Ausbildungsoffensive, bessere Planbarkeit der Arbeitszeiten sowie den Abbau der überbordenden bürokratischen Tätigkeiten.

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