Amnesty Bericht 2023
"Schicksalsjahr" für Menschenrechte in Österreich
Der Jahresbericht 2023 von Amnesty International (AI) zeigt zahlreiche Lücken auf und spricht angesichts der bevorstehenden Wahlen vom "Schicksalsjahr" für Menschenrechte in Österreich. Probleme gebe es etwa mit der Pressefreiheit, aus der Betreuung verschwundene unbegleitete geflohene Kinder, schwer zugängliche Sozialhilfe oder mit dem fehlenden Gewaltschutz, unter dem besonders Frauen leiden.
ÖSTERREICH. "Die bevorstehende Wahl bieten eine wichtige Gelegenheit, unsere Stimme für die Achtung der Menschenrechte und eine gerechte Gesellschaft abzugeben. Angesichts der drängenden Fragen unserer Zeit müssen wir uns daran erinnern, dass Verbesserungen möglich sind, wenn wir sie einfordern", zeigt sich AI kämpferisch.
Fehlende Gewaltschutzkonzepte
So sieht die Organisation etwa Frauenrechte in Gefahr und fordert die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und weist auch auf einen fehlenden nachhaltigen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen hin. Zudem brauche es einen Ausbau von Beratungs- und Unterstützungsangeboten und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung. Alleine im Jahr 2023 gab es 26 mutmaßliche Femizide und auch in diesem Jahr gab es laut Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) bereits acht Femizide und 19 Mordversuche an Frauen.
Neben den weiterhin hohen Femiziden nehmen auch Hassverbrechen zu, zeigt der AI-Bericht. Antisemitische Vorfälle häuften sich massiv nach dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober des letzten Jahres. Aber auch andere rassistisch motivierte Taten und antimuslimische Übergriffe nehmen zu. Deshalb fordert AI umfassende Schritte gegen Hass zu unternehmen und die Gleichstellung zu fördern.
Tausende Minderjährige verschwunden
Bemängelt wird unter anderem das "löchrige soziale Auffangnetz", das die Sozialhilfe darstellt. Das verstoße zudem gegen Österreichs menschenrechtliche Verpflichtungen, da Armut verfestigt statt gelindert wird. Schwer sei der Zugang besonders für Alleinerzieherinnen und Frauen, die Gewalt überlebt haben. Ukrainische Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte müssten mit der Grundversorgung auskommen und sind von der Sozialhilfe ausgenommen, was das Leben erschwere.
Besonders dramatisch sind in Österreich auch die Zahlen der verschwundenen minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge. Von ihnen entzogen sich laut Innenministerium 4.700 dem Asylverfahren, wodurch sie gewissermaßen einfach verschwunden sind. Über ihren Verbleib ist den Behörden nichts bekannt. Das entspricht 95 Prozent der unbegleiteten geflüchteten Kinder, die in diesem Zeitraum Asyl beantragt haben. Das sei zurückzuführen auf die fehlende Obsorge für Flüchtlingskinder, die ohne Eltern in Österreich ankommen. Sie sind dadurch stärker gefährdet Opfer von Menschenhandel zu werden.
Eingeschränkte Freiheit
Angesichts der Einschüchterungsklagen gegen Medienschaffende sieht AI auch die Pressefreiheit in Gefahr. "Um die negativen Trends in Transparenz, Pressefreiheit, Demokratie und Korruption umzukehren, ist die Stärkung der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit unerlässlich", so AI.
Kritik ernteten auch die Haftbedingungen in Österreich. Der Bericht des Anti-Folter-Komitees des Europarates vom Juni 2023 zeigte Mängel auch in heimischen Justizanstalten auf. Insbesondere die Zellen und Sanitäranlagen seien in katastrophalem Zustand. Die Dauer der Isolation in Schubhaft sei ebenfalls unverhältnismäßig. Psychosoziale Betreuung und medizinische Behandlung sei ebenfalls nur schwer zugänglich für Inhaftierte.
In Sachen Polizeigewalt und Transparenz wird eine Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten gefordert, denn nur so könnten Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeibedienstete aufgeklärt werden.
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