Ausgangssperren zwischen 20 und 6 Uhr
Zweiter Lockdown mit massiven Einschränkungen

Drastische Maßnahmen wegen rapide steigender Corona-Zahhlen. | Foto: RMA/Spitzauer
2Bilder
  • Drastische Maßnahmen wegen rapide steigender Corona-Zahhlen.
  • Foto: RMA/Spitzauer
  • hochgeladen von Mag. Anna Trummer

Für Österreich hat die Regierung neue Coronavirus-Maßnahmen festgelegt, nachdem die Infektionszahlen im Herbst ständig gestiegen sind. Kernpunkte sind zeitliche Ausgangsbeschränkungen, geschlossene Freizeiteinrichtungen, Beschränkungen für die Gastronomie und Hotellerie sowie im privaten Bereich (Garten- und Garagenpartys). Handel und Dienstleistungsbetriebe bleiben geöffnet. Kindergärten, und Schulen (Unterstufe) bleiben prinzipiell geöffnet, Ausnahmen für Oberstufen, Maturaklassen und Universitäten. Die Verordnung soll am Dienstag um 0.00 Uhr in Kraft treten und bis 30. November gelten. Die Ausgangsbeschränkungen gelten vorerst bis inklusive 12. November 2020. Begleitend zu den Maßnahmen wurde ein neues Hilfspaket verlautbart. Auch für Kurzarbeit werde es wieder Geld geben. Kritik kommt von der Opposition.

ÖSTERREICH. Am Samstag vermeldete das Gesundheitsministerium 5.349 Neuinfektionen österreichweit. Bevor sich die Regierung mit der neuen Verordnung an die Öffentlichkeit wandte, fand ein Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am frühen Nachmittag, sowie ein Gespräch mit den Landeshauptleuten statt. Anschließend traf die Regierung mit allen Parteichefs der Parlamentsparteien zusammen. Hintergrund der Maßnahmen sind die steigenden Infektionszahlen, die das Gesundheitssystem über seine Kapazitäten hinausgehen lassen würde. 

"Das werden wir nicht zulassen" 

Kurz ergriff bei der angekündigten Pressekonferenz anfangs das Wort und verwies auf die intensive zweite Welle der Pandemie in ganz Europa und Österreich, wo es in den letzten Wochen ein exponentielles Wachstum der Neuinfektionen gegeben habe. Zwar habe Österreich das beste Gesundheitssystem der Welt, doch auch wir würden an unsere Grenzen stoßen, so der Kanzler. Auch, wenn viele Menschen nur leichte Symptome bei Ansteckung hätte, bräuchten viele eine intensivmedizinische Betreuung. Darum müsse Österreich jetzt handeln, sonst würde das Gesundheitssystem kollabieren. "Das werden wir nicht zulassen", so Kurz. Ab Dienstag werde es bis Ende November zu einem zweiten Lockdown kommen. Kurz gestand zu, dass diese Maßnahmen unpopulär, aber dringend notwendig seien.

Sollte das Maßnahmenpaket wirken und die Bevölkerung mitmachen, ging Kurz davon aus, dass im Dezember „erste Öffnungsschritte“ gesetzt werden können, „um zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren“. Bei einem „ähnlichen Erfolg, wie wir ihn im ersten Lockdown hatten“, könne man dann beispielsweise wieder an Skifahren – wenn auch mit Abstrichen – denken.  

Kogler: Habe das bei meinem eigenen Vater mitgekriegt

Vizekanzler Werner Kogler bedankte sich bei allen Ärzten und medizinischem Personal, die in den Krankenhäusern und Intensivstationen arbeiten. Er habe selbst erfahren, wie schrecklich die Situation sei, bei seinem eigenen Vater: "Das ist nicht leicht. Ich habe genug gesehen und mitgekriegt, wie schwierig das sein kann", so Kogler. Er bedankte sich für den Einsatz der Ärzte.

