Gesundheit vs. Freiheit
"Manche jungen Autofahrer vertrottelt unterwegs"

Gemeinsam mit der Hausärzt:in veranstalteten die RegionalMedien Austria eine "Runde der Regionen", moderiert von Karin Martin, Chefredakteurin Hausärzt:in (2.v.l.) und Maria Jelenko-Benedikt, Chefredakteurin RegionalMedien Austria (3.v.l.), mit Expertinnen und Experten zum Thema "Freiheit versus öffentliche Gesundheit." Mit dabei: Katrin Praprotnik (ganz li.), Politikwissenschaftlerin an der Unversität Graz, Naghme Kamaleyan-Schmied (rechts), Vizepräsidentin der Ärztekammer Wien und Obfrau der Kurie niedergelassene Ärzte, sowie Dieter Eschberger, leitender Arzt bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA). | Foto: Roland Ferrigato
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  • Gemeinsam mit der Hausärzt:in veranstalteten die RegionalMedien Austria eine "Runde der Regionen", moderiert von Karin Martin, Chefredakteurin Hausärzt:in (2.v.l.) und Maria Jelenko-Benedikt, Chefredakteurin RegionalMedien Austria (3.v.l.), mit Expertinnen und Experten zum Thema "Freiheit versus öffentliche Gesundheit." Mit dabei: Katrin Praprotnik (ganz li.), Politikwissenschaftlerin an der Unversität Graz, Naghme Kamaleyan-Schmied (rechts), Vizepräsidentin der Ärztekammer Wien und Obfrau der Kurie niedergelassene Ärzte, sowie Dieter Eschberger, leitender Arzt bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).
  • Foto: Roland Ferrigato
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Führerscheintests für Seniorinnen und Senioren, weil sie im Straßenverkehr aufgrund ihres Alters eine potentielle Gefahr darstellen, oder lieber regelmäßige Führerscheintests für alle? Eine ganze Bevölkerung einsperren, weil man nicht auf evidenzbasierte Daten zurückgreift, oder im Sinne der Verhältnismäßigkeit entscheiden? Das waren einige der Fragen, die bei einer spannenden Diskussion bei den RegionalMedien Austria zur Sprache kamen.

ÖSTERREICH. Gemeinsam mit der Hausärzt:in veranstalteten die RegionalMedien Austria eine "Runde der Regionen", moderiert von Karin Martin, Chefredakteurin Hausärzt:in und Maria Jelenko-Benedikt, Chefredakteurin RegionalMedien Austria, mit Expertinnen und Experten zum Thema "Freiheit versus öffentliche Gesundheit." Mit dabei waren: Katrin Praprotnik, Politikwissenschaftlerin an der Unversität Graz, Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Ärztekammer Wien und Obfrau der Kurie niedergelassene Ärzte, sowie Dieter Eschberger, leitender Arzt bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).


Maßnahmen "verhältnismäßig" und "evidenzbasiert"

Katrin Praprotnik wies zu Beginn der Diskussion auf die Verhältnismäßigkeit hin: Wenn die Politik Maßnahmen ergreift, bei denen in die Freiheit des Einzelnen eingegriffen wird, müssen sie einerseits verhältnismäßig und andererseits evidenzbasiert sein. Dem stimmte Dieter Eschberger zu, wies aber darauf hin, dass es eine ähnliche Pandemie zuvor noch nicht gegeben habe, die Wissenschaft am Anfang heillos überfordert war, und die drastischen Maßnahmen daher anfangs durchaus gerechtfertigt gewesen seien. Danach habe es aber einiges an Verbesserungsbedarf gegeben. Für Naghme Kamelayan-Schmidt ist Freiheit das höchste Gut, jedoch brauche eine Gesellschaft Regeln, die für jeden gleichermaßen einen gewissen Freiheitsverlust bedeuten. Zusätzlich zur Verhältnismäßigkeit brauche es ein ständiges Abwägen der jeweiligen Situation und den Mut, Wege abzuändern, so die Ärztin.

