Jubiläumsfeier im Juni
130 Jahre Stainzer Bahn

Ein Motiv für die Postkarte: der Stainzer Flascherlzug | Foto: Langmann
20Bilder
  • Ein Motiv für die Postkarte: der Stainzer Flascherlzug
  • Foto: Langmann
  • hochgeladen von Gerhard Langmann

Auch wenn sie jugendlich pfeift und munter drauf los fährt: Die Stainzer Bahn feiert heuer ihren 130. Geburtstag. Sie wurde seinerzeit zur Anbindung an die Strecke Wies-Eibiswald – Graz errichtet und lebt heute in ihrer Mutation Flascherlzug weiter.

STAINZ. Der Bezirk – damals noch mit der Bezirkshauptmannschaft in Stainz – wurde eisenbahntechnisch bereits 1873 erschlossen. In ersten Planungen der Wieserbahn sollte Stainz in den Routenverlauf einbezogen werden. Die quer zur Verkehrsrichtung führenden Täler hätten aber durch kostspielige Kunstbauten überbrückt werden müssen. So wichen die Planer des damals zuständigen Handelsministeriums diesen Tälern nach Osten hin aus, was die winkelige Streckenführung ohne Einbindung von Stainz erklärt. Dieses Manko sollte – so die Auflage des Ministeriums – mit einer Stichbahn von Preding nach Stainz beseitigt werden. Die Graz-Köflacher-Bahn verstand es jedoch geschickt, diese für sie vermeintlich unrentable Strecke hinauszuzögern.

Schmalspurbahn als Ersatz

Es war das Landesgesetz vom 12. Februar 1890, das Bewegung in die Angelegenheit brachte und in der Folge im Planungsauftrag an das Landeseisenbahnamt mündete. Um Kosten zu sparen, wurde für die Bahn die Spurweite 760 mm konzipiert. Die ersten Begehungen fanden im November 1891 statt, mit Beschluss vom 14. Mai 1892 wurde dem Steiermärkischen Landesausschuss die Konzession erteilt und dem Stainzer Unternehmer Hauer die Bauausführung übertragen. Als Baubeginn wird der 17. Juni 1892 genannt, am Bau waren durchschnittlich 200 Arbeiter beschäftigt. Dank der konzentrierten Arbeit war die Stainzer Bahn nach rund fünf Monaten fertig und konnte am 26. November 1892 ihrer Bestimmung übergeben werden. Tags darauf dampfte der erste Zug von Preding nach Stainz. Die Kosten der Herstellung? 270.000 Gulden, zu denen die Marktgemeinde Stainz einen erklecklichen Beitrag leistete.

Abtransport zur Kesselkontrolle | Foto: Langmann

Die Strecke umfasst 11,3 Kilometer und wurde mit größtmöglicher Sparsamkeit errichtet. Sie weist einen Unterschied von 287 auf 325 Meter auf, was einer durchschnittlichen Steigung von 3 Prozent entspricht. In Preding wurden eine Umsetzanlage für den Rollbockverkehr und ein eigenes Stellwerk errichtet. Außer einer größeren Brücke kam die Bahn ohne wesentliche Kunstbauten aus. Als Haltestellen dienten Kraubath, Neudorf (ab 1900) und Herbersdorf, die mit hölzernen Wartehäuschen ausgestattet waren. Kurz vor Stainz zweigte ein bogenförmiges Anschlussgleis zur Zündwarenfabrik Solo (abgerissen 1967) ab.

Winzige Loks

Als betriebliches Zentrum diente von Beginn an Stainz. Die Anlagen auf dem Bahnhof umfassen zwei Verkehrsgleise, ein Gütergleis und etliche Stutzgleise. Das Bahnhofsgebäude und die beiden zweiständigen Lokschuppen entsprechen der damaligen Architektur der Landesbahn, die zwei Lagerhäuser wurden in Fachwerkbauweise angebaut. An Loks wurden zwei winzige Bt-Loks (12 Tonnen) angeschafft und – in Würdigung ihrer Verdienste - mit den Namen „Meran“ und „Stainz“ versehen. Die Betriebsausstattung war recht üppig: vier Personen-, ein Post-/Dienst-, zwei Güter-, vier Kohlen-, zwei Niederbordwagen, zwei Rollschemel sowie Schneepflug, Draisine und zwei Bahnwagen. In den Folgejahren wurde Geräte abgegeben, andere wiederum zugekauft.

