Nach ÖVP-Rochaden
SPÖ: "Game Over für Regierung"
Die Regierungsumbildung nach den Rücktritten von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) beeindruckt die Oppositionsparteien wenig. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos warf Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) schlechte Besetzungen von Ministerposten vor. Die SPÖ wird in der nächsten Nationalratssitzung einen Antrag auf Neuwahlen einbringen. Auch die FPÖ pocht auf Neuwahlen.
ÖSTERREICH. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) präsentierte die Nachfolger für die beiden zurückgetretenen Ministerinnen Schramböck und Köstinger. Martin Kocher übernimmt zur Arbeit auch die Wirtschaft, das Landwirtschaftsministerium geht an Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig. Dem Finanzminister wird das Thema Digitalisierung und Breitband übergeben. Florian Tursky, zuvor Büroleiter des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter, soll ihm hier als Staatssekretär an die Seite gestellt werden. Die ehemalige Obfrau des Fachverbands für Hotellerie, Susanne Kraus-Winkler, wird Staatssekretärin für Digitalisierung und im neuen Wirtschaftsministerium angesiedelt sein.
"Nach diesen beiden Rücktritten ist endgültig Game-Over. Die Regierung Nehammer ist gescheitert", sagte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Für diese Regierung sei es an der Zeit, zur Seite zu treten. Die SPÖ werde deshalb in der nächsten Nationalratssitzung einen Neuwahlantrag einbringen.
Kanzler wählt nicht nach Kompetenz
Wo geschlossenes Handeln gefordert sei, gäbe es einen Rücktritt nach dem anderen. "Der Kanzler wählt seine Minister nicht nach Kompetenz aus, sondern danach, keinen Ärger mit der ÖVP Tirol oder dem Bauernbund zu bekommen", kritisierte er die Postenbesetzungen der vergangenen Jahre. "Transparenz und Kontrolle haben noch nie die ÖVP gewählt, inzwischen wählt der Anstand auch nicht mehr die Grünen". Erneut warf Leichtfried der Regierung bei Themen Teuerung, Energie und Pflege Untätigkeit vor. Er kritisierte auch fehlende Pläne der Bundesregierung, um die Gasversorgung zu sichern.
Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte die türkisen Rochaden. "Wir haben eine Situation, wo mehrere Krisen übereinander gelagert sind. Wir befinden uns immer noch in der Coronakrise, es gibt den Krieg in der Ukraine, es gibt eine Teuerungswelle, wie wir sie seit vielen Jahrzehnten nicht erlebt haben. In einer solchen Situation wäre eine stabile Bundesregierung notwendig", befand er am Rande einer Pressekonferenz in Wien.
FPÖ kritisiert "Regierungsbasar"
FPÖ-Obmann Herbert Kickl ortete am Dienstag in einer Aussendung einen "ÖVP-Regierungsbasar", notwendig sei "ein Aufwachen des Bundespräsidenten", findet der FPÖ-Chef. Alexander Van der Bellen müsse "jetzt endlich seine staatspolitische Verantwortung leben und nicht wieder in den unreflektierten Angelobungstrott verfallen. Er muss diesem jämmerlichen ÖVP-Schauspiel ein Ende setzen", forderte Kickl. Das Regierungsteam habe nichts mehr mit jenen Personen zu tun, die im Jahr 2019 in die Nationalratswahl gegangen seien. Van der Bellen müsse den Weg für Neuwahlen freigeben. Besonders schlimm sei, dass die Wirtschaftsagenden ein "Anhängsel" im Arbeitsministerium werden sollen. Arbeitsminister Martin Kocher habe sich schon bisher nicht ausreichend um den Arbeitsmarkt gekümmert, befand auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.
Kritik an Nehammers Postenbesetzungen übten auch die Neos: Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe nichts weitergebracht, vom Bildungsminister bleibe nichts in Erinnerung und in Sachen Energie habe es keine Weiterentwicklung gegeben, sagte NEO-Generalsekretär Douglas Hoyos bei einer Pressekonferenz. Ministerposten würden lediglich aufgrund der Herkunftsbundesländer der Anwärter vergeben, kritisierte er. "Es kann doch nicht sein, dass ich Minister werde, nur weil ich Tiroler bin."
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