Unstimmigkeit
Teilzeit-Debatte flammt innerhalb der Regierung erneut auf

- Mehr als die Hälfte der berufstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit. In der Regierung sind die Positionen dazu konträr.
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In Österreich ist wieder einmal eine breite Debatte über Teilzeitarbeit entbrannt. Auslöser war die Aussage von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) am Wochenende, der Teilzeitarbeit am Samstag als „zu attraktiv“ bezeichnet und für mehr Vollzeitarbeit plädiert hat. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sieht hier Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefordert: „Ich würde glauben, es muss sich die Wirtschaft an den Arbeitszeitwünschen der Beschäftigten ausrichten.“
ÖSTERREICH. "Die durchschnittliche Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten beträgt 21 Stunden/Woche, die Wunscharbeitszeit vieler 30 Stunden. Da wären mehr Arbeitgeber:innen gefragt, die gute Teilzeit anbieten, von der man auch leben kann", teilte Marterbauer via Bluesky mit. Es brauche eine gerechtere Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit zwischen Geschlechtern. Und: "Teilzeit- & Vollzeitbeschäftigte wünschen sich Arbeitszeiten, die Beruf, Familie u Freizeit vereinbaren lassen."
Neos-Sozialsprecher Johannes Gasser begrüßte die derzeitige Diskussion. „Ich glaube nicht, dass es um Einschränkungen geht, ich glaube, dass wir die Systeme so gestalten müssen, dass sie entsprechend Anreize mit sich bringen“, erklärte Gasser.

- SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer: "Ich halte nichts davon, die Teilzeitbeschäftigten zu kritisieren."
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„Fleiß und Leistungsbereitschaft“
Hattmannsdorfer forderte in der Ö1-Sendereihe „Im Journal zu Gast“ „ein Comeback von Leistung und Wettbewerb“. Der Fokus liege auf Arbeit in Vollzeit, sagte der Wirtschaftsminister. Arbeiten in Teilzeit sei „zu attraktiv“. Zwar hätte die Regierung bereits einiges auf den Weg gebracht, um die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden wieder zu erhöhen, wie etwa die Abschaffung der Bildungskarenz und den Zuverdienst für Arbeitslose, so Hattmannsdorfer.
Er habe jedoch „überhaupt kein Verständnis“ für Teilzeitarbeit, „wenn es null Betreuungsverpflichtungen gibt, wenn man gesund ist“. Das sei auch eine Frage der Verantwortung gegenüber der gesamten Gesellschaft. Das Land müsse sich auf „unsere Stärken“ besinnen, er nannte dabei „Fleiß und Leistungsbereitschaft“. Mit der Pensionierung der Babyboomer komme ein Defizit auf den heimischen Arbeitsmarkt zu, das müsse man mit der Bereitschaft zu mehr Leistung kompensieren, sagte der Wirtschaftsminister.
Teilzeitarbeit: Realität in vielen Branchen
Die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber, sprach sich positiv dafür aus, Beschäftigten mehr Arbeitsstunden zu ermöglichen. Dabei hob sie die positiven Auswirkungen auf die Pensionshöhe hervor. Zugleich wandte sie sich gegen Sanktionen: „Wovon ich nichts halte, sind Bestrafungsfantasien.“ Vielmehr sei es notwendig, Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit zu geben, ihre Stunden aufzustocken.
Laut aktuellen Angaben arbeiten rund 1,5 Millionen Menschen in Österreich in Teilzeit. Besonders auffällig ist dabei der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Unter den erwerbstätigen Frauen sind es mehr als fünfzig Prozent, während bei Männern knapp über dreizehn Prozent eine Teilzeitanstellung haben.
Insbesondere in Branchen wie Handel, Pflege oder Gesundheitswesen sei häufig nur Teilzeitarbeit möglich, so Teiber. Sie betonte, dass Teilzeitbeschäftigte ohnehin bereits mit niedrigeren Pensionen und geringerem Arbeitslosengeld rechnen müssen. Von einem Bonus-Malus-System, das einen Unterschied zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten macht, hält sie nichts.
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