Schloss Hollenegg for Design
Eine riesige Muschel als Fundstück in Hollenegg

Marie Janssen mit dem Modell für das große "Meerohr", eine bis zu 4 Meter lange Keramik-Brunnenschale aus nur einem Stück, die vor Ort beim Schloss Hollenegg gebrannt wird. | Foto: Susanne Veronik
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  • Marie Janssen mit dem Modell für das große "Meerohr", eine bis zu 4 Meter lange Keramik-Brunnenschale aus nur einem Stück, die vor Ort beim Schloss Hollenegg gebrannt wird.
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Eine gestrandete Muschel und die Sehnsucht nach dem Ursprung: Von Hand geformt, durch Feuer gebrannt, das ist das "Meerohr", das derzeit beim Schloss Hollenegg entsteht

HOLLENEGG/BAD SCHWANBERG. Haben Sie schon den imposanten Gerüstaufbau nahe dem Rossstall in Hollenegg gesehen? Dann haben Sie sich bestimmt gefragt, was das ist. Wir haben nachgesehen und siehe da: Es ist ein Brennofen mit Hypokaustentechnik, also nach Art einer Fußbodenheizung. Aber wozu?
"Ich gestalte eine Brunnenschale aus glasierter Keramik in Muschelform mit dem Titel "Meerohr", erzählt Marie Janssen, eine junge Künstlerin aus München, die ihr Studium für Malerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien bereits abgeschlossen hat. Bekannt ist Janssen für ihre außergewöhnlichen Kachelöfen, Stichwort Tuchöfen und Feuertruhe. Doch dieses Projekt in Hollenegg ist abseits der Kachelöfen auch für die junge Künstlerin komplettes Neuland: Schon allein wegen der Größe wird die Skulptur zur Herausforderung. Sie wird eine circa 3,70 x 3 x 1 Meter große Keramikschale - und das in einem einzigen Stück. "Eine Seltenheit", wie Janssen weiß.

Ein Brunnen in Muschelform

Warum gerade eine Muschel? "Die Muschelform ist ja nichts Neues. Auf dem Weg zu meinem Atelier in Wien habe ich an den Fassaden quer durch die Epochen immer wieder Muscheln als dekoratives Element entdeckt. Und das in einer Stadt so weit weg vom Meer. Deshalb ist die Muschel für mich Ausdruck der Sehnsucht nach dem Süden und nach dem Meer, die wie Ebbe und Flut aufsteigt und wieder abklingt. Das kann man auch auf sein eigenes Leben übertragen. Eine Sehnsucht hat man ja immer in sich", interpretiert Marie Janssen und ergänzt: "Gerade als Brunnen, wie ja auch oft an Taufbecken zu sehen ist, trägt die Muschel das Element Wasser bereits  in sich."

Die Muschelform als Ausdruck der Sehnsucht: Das Modell für das "Meerohr" von Marie Janssen | Foto: Marie Janssen
  • Die Muschelform als Ausdruck der Sehnsucht: Das Modell für das "Meerohr" von Marie Janssen
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Muschelformen haben in der Gestaltung von Architektur und Gärten bereits eine lange Tradition. Man findet sie an Hausfassaden und als Form für Brunnen- oder Taufbecken. Muscheln sind Zeichen für Geburt und Leben, sie symbolisieren im christlichen Sinne aber auch das Grab, das den Menschen nach seinem Tod bis zum Leben danach umschließt. Wie bei den Gezeiten wird das Wasser der Brunnenschale in einem langsamen Rhythmus steigen und fallen, als Erinnerung an die fließenden Bewegungen des Wassers.

„So tief im Landesinneren, so weit weg vom Meer, können diese Muschelformen nichts anderes sein, als Zeichen einer uns allen seit jeher innewohnenden Sehnsucht nach dem Meer, der Sehnsucht nach dem Ursprung.
Das gestrandete 'Meerohr' liegt hier auf dem Trockenen. Es erzählt von persönlichen Schicksalen, von großen Veränderungen und Entwicklungen in unserer Welt. Es erinnert daran, dass einst das Meer unser Land bedeckt und sich über Jahrmillionen hinweg verlagert hat.“
Maria Janssen, Keramikkünstlerin

