Republik, NÖ und OÖ angeklagt
Keiner will Bodenschutz verantworten

NGO "AllRise" erhielt eine ernüchternde Antwort auf ihre Klage gegen die Republik Österreich, Niederösterreich und Oberösterreich in Sachen Bodenschutz bzw. Bodenverbrauch. | Foto: Christoph Wisser (www.wisser.pro)
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  • NGO "AllRise" erhielt eine ernüchternde Antwort auf ihre Klage gegen die Republik Österreich, Niederösterreich und Oberösterreich in Sachen Bodenschutz bzw. Bodenverbrauch.
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Im Fall der Bodenverbrauchsklage gegen die Republik Österreich sowie die Länder Oberösterreich und Niederösterreich macht sich Ernüchterung breit. Niemand will Verantwortung für den Bodenschutz übernehmen. Nicht einmal, wenn die Umsetzung wegen des EU-Rechts eigentlich verbindlich ist. Die Organisation "AllRise" bereitet nun eine Replik vor und will den Verfassungsgerichtshof (VfGh) ersuchen, weitere Schritte einzuleiten.

ÖSTERREICH. AllRise erhielt am Freitag die Gegenschrift der drei angeklagten Parteien, wonach sie allem Anschein nach "gar nichts mit gar nichts zu tun" hätten. Anfang Mai hatte die Organisation eine Staatshaftungsklage eingebracht, um dem viel zu hohen Bodenverbrauch im Land entgegen zu wirken. 

Bodenverbrauch 4-mal höher als Zielsetzung

Österreich versiegle demnach 11,5 Hektar pro Tag. Den im Regierungsprogramm selbst auferlegten Zielen zufolge dürften es aber nur 2,5 Hektar pro Tag sein. Vor wenigen Wochen erst scheiterte der Versuch eine Bodenschutzstrategie mit verbindlichen Maßnahmen zu beschließen erneut. Zur Enttäuschung von AllRise und allen Klimaschützerinnen und -schützern lässt die Klagebeantwortung befürchten, dass sich die Politik in der Hinsicht wenig ändern wolle.
"Insbesondere die Bundesländer geben in ihrer Gegenschrift zu, dass ihnen unionsrechtliche Vorgaben mehr oder weniger egal sind. Sie geben klar zu verstehen, dass sie nicht willens sind, Gesetze entsprechend umzusetzen oder abzuändern, um die Böden in Österreich zu schützen", so AllRise-Gründer Johannes Wesemann.

Eine verbindliche Bodenschutzstrategie war im Juni erneut gescheitert. | Foto: pixabay
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OÖ zweifelt an Betroffenheit des Einzelnen

Die Republik, Nieder- und Oberösterreich vertreten zudem die Ansicht, dass der VfGh gar nicht zuständig sei, denn Schäden würden von Behörden, nicht vom Gesetzgeber verursacht. Die angeklagten Parteien verweisen zudem darauf hin, dass die Ansprüche schon bei Ablauf der Umsetzungsfrist für die genannten EU-Richtlinien abgelaufen seien. Da soll bereits klar gewesen sein, dass die Richtlinien "eben nicht umgesetzt worden seien". Zu diesem Zeitpunkt war AllRise allerdings noch gar nicht gegründet worden. 

Besonders grotesk sei für Anwalt Wolfram Proksch die Argumentation des Landes Oberösterreich, "wonach es ,völlig unbewiesen’ sei, dass die Nichtumsetzung von EU-Richtlinien überhaupt zum überbordenden Bodenverbrauch beigetragen habe. Aus ihrer Sicht sei dadurch kein Schaden entstanden". Es sei "lebensfremd" lautet die Argumentation des Landes, dass nationale, kontinentale und letztlich globale Phänomene wie Bodenverbrauch, Treibhausgas-Emissionen und Feinstaub-, Ozon- und Stickstoffdioxid-Konzentrationen mit der Nichtumsetzung von Richtlinien in einen Kausalzusammenhang gesetzt würden. Oberösterreich fehle es zudem an einer "besonderen unmittelbaren und individuellen Betroffenheit", denn der Klimawandel betreffe "nur" die Menschheit im Allgemeinen, aber nicht den Einzelnen.

"Laut den beklagten Parteien habe demnach gar nichts mit gar nichts zu tun", so AllRise zum Inhalt der Gegenschriften der drei Beklagten. | Foto: Shutterstock
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"Verhinderer" seien tongebend

"Beim Lesen der Gegenschriften kam es uns vor, als würde das Gesetz von Ursache und Wirkung in Frage gestellt werden. Laut den beklagten Parteien habe demnach gar nichts mit gar nichts zu tun", kommentiert Wesemann. Die Republik hätte sich wenigstens differenzierter mit der Klage auseinandergesetzt, doch seien "letztlich alle drei Entgegnungen einmal mehr Beweis, dass keine Verantwortung übernommen wird. Es ist offensichtlich, dass insbesondere innerhalb der Regierung eine unterschiedliche Ansicht über die Zukunft des Bodenschutzes in Österreich besteht". Vielmehr würden die "Verhinderer eines progressiven Bodenschutzes" den Ton angeben, so AllRise.

Nun wolle die Organisation in einer Replik zu den Gegenschriften Stellung nehmen und anschließend mehr Beweise mit Expertinnen und Experten finden, um die drohenden, individuellen Schäden sowie die Kausalität der Untätigkeit der drei Beklagten für die Schäden zu verdeutlichen. "Wir wollen erneut ein klares Zeichen an die Politik senden, dass Organisationen wie unsere, hinter denen zigtausende Menschen in Österreich stehen, nicht mehr länger zusehen, wie der Gesetzgeber Vorgaben ignoriert und dadurch österreichische Böden täglich verschwinden", so Proksch.

Die heftigen und häufiger werdenden Unwettervorkomnisse der letzten Wochen, die Schäden in Milliardenhöhe verursachten und ein Todesopfer forderten, könne man laut Klimawissenschafterinnen und -wissenschaftern durchaus mit dem Bodenverbrauch als Ursache für zunehmende Extremwetterereignisse in Verbindung bringen.

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