Keine Bewirtung in Gastronomie, Hotels schließen

Starke Einschnitte sind für die Gastronomie vorgesehen. Gastronomiebetriebe dürfen keine Gäste bewirten. Erlaubt bleibt die Abholung von Speisen und Getränken in der Zeit von 6.00 bis 20.00 Uhr. Ausgenommen von den Schließungen sind Kantinen in Betrieben, Schulen und Krankenhäusern. Auch in Speisewagen dürfen weiterhin Speisen und Getränke serviert werden. Schließen müssen auch Hotels. Nur Businessnächtigungen sind aber erlaubt. 

Private Treffen, Ausgangssperren

Bis Ende November dürfen sich nur noch zwei Haushalte treffen. Ausgangssperren für das ganze Bundesgebiet zwischen 20 Uhr und 6 Uhr ab Dienstag. Zusammenkünfte im privaten Bereich sollen damit verhindert werden. Zur Arbeit dürfen Menschen in dieser Zeit gehen. Wer sein Wohnheim nach Inkrafttreten des zeitlichen Ausgangsverbots verlässt, muss mit Strafen rechnen. Die Polizei hat bereits vor Wochen präventiv Urlaubssperren verhängt, um mehr Organe für Kontrollen zur Verfügung zu haben. Ausnahmen zu den Ausgangssperren zwischen 20.00 und 6.00 Uhr gelten in folgenden Fällen, wie Innenminister Karl Nehammer erläuterte:  

  • Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum;
  • Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten;
  • Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens;
  • berufliche Zwecke, sofern das erforderlich ist;
  • Aufenthalt im Freien zur körperlichen Betätigung und psychischen Erholung. 

Nehammer appellierte an die Österreicher, sich an diese Maßnahmen zu halten.

Weitere Eckpunkte der Verordnung:

Kein Eintritt in Freizeiteinrichtungen 

Das Betreten von diversen Freizeiteinrichtungen wird verboten. Dazu zählen etwa Bäder, Thermen, Theater, Opern, Tanzschulen, Kinos, Sportstudios und Wettbüros, sowie Museen und Zoos. 

Öffentliche Veranstaltungen entfallen

Öffentliche Veranstaltungen werden für die Zeit der Maßnahmen verboten. Ausgenommen sind „Sportveranstaltungen im Spitzensport“ – sie müssen allerdings ohne Publikum stattfinden. Auch Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum bleiben erlaubt – unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Ausnahmen gelten unter anderem auch für Demonstrationen, berufliche Zusammenkünfte und „Veranstaltungen zu religiösen Zwecken“. Begräbnisse dürfen weiterhin mit maximal 50 Personen stattfinden.

Garten- und Garagenpartys verboten

Treffen im privaten Raum sind prinzipiell erlaubt, jedoch gibt es neue Einschränkungen für bestimmte Anlässe. Erlaubt sind Treffen laut Verordnung in Orten, die „der Stillung eines unmittelbaren Wohnbedürfnisses dienen“.

In „Garagen, Gärten, Schuppen oder Scheunen“ sind Treffen untersagt. Das bedeutet das Aus für Garagen- und Gartenpartys, jedoch nicht das Aus für private Treffen mit Freunden oder Verwandten in der Wohnung. Außerhalb des definierten Wohnbereichs, also beispielsweise im Garten, Schuppen oder in der Garage, dürfen sich nicht mehr als sechs Personen (exklusive minderjährige Kinder, jedoch maximal sechs) aus maximal zwei Haushalten treffen.

Besuche in Alters- und Pflegeheimen alle zwei Tage

Alte und pflegebedürftige Menschen seien besonders schützenswürdig, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der bei der Pressekonferenz anhand von Tabellen zeigte, wie gefährdet diese Gruppe sei. Der Verordnungsentwurf sieht eine wöchentliche Testpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Besucherinnen und Besucher müssen das negative Ergebnis „eines Anti-Gen-Tests, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf, oder eines PCR-Tests, dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf“ vorweisen. Haben sie kein Testergebnis mit, müssen sie Maske tragen. Verschärft wurden die Regeln zu Besuchen zudem, da eine Bewohnerin bzw. ein Bewohner nur noch einen Besucher oder eine Besucherin alle zwei Tag empfangen darf. „Insgesamt dürfen im Zeitraum vom 3. November 2020 bis inklusive 17. November 2020 für jeden Bewohner höchstens zwei unterschiedliche Personen eingelassen werden.“ Davon ausgenommen ist die Palliativ- und Hospizbegleitung.

