Landtagswahlen: Hannes Androsch sieht die Bundesregierung für das Desaster verantwortlich

- "Bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland ist also nicht über die Personen Niessl, Voves (SPÖ) und Schützenhöfer (ÖVP) abgestimmt worden, sondern über die Bundespolitik", sagt der ehemalige Vizekanzler und Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ).
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Der frühere Vizekanzler sowie Finanzminister und langjährige Top-Industrielle Hannes Androsch geht mit der Bundesregierung ins Gericht. Er ist überzeugt, dass sie die Niederlagen von SPÖ und ÖVP bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland zu verantworten hat. Es fehle an Leadership und die Menschen hätten die Schönfärberei der Regierung satt, so Androsch im Interview mit RMA-Chefredakteur Wolfgang Unterhuber. Daher drohen laut Androsch auch für die Wahlen in Oberösterreich und Wien „dramatische Verluste".
RMA: Wie lautet Ihr Befund zu den Wahlen in der Steiermark und im Burgenland?
Hannes Androsch: Die beiden Bundesländer sind ja durchaus unterschiedlich. In der Steiermark gab es eine Reformpartnerschaft, im Burgenland nicht. Das Burgenland ist aber in einer guten Verfassung. Dennoch sind in beiden Ländern für die Regierungsparteien ähnliche Ergebnisse festzustellen. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass in beiden Bundesländern nicht über die jeweiligen politischen Repräsentanten abgestimmt wurde, sondern über die Bundespolitik.
Warum haben die Wählerinnen und Wähler über die Bundespolitik abgestimmt?
Weil die Menschen aus guten Gründen mit der Arbeit der Bundespolitik unzufrieden sind. Und sie sind zu Recht besorgt. Die Arbeitslosigkeit hat historische Höhen erreicht. Das Asylanten- und Migranten-Problem ist nach wie vor ungelöst. Dazu kommen die ungelösten Themen Pensionen und Bildung.
Aber spielen nicht doch auch regionale Zustände eine Rolle?
Dem Burgenland geht es vergleichsweise sehr gut. Und Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) wird über Parteigrenzen hinweg geschätzt. In der Steiermark wird die Ernte der Reformpartnerschaft sicherlich erst später eingefahren werden. Dennoch wurden beide Landesregierungen für das fehlende Leadership auf Bundesebene abgestraft.
Aber die Bundesregierung sagt etwas anderes.
Die Regierung gaukelt den Menschen vor, sie gut durch die Krise geführt zu haben. In Wahrheit sind wir jetzt mitten drinnen. Dieses Gesund beten und diese Schönfärberei haben die Menschen einfach satt. Daher ist also nicht über die Personen Niessl, Voves (SPÖ) und Schützenhöfer (ÖVP) abgestimmt worden, sondern über die Bundespolitik.
Sieht das die Bundesregierung auch so?
Sie wird es jedenfalls begreifen müssen. Oder sie wird spätestens bei den nächsten Nationalratswahlen massiv abgestraft werden. Weil sich die gegenwärtige Situation aufgrund der Versäumnisse, der Mutlosigkeit und der Schönfärberei weiter verschlechtern wird. Jetzt sind wir schon die vergangenen sieben Jahre unter Rot-Schwarz nicht weiter gekommen. Und so wie es aussieht, werden wir auch in Zukunft nicht weiterkommen.
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Ist Bundeskanzler Werner Faymann der richtige Mann, um das Steuer herumzureißen?
Auf diese Diskussion lasse ich mich nicht ein. Es geht nicht darum, welche Personen die dringend nötigen Reformen durchsetzen, sondern dass sie endlich umgesetzt werden. Mir kommt diese Verwaltung des Stillstands und der Stagnation so vor, wie wenn sich ein Kranker die Befunde nicht abholen will, weil er sich dann nicht einer Therapie unterziehen muss. Die Krankheit wird sich dann umso mehr verschlimmern. Das muss sich in der Bundespolitik ändern!
Können Sie sich an eine ähnliche Situation des Stillstandes in der Zweiten Republik erinnern?
Anfang der 1960er-Jahre hatten wir eine ähnliche Schwächephase. Aber das ist mit heute nicht vergleichbar. Denn in ganz Europa wird momentan die extreme Linke und die extreme Rechte stärker.
Im Herbst stehen Landtagswahlen in Oberösterreich und Wien an. Was wird da passieren?
Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) und Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) laufen Gefahr, ähnlich wie ihre Kollegen in der Steiermark und im Burgenland, für die Bundespolitik abgestraft zu werden. Ich befürchte für die SPÖ in Wien und die ÖVP in Oberösterreich dramatische Verluste.
Sollte sich die SPÖ jetzt von der Ausgrenzung der FPÖ verabschieden?
Sie sollte sich die Reformpartnerschaft der steirischen Landespolitik zum Vorbild nehmen.
Danke für das Gespräch.


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