"Social Media und Computersucht nächstes Problem!"

Tatsache sei, dass in der Pandemie der Einfluss auf die Psyche vernachlässigt worden sei, bedauert Kamaleyan-Schmied. Vor allem für Kinder sei die Isolation schwierig gewesen, die Kinder hätten viel früher zurück zur Schule geschickt werden müssen: "Die Auswirkungen spüren wir derzeit." Und die Medizinerin warnt: "Social-Media und Computersucht werden das nächste große Problem, da wird es auch Maßnahmen von der Politik brauchen."

Was ob der steigenden Infektionszahlen neue Maßnahmen betrifft, ist sie sich mit Eschberger einig: Die Menschen sind müde eine Maske zu tragen, die Angst vor Covid und anderen Krankheiten sei verschwunden, aber: Es sei eine "Hausverstand"-Frage, Maske zu tragen. Da brauche es keine Regeln. 

Klimakleber halten Debatte am Laufen

Für Klimakleber zeigt Eschberger durchaus Verständnis, obgleich er auch davor warnt, dass es zu einem Fall kommen könnte, dass Rettungskräfte dadurch behindert sein könnten. Prinzipiell verdienten diese Menschen Bewunderung für ihr Engagement. Praprotnik betonte die Wichtigkeit, dass durch Klimakleber die öffentliche Debatte am Laufen gehalten wird. Insgesamt sieht es die Politikwissenschafterin problematisch, dass ein Großteil der Bevölkerung für Maßnahmen gegen den Klimawandel ist, wenn es um die eigene Person geht, die Bereitschaft, auf etwas zu verzichten, dann schon viel geringer ausfalle, Stichwort Windrad vor der eigenen Haustüre oder autofreie Tage.

"Manche jungen Autofahrer vertrottelt"

Die Regierung will wiederholten Rasern nicht nur den Führerschein, sondern auch das Fahrzeug wegnehmen. Propotnik dazu: "Maßnahmen, die in die Freiheit des Einzelnen eingreifen, ziehen nicht geräuschlos an den Menschen vorbei", und polarisieren deshalb sehr. Das betreffe auch den Eingriff in die Freiheit bei Raucherinnen und Rauchern. Für Eschberger sind Eingriffe ins Eigentum "schon eine sehr drastische Maßnahme". Führerschein auf Zeit für Seniorinnen und Senioren sieht der Arzt ebenfalls als "Frage der Verhältnismäßigkeit". Er würde nicht das Alter als Maß nehmen, man müsse vorerst Fakten erheben, bevor man solche Maßnahmen ergreife. Junge Autofahrerinnen und -fahrer würden oft riskanter fahren, als ältere, geübte: "Es gibt Menschen, die sind mit 50 oder mit 40 oder mit 30 im Straßenverkehr so vertrottelt, dass sie eigentlich herausgeholt gehören und zumindest einer Nachschulung unterzogen werden sollten." Kamaleyan-Schmied schlug eher wiederholte Führerscheintests für alle vor, nicht für einzelne Gruppen.

"Respektvolles Miteinander"

Für Praprotnik sind die Signale, die der Öffentlichkeit durch Politik und Medien ausgesendet werden, entscheidend. Um eine richtige Balance zwischen Freiheit und Gesundheit zu finden, sei der Dialog wichtig – sie plädierte für ein "respektvolles Miteinander" und, dass die Zivilgesellscahft mitgenommen werde. Kamaleyan-Schmied: "Als Bürgerin ist es mit wichtig, dass es Regeln bzw. Gesetze gibt, die es mir ermöglichen in Freiheit zu leben. Als Ärztin wünsche ich mir, dass sich niemand aus der Politik in meine Tätigkeit – das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten – einmischt." Eschberger wünscht sich von der Politik, dass man nicht mehr über das Ziel hinausschießt: "Die Bevölkerung hat gemerkt, dass die Politik immer mit ihren Maßnahmen hinterhergehinkt ist. Covid war ein Warnschuss für uns und wir sollten uns für das nächste mal besser aufstellen."

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