Hohe Lebensmittelpreise
Übergewinnsteuer für Unternehmen gefordert
Die Teuerung bei Lebensmitteln belastet Österreich zunehmen. Preisanstiege von über 100 Prozent sind bei vielen Produkten keine Seltenheit mehr. Die Lebensmittelkonzernen werden immer öfter als "Preistreiber" und gierig bezeichnet. Nun fordern die Arbeiterkammer und das Momentum Institut aktive Preiseingriffe und eine Übergewinnsteuer. Der Handel wehrt sich gegen die Kritik und sieht vor allem die Energiebetreiber für die Kostenexplosion verantwortlich.
ÖSTERREICH. 1,69€ für einen Liter Milch, 1,65€ für einen Kilogramm Erdäpfel, 3,99€ für zehn Eier aus Freilandhaltung – die Preise für Grundnahrungsmittel sind aktuell so hoch wie nie. Trotz großer Ankündigungen brachte der Lebensmittelgipfel am Montag kaum neue Erkenntnisse oder Maßnahmen. Zumindest soll künftig transparent gemacht werden, wie die hohen Preise zustande kommen. Denn es bleibt weiterhin unklar, wer von den hohen Kosten wirklich profitiert.
Freier Markt "funktioniert nicht mehr"
Der Lebensmittelhandel hat im vergangenen Jahr einen Umsatzanstieg von 5,2 Prozent erzielt (Statistik Austria). Der Marktführer Spar erwirtschaftete sogar erstmals über 9 Milliarden Euro. Für die Arbeiterkammer (AK) ist dies ein klares Zeichen dafür, dass die Unternehmen für die Teuerungen verantwortlich sind. Für Tobias Schweiter, AK Bereichsleiter Wirtschaft, wird immer klarer: "Die Preiskrise geht mit massiven Übergewinnen einher: Viele Unternehmen erhöhen ihre Preise deutlich mehr, als es die gestiegenen Kosten rechtfertigen würden. Ist das wirklich der freie Markt, den es zu schützen gilt?“
Schweitzer hält ein aktives Eingreifen der Politik für notwendig, um die Preise wieder zu senken. Der freie Markt funktioniere nicht mehr. Es sei nun an der Zeit, "effektive Preiskontrollen durch eine Anti-Teuerungskomission" durchzuführen. Außerdem müssen eine Preisdatenbank und ein wirksames Preisgesetz geschaffen werden.
Übergewinnsteuer gefordert
Auch Alexander Huber, Ökonom am Momentum Institut, sieht den Handel für die Preisexplosion verantwortlich: "Ein beträchtlicher Anteil der Teuerung ist von den Profiten heimischer Unternehmen getrieben. Sie haben ihre Preise stärker erhöht als ihre eigenen Produktionskosten gestiegen sind." Huber empfiehlt daher eine Übergewinnsteuer für den Lebensmittelhandel zu schaffen:
"Mit einer Übergewinnsteuer sinkt der Anreiz für Unternehmen, ihre Preise weiter zu erhöhen. Denn die daraus resultierenden Gewinne müssten sie damit ohnehin abführen.“
Zudem könne eine Übergewinnsteuer die – vielfach geforderte – Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel finanzieren, die dem Staat jährlich 600 Millionen Euro kosten würde. Eine solche Steuer stelle daher sicher, dass die Steuerzahlerinnen und -zahler "ihre Entlastung nicht selbst zahlen müssen und die Senkung der Mehrwertsteuer tatsächlich" an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben wird.
Lebensmittelhandel weist Kritik von sich
Für den Handelsverband trifft die Unternehmen hingegen keine Schuld an der aktuellen Situation. So sei auf die Lebensmittelhändler eine "Kostenlawine" zugerollt, die dem Handel viel abverlangt habe. Der Verband verweist darauf, dass der Lebensmittelhandel im vergangenen Jahr ein reales – also inflationsbereinigtes – Umsatzminus von -3,2 Prozent erwirtschaftet hat.
Trotz dieser Verluste habe der Handel die Kosten nicht eins-zu-eins an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben. Der Verband sieht den Lebensmittelhandel daher sogar als "inflationsdämpfend".
"Handel kann den Preisanstieg nicht auffangen"
Ernst Gittenberger, Leiter des "Centre of Retail and Consumer Research" der Johannes Kepler Universität Linz, merkte hierzu im "Ö1 Mittagsjournal" an:
"Generell hat der Lebensmitteleinzelhandel sehr, sehr geringe Gewinnmarchen. Die liegen bei ein bis zwei Prozent des Umsatzes. Das heißt da ist nicht wahnsinnig viel Spielraum, das man sagt, man kann die Preise – die steigende Preise von Energie und den Vorstufen – auffangen."
Wie viel Profit die Lebensmittelbranche im vergangenen Jahr genau gemacht hat und wie hoch der Anteil der aufgefangenen Kosten tatsächlich ist, haben die Konzerne bisher allerdings nicht bekannt gegeben.
Schuld wird den Energiekonzernen zugeschoben
Der Handelsverband verweist darauf, dass es in der politischen Diskussion zu "eindimensional" sei, nur das letzte Glied der Kette zu betrachten. Vielmehr seien andere Faktoren verantwortlich für die Preisanstiege. So werden "die massiv gestiegenen Energiekosten, zum Teil deutlich höhere Personal-, Finanzierungs-, Logistik- und Rohstoffpreise sowie alle indexbasierten Kosten wie Mieten, die in 2023 erstmals voll durchschlagen" als Ursachen ausgemacht.
Vor allem die Energieversorger treiben laut dem Verband die Preise weiterhin in die Höhe:
"Wesentliche Kosten- und damit Preistreiber für Haushalte und Händler bleiben die Energieversorger, welche die günstigen Börsenpreise für Energie nicht weitergeben und vielfach durch Jahresbindungen die Teuerung einzementieren wollen. Gleichzeitig schütten sie die höchsten Dividenden ihrer Unternehmensgeschichte aus. Durch die EZB-Zinserhöhungen haben Banken die Tilgungsraten für Kredite in schwindelerregende Höhen geschraubt."
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