Gegen EU-Schnitt
Zahl der Asylanträge stieg um 10 Prozent
Im abgelaufenen Jahr 2020 suchten 14.192 Personen in Österreich um Asyl an. Das entspricht einem Plus von zehn Prozent, wie am Donnerstag das Innenministerium mitteilte. Das sei „völlig gegen den EU-Trend“, sagte der zuständige Beamte Wolfgang Taucher. Denn in der Union gingen die Zahlen 2020 um 31 Prozent zurück.
ÖSTERREICH. Nachdem die Asylanträge im ersten Halbjahr des Vorjahres in Österreich komplett eingebrochen sind, gab es erst ab der Jahresmitte eine Steigerung gegenüber 2019. Wurden 2019 noch 12.886 Asylanträge in Österreich gestellt, so waren es im Vorjahr 14.192 (2015: 88.340). Es ist das erste Mal seit der großen Flüchtlingskrise 2015, dass die Anträge wieder im Zunehmen sind.
Pro Tag stellten somit rund 39 Personen einen Asylantrag. Die Zunahme in Österreich sei „völlig gegen den EU-Trend“ sagt Taucher. Denn in der Union gingen die Zahlen 2020 um 31 Prozent zurück. Österreich sei eigentlich kein "Ziel-1-Land" für Flüchtlinge. Viele würden bei der Durchreise in Richtung Deutschland oder Nordeuropa aufgegriffen, weshalb sie dann hier Anträge stellen. Durch „einen starken Bedeutungsgewinn der Flüchtlingsroute Serbien-Rumänien-Ungarn“ sei Österreich verstärkt betroffen und faktisch ein „Außengrenzstaat“. Auch die Balkan-Staaten Rumänien und Bulgarien sowie Kroatien hätten höhere Zahlen zu verzeichnen. Zudem habe Ungarn im vergangenen Jahr nur eine Handvoll Asylanträge überhaupt zugelassen.
Herkunft der Schlepper ändert sich
Änderungen gab es auch bei der Nationalität der Schlepper. Vor der weltweiten Pandemie waren vorwiegend Afghanen, Pakistaner und Iraker im Schleppergeschäft tätig, jetzt seien nun vermehrt Syrer, aber auch Österreicher und Niederländer öfters Täter, so Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität.
355 Prozent Plus bei Marokkanern
Am häufigsten suchten wie bisher Syrer und Afghanen in Österreich um Asyl an. Überraschend und auch nicht zu erklären sei das Plus von 355 Prozent bei den nun drittplatzierten Marokkanern, sagte Taucher. Gleichzeitig wurden diese Fälle der Gruppe mit einem Fast-Track-Verfahren behandelt , wo innerhalb von 72 Stunden eine erste Entscheidung gefällt wird. Denn Suchende aus Indien, Marokko oder Algerien haben eine Anerkennungswahrscheinlichkeit von nur einem Prozent.
Die besten Chancen auf Asyl haben unverändert Syrer, wo mehr als 78 Prozent der Anträge positiv beschieden werden. Fast zwei Drittel der Anträge werden bei Somalis und Iranern anerkannt. Nur jeder zweiter Afghane bekommt hingegen Asyl, dafür erhalten Bürger dieses Landes in absoluten Zahlen besonders oft subsidiären Schutz. 8700 Flüchtlinge haben das Land im Vorjahr verlassen, knapp die Hälfte davon freiwillig.
Fluchtgrund: Hoffnung auf Impfung
Die Verfahrensdauer konnte trotz aller Umstände mit der Pandemie kurzgehalten werden, zeigt sich Taucher erfreut. Ein Verfahren dauert 3,9 Monate. Offen sind noch rund 21.000 Verfahren, davon etwa 15.000 bei den Gerichten. In der Grundversorgung befanden sich Ende 2020 knapp 26.700 Personen und damit 14 Prozent weniger als im Jahresvergleich. Die Gründe für die Flucht in den Westen haben sich durch Corona geändert. Viele Flüchtlinge erhoffen sich im Vergleich zu den Herkunftsländern und Flüchtlingslagern bessere Behandlungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Impfung.
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