Flascherlzug im Kleinformat | Foto: Langmann

Anfänglich wurde die Stainzer Bahn (wie auch die GKB) von der k.k. Südbahngesellschaft betrieben, erst 1922 übernahmen die Steiermärkischen Landesbahnen diese Aufgabe. Grundsätzlich verkehrten gemischte Züge (Personen, Güter), die Frequenz betrug zwei oder drei, in der „goldenen Zeit“ knapp vor dem Ersten Weltkrieg vier Fahrten. Angeboten wurden die erste und dritte, ab 1923 die zweite und dritte Klasse. Das war auch die Zeit von Johann Reinbacher vulgo Höllerhansl, der als „Wunderdoktor“ viele Passagiere nach Stainz und Rachling brachte.

Konkurrenz Straßenverkehr

Mit aufkommendem Verkehrsaufkommen sah sich die Stainzer Bahn einer starken Konkurrenz durch den privaten und öffentlichen Straßenverkehr (ab 1926 Busverkehr fünf Mal täglich nach Graz) ausgesetzt. Zum Vergleich: Die Strecke Stainz – Graz betrug 27 Kilometer und gut eine Stunde Fahrzeit, die Bahnroute nahm 41 Kilometer und etwa 1:45 Stunden Fahrzeit in Anspruch. Der Zugverkehrsfrequenz ging immer weiter zurück. Ein weiterer Tiefschlag für den Güterverkehr war die Schließung der Zündwarenfabrik im Jahr 1928. Die Folge: 1932 wurde der Betrieb der Stainzer Bahn eingestellt und der Großteil an Wagen und Gerätschaften an andere Standorte überstellt. Über Betreiben der Marktgemeinde kam es 1933 zu einer Neuaufnahme des Güterverkehrs, der kriegsbedingt eine starke Ausweitung erfuhr. Knapp vor Kriegsende wurde auf Grund des Mangels an Treibstoff und Reifen der Personenverkehr wiederbelebt. Allerdings nur bis in das Jahr 1951, danach wurde die Bahn zur ausschließlichen Güterverkehrslinie. Es kam noch schlimmer: Bedingt durch das immer geringer werdende Frachtaufkommen wurde der Güterverkehr am 31. März 1980 zur Gänze stillgelegt. Dieses Jahr war es auch, als der Marktgemeinde Stainz auf Grund einer so genannten Ringelspielverordnung die Konzession zugesprochen wurde.

Geburtsstunde Flascherlzug

Die Weichen, dass die Lok S11 weiterdampfen durfte und die Waggons weiterrollen konnten, wurden aber bereits 1971 gestellt. Es waren deutsche Eisenbahnfreunde, die mit der Stainzer Bahn eine unterhaltsame Sonderfahrt unternahmen. Diese vergnügliche Botschaft nahm die Närrische Stainzer Faschingsgilde auf.

Standesgemäßer Untersatz | Foto: Langmann

In Verhandlungen mit der Steiermärkischen Landesbahn erreichte sie die Zusage, den Personenverkehr (Bummelzug) als Flascherlzug weiterführen zu können. Die Bezeichnung ist dem Umstand geschuldet, dass in den 1920er-Jahren viele Heilungssuchende mit ihren Urinfläschchen nach Rachling wanderten, um sich vom Wunderdoktor Johann Reinbacher Gesundheitstipps herauslesen zu lassen. Einer der Waggons wurde auch „Höllerhansl“ genannt, die restlichen Waggons hießen „Bergliesl“, „Schilcherschaukel“ und „Kräuterwagerl“. Sie erstrahlten in den Farben Rot, Grün, Blau und Gelb. Echt makaber: Das „Kräuterwagerl“ hatte nach seiner eisenbahntechnischen Ausmusterung als Gartenhütte gedient. Mit der Feldbahn gesellte sich 1990 eine weitere Eisenbahnattraktion dazu.

Festakt im Juni

Im Vorjahr feierte der Flascherlzug Corona-bedingt schaumgebremst, aber in voller Frische seinen 50er. Die wahre Feier, so die Verantwortlichen, wird in den allgemeinen 130-Jahre-Jubiläumsfestakt im Juni einfließen. Es wird – und das zu Recht – von einer Erfolgsgeschichte zu hören sein.

Wer wohl schneller in Stainz ist? | Foto: Langmann

Rund 25.000 Passagiere nutzen jährlich den Flascherlzug und machen ihn als Briefmarken-, Christkindl-, Folklore-, Karitativ-, Kinder-, Mondschein-, Muttertags-, Nikolo-, Sturm- oder Westernzug, als Kulisse für Filmaufnahmen und Vorlage für Kleinformatnachbauten und Miniaturen für die Region zu einem Frequenzbringer erster Klasse. Sein Glück: Er wird steiermarkweit oft mehr geschätzt als in Stainz.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.