Produktpiraterie
"Vor allem Kinderspielzeug und Medikamente werden gefälscht"

- Der österreichische Zoll konnte Waren in Wert von knapp 38 Millionen aus dem Verkehr ziehen. Kundinnen und Kunden können aber auch selbst erkennen, ob die Ware gefälscht oder echt ist.
- Foto: Thomas Fuchs
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Der österreichische Zoll konnte 2024 Waren in Wert von knapp 38 Millionen aus dem Verkehr ziehen. Kundinnen und Kunden können aber auch oft selbst erkennen, ob die Ware gefälscht oder echt ist.
ÖSTERREICH. Von gefälschten Spielsachen, Medikamenten bis hin zu Motorsägen und Bekleidung: Knapp 10.000 Verfahren wurden alleine 2024 gegen Produktpiraterie eingeleitet. Mit einem Gesamtwert von knapp 38 Millionen Euro ist das der zweithöchste seit Beginn der Aufzeichnungen. Daneben wurden 378.109 gefälschte Medikamente aus dem Verkehr gezogen – auch das ist ein Höchstwert.
Staatssekretärin Barbara-Eibinger-Miedl (ÖVP), Bundesministerium für Finanzen:
"Marken- und Produktpiraterie fügt den heimischen Herstellern einen erheblichen Schaden zu. Der Schutz des geistigen Eigentums ist ein Grundpfeiler unserer österreichischen Innovationskraft und Wirtschaftsstärke. Das sind Faktoren, die in der aktuellen Wirtschaftslage essenziell sind."
Anlässlich der Pressekonferenz im Finanzministerium, die am Donnerstag, 3. April, stattfand, wies Eibinger-Miedl auch auf die oftmalige Gesundheitsgefährdung von gefälschter Ware hin.

- Der österreichische Zoll konnte Waren in Wert von knapp 38 Millionen aus dem Verkehr ziehen. Kundinnen und Kunden können aber auch selbst erkennen, ob die Ware gefälscht oder echt ist.
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"Online immer Rechnung verlangen"
Betroffene Wirtschaftsbereich können "schutzrechtsintensiv" sein: Das bedeutet, dass Patente oder Markenrechte dahinterstehen. "Ein Einschreiten nach dem Produktpirateriegesetz ist nur dann möglich, wenn Anträge von Rechtsinhabern bestehen. Das schließt aber natürlich kein Einschreiten der Zollbehörden aus", stellt Zollexperte Bernhard Herics klar. Manche Marken würden diesen Schritt unternehmen, manche allerdings nicht. Die größten Mengen werden dann an Flughäfen bzw. Handelshäfen wie etwa dem Wiener Hafen aufgefunden.

- Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl, Zollexperte Bernhard Herics.
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Die Schutztsrechtintensiven Bereiche machen laut Angaben des Finanzministeriums mittlerweile satte 44,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. "Es entfallen auch 29,8 Prozent aller Beschäftigten auf diese Bereiche", so die Staatssekretärin. Nach Angaben der OECD steigt die Anzahl der Fälschungen sowie des Schmuggels weiter an.
Vermeintliche Schnäppchen, in aller Regel via Internet zu kaufen, entpuppen sich dann nicht selten auch noch als gesundheitsgefährdend. Bernhard Herics: "Minderwertige und gefälschte Waren können gesundheitsgefährdend, ja sogar tödlich sein. Auch die Umwelt kann dadurch Schaden nehmen." Dem Zoll obliegt jetzt die wichtige Aufgabe, solche Waren schnell aus dem Verkehr zu ziehen. Aber auch Privatpersonen können gefälschte Ware durchaus ohne Hilfe erkennen, so Zollexperte Herics: Man solle immer eine Rechnung verlangen, vor allem bei den Onlinekäufen, dann könne man auch schnell die Lieferkette nachvollziehen.
Gefälschte Spielsachen können gefährlich werden
Ganze 97 Prozent der erfassten gefährlichen gefälschten Waren wurden als Produkte eingestuft, von denen "ein schwerwiegendes Risiko" ausgeht. Das reicht von schlecht konstruierten Produkten, der Verwendung von minderwertigen Materialien und Komponenten bis hin zum fehlenden Verständnis von Vorschriften oder Sicherheitsmechanismen. Gefährlich sind laut Angaben des Finanzministeriums vor allem Medikamente und Kinderspielsachen: Knapp 80 Prozent aller aufgegriffenen, gefälschten Waren sind für Kinder bestimmt. "Schlecht gefälschte Spielsachen weisen beispielsweise eine Erstickungsgefahr durch abbrechende Teile auf", so Herics.
Obwohl es eigentlich verboten ist, dass Privatpersonen im Fernabsatz (vor allem via Internet) Medikamente kaufen, geschehe das regelmäßig. Auch hier stellen sich vermeintliche Schnäppchen sogar als gefährlich heraus: so wurden vom Zoll vergangenes Jahr große Mengen an Viagra hochgenommen: Die meisten der Pillen hätten gar nicht funktioniert, einige wenige besaßen eine gefährliche Dosierung mit dem Faktor 3.000. Hier sei laut Herics die internationale Zusammenarbeit besonders wichtig, wenn es darum geht, den illegalen Arzneihandel in die Schranken zu weisen. Im Jahr 2024 wurden in Österreich 7.147 Sendungen mit insgesamt 378.109 gefälschten und anderen illegalen Medikamenten beschlagnahmt. Das ist ein Anstieg an Aufgriffen gegenüber dem Jahr 2023 von sechs Prozent, wobei die Zahl der Medikamente laut Finanzministerium zurückging.
Wie das in der Praxis funktionieren kann, schildert Experte Herics: Ende Mai 2024 konnte am Wiener Flughafen eine Großladung hochgenommen werden: Die Sendung mit 29 Kartons stammte aus China. Enthalten waren 443 Stück Autozubehör, 73 Haartrockner, 2.531 Stück Handycover sowie 2.502 Stück Radlogos verschiedener Automarken konnten sichergestellt werden. In einem anderen Fall konnte ein Zug, der aus der Türkei kommend nach Frankreich unterwegs war, in Hall in Tirol gestoppt werden. 600 Kartons wurden überprüft. Dabei wurden über 36.000 gefälschte Schuhe, Sport-Trikots und andere Waren aufgegriffen.
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