In Krankenhäusern und Kuranstalten gibt es keine Testpflicht für Besucherinnen und Besucher.  Krankenhaus- bzw. Kuranstaltsbetreiber dürfen selbst strengere Regeln festlegen.

Sport nur noch im Freien und mit Abstand

Sportliche Betätigung wird mit der Verordnung ebenfalls nur noch eingeschränkt möglich sein. Laufen im Freien bleibt erlaubt, jede Form von Training im Innenraum untersagt. Ausnahmen gibt es  nur für Spitzensportlerinnen und -sportler. Sportstätten im Freien dürfen nur unter Einhaltung der Abstandregeln von Hobbysportlerinnen und -sportlern benützt werden.

Arbeitswelt. „Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“, heißt es in dem Verordnungsentwurf. Für die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes braucht es allerdings das Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Dazu kommen neben einer praktisch überall in Innenräumen geltenden Maskenpflicht noch etliche kleinere Regelungen, beispielsweise ein Verbot überfüllter Autos. Pro Reihe dürfen nur zwei Personen sitzen, so es sich nicht um Menschen aus dem gleichen Haushalt handelt.

Handel und Dienstleistungsbetriebe bleiben offen

Der Handel entkommt diesmal im Gegensatz zum ersten Lockdown einer Schließung, das gleiche gilt für Dienstleistungsbetriebe, etwa Friseure oder Physiotherapeuten. Diese dürfen offen halten. Doch kehren die Personenbegrenzungen zurück. 

Schulen, Kindergärten, Unis 

Dezidiert ausgenommen von der Verordnung bleiben Kindergärten, und Pflichtschulen. Oberstufe und Universitäten müssen auf Homeschooling umstellen.

Neues Hilfspaket geschnürt

Finanzminister Gernot Blümel kündigte an, dass fehlende Umsätze Unternehmen bis zu 80 Prozent des letztjährigen Umsatz ersetzt werden, beantragt können diese die Hilfen über finanzonline.at. Gedeckelt seien die Hilfsleistungen mit 800.000 Euro. Die EU-Kommission habe vorgegeben, dass bereits ausgezahlte Förderugen abgezogen werden. Diese Fördermaßnahmen werden Österreich etwa über 1 Milliarde Euro kosten, so der Finanzminister. Auch die Kurzarbeit soll angepasst werden, hier gebe es noch Gespräche mit Sozialpartnern. Bei massiven Umsatzentgängen arbeite man noch an einer Bewilligung des Fixkostenzuschusses, dieser Prozess befinde sich in der zweiten Phase, Abstimmungen mit Deutschland sind im Laufen.

Wenn ein Unternehmen so jung ist, dass es über keinen Vergleichszeitraum zum Vorjahr verfügt, werde aller Voraussicht nach der Durchschnitt der bisherigen Monatsumsätze für die Berechnung mit einbezogen, so der Finanzminister.

Anti-Corona-Demo in Wien

Eine für rund 15.000 Personen angemeldete Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am Wiener Heldenplatz hat am Samstagnachmittag nur rund 200 Teilnehmer angelockt. Die Kundgebung verlief ruhig, hieß es von der Polizei. 

SPÖ und NEOS: 5 Forderungen an die Regierung für Krisenbewältigung 

In einem gemeinsamen Pressestatement vor der Videokonferenz mit Bundeskanzler Kurz richteten SPÖ-Bundesparteivorsitzende, Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner und die Parteivorsitzende sowie Klubobfrau der NEOS, Beate Meinl-Reisinger, fünf Forderungen an die Regierung. Die gemeinsamen Forderungen beinhalten unbürokratische und rasche Entschädigung für Betriebe inklusive Arbeitsplatzgarantie, offene Schulen und Kindergärten, Schutz der Pflege, Ausbau des Contact Tracing sowie Transparenz von Daten und Zahlen. „Mit unseren fünf Punkten ist eine zielgerichtete, vernünftige Krisenbewältigung machbar“, so Rendi-Wagner und Meinl-Reisinger. „Neben der Gesundheitsversorgung müssen auch Wirtschaft und Arbeitsplätze abgesichert werden. Das muss Hand in Hand gehen“, betonte Rendi-Wagner.

„Die Regierung hat leider in zunehmendem Maße die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verloren“, erklärt Rendi-Wagner. Die von Kurz geplante „informative Pro-Forma-Videokonferenz“ sei keine ehrlich gemeinte Einbindung des Parlaments. Deshalb haben SPÖ und NEOS dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler ihre fünf Kernforderungen für vernünftige sinnvolle Krisenbewältigung im Vorfeld übermittelt.

Am wichtigsten sei bei den diesen fünf Kernforderungen die schnelle und unbürokratische Entschädigung für negativ betroffene Betriebe. Damit verbunden sein soll eine Arbeitsplatzgarantie von jenen Betrieben, die diese Entschädigung erhalten. „Ein zweiter Lockdown wird die dramatische wirtschaftliche und Arbeitsplatzsituation weiter verschärfen. Da geht es um zigtausende Arbeitsplätze und um Existenzen“, betont Rendi-Wagner. „Für uns SozialdemokratInnen ist, unabhängig von der Beurteilung der gesundheitspolitischen Maßnahmen, jedenfalls die Rettung dieser Existenzen eine Bedingung für unsere Zustimmung“, sagt Rendi-Wagner.

Weiters beinhalten die gemeinsamen Forderungen einen dringenden Appell, die Schulen und Kindergärten offen zu halten, den flächendeckenden Schutz der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen durch österreichweite Tests für MitarbeiterInnen und BesucherInnen sowie die massive Aufstockung des Personals für Contact Tracing. Transparenz und Offenlegung aller Zahlen, Daten und Fakten sowie der angestrebten Ziele von Maßnahmen ergänzen den Forderungskatalog. Die Hilfszahlungen und die Freiheitsbeschränkungen sollen der parlamentarische Kontrolle durch einen ständigen Corona-Kontrollausschuss überantwortet werden.

NEOS-Vorsitzende und Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger betonte: „Wir pochen jedenfalls darauf, dass es rasche, unbürokratische und cash-wirksame Entschädigungen für die Betriebe gibt – und dass Hilfen, die bereits zugesagt wurden, endlich ausgezahlt werden. Darauf müssen sich Unternehmerinnen und Unternehmer verlassen können.“ Meinl-Reisinger erklärte weiters, dass das Vertrauen und der Vertrauensgrundsatz insgesamt bereits geschädigt sind. So hätte man mit Einführung der Ampel auch festhalten müssen, welche Maßnahmen bei welcher Ampelfarbe wann gesetzt werden. „Für die Menschen gab es schlicht keine Planbarkeit“, so Meinl-Reisinger, die in dem Zusammenhang auch kritisierte, dass Kanzler Kurz zuerst mit Chefredakteuren sprach, bevor er die Parlamentsparteien oder überhaupt den Bundespräsidenten informierte: „Gerade Menschen, die skeptisch sind, werden von so einem Vorgehen nicht erreicht.“ 

Zweiter Lockdown: Dramatischer Appell der Hotellerie
„Regelungen im Gastronomie- und Tourismusbereich nicht nachvollziehbar“
Platter: "Stehe hinter harten Maßnahmen"
Dieser Inhalt kann nicht angezeigt werden.
Kurz sagt Weihnachtsfeiern ab: "Feiern Sie doch mit Vernunft in kleinem Rahmen"
Drastische Maßnahmen wegen rapide steigender Corona-Zahhlen. | Foto: RMA/Spitzauer
Der Lockdown und die Ausgangssperre (zwischen 22 und 6 Uhr) gelten ab 3. November  | Foto: Dragan Tatic

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.