Schloss Hollenegg for Design

Der Kontakt zu Alice Stori Liechtenstein, Hausherrin und Begründerin von Schloss Hollenegg for Design, ist über eine Mentorin erfolgt. "Alice Stori Liechtenstein war von meiner Idee zur Installation sofort begeistert, als sie die Zeichnung mit der Muschel gesehen hat. Jetzt bin ich hier im Schloss als 'Artist in Residence' und wir sind schon mitten in der Produktion", zeigt die Künstlerin auf eine riesige, mit Sandsäcken gefüllte Negativ-Form, unter der bereits die Befeuerungsschächte für die Brennkammer eingerichtet sind. Ein Studienkollege, ein örtlicher Hafnermeister und seine inzwischen schon fertige Gesellin sowie Gemeinde-Mitarbeiter sind eine hilfreiche Stütze. 1.700 Kilogramm Ton werden dabei von Hand verarbeitet. "Das 'Meerohr' wird nach dem Brennen noch rund 1.200 kg wiegen", schätzt Marie Janssen.

Der Brennofen ist schon längst unweit vom Rossstall Hollenegg aufgebaut, zum Einsatz wird er Anfang Juli und im August kommen. | Foto: Susanne Veronik
  • Der Brennofen ist schon längst unweit vom Rossstall Hollenegg aufgebaut, zum Einsatz wird er Anfang Juli und im August kommen.
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Von Hand geformt, durch Feuer gebrannt

Derzeit wird die Muschel von Hand geformt und modelliert. Für den Trocknungsvorgang wird das Werkstück Mitte Mai in Gurten hängend platziert, sodass sie auch von unten her bearbeitet werden kann.
Spannend wird der Brennvorgang mit einer Temperatur von mehr als 1200 Grad Celsius allemal, schon allein weil man die Sauerstoff-Zufuhr nicht bis ins letzte Detail regulieren kann. "Dann verfärbt sich der Ton an diesen Stellen grünlich", hofft Janssen doch auf ein eher typisch rosé-farbenes Ergebnis. Der Schrühbrand ist für Anfang Juli geplant, der Glasurbrand für Ende August. Dieser macht bei einer Temperatur von rund 1240 Grad die Skulptur witterungsfest. Nach Abschluss des Projektes wird der Brennofen im Herbst restlos abgebaut, das Brunnenbecken im angrenzenden Wald quasi als "Fundstück" mitten in der Natur permanent aufgestellt und mit Wasser befüllt. "Ich lade alle Interessierten dazu ein, beim Schaffungsprozess vom Modellieren bis zum Glasurbrand, direkt vor Ort mit dabei zu sein", freut sich Marie Janssen auf Besuch.

Die Künstlerin Marie Janssen ist schon gespannt, welche Farbe die Glasur für die Bunnenistallation "Meerohr" beim Schloss Hollenegg annehmen wird. | Foto: Susanne Veronik
  • Die Künstlerin Marie Janssen ist schon gespannt, welche Farbe die Glasur für die Bunnenistallation "Meerohr" beim Schloss Hollenegg annehmen wird.
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Ein "Fundstück" mitten in der Natur

Das als bleibende Kunst im öffentlichen Raum konzipierte Brunnenprojekt wird von der Gemeinde Bad Schwanberg, dem Land Steiermark, dem Bundeskanzleramt, Schloss Hollenegg for Design, Sponsoren und privaten Förderern unterstützt.
Die Installation ist außerdem Teil der Design-Ausstellung „Earth and Fire“, die ab 15. Mai auf Schloss Hollenegg zu sehen sein wird.

Über die Künstlerin und Initiatorin Marie Janssen

Die 1988 in München geborene und in Wien lebende Künstlerin Maria Janssen diplomierte 2014 an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Ihr Kachelofen-Projekt „Tuchofen“, wurde 2017 mit dem Design Startstipendium des Bundeskanzleramtes ausgezeichnet. Bisher fanden ihre Arbeiten u.a. auf Ausstellungen im Museum für Angewandte Kunst in Wien, im Londoner Design Museum (Ausstellung der Finalisten des Loewe Craft Prize 2018), bei der Vienna Design Week, im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und im Design Museum Gent internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung. 

Design-Ausstellung „Earth and Fire“

Ab 15. Mai 2021 öffnet Schloss Hollenegg seine Pforten für die Design-Ausstellung "Earth and Fire" und gibt in der von Alice Stori Liechtenstein und Rainald Franz kuratierten Schau Einblicke in die Welt der Keramik. In den Prunkräumen präsentieren zeitgenössische Designerinnen und Designer ihre eigenen Keramikstücke Hand in Hand mit dem historischen Porzellan des Hauses.
Geöffnet ist die Schau jeweils Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr, Führungen für Gruppen von Montag bis Freitag nach Voranmeldung, www.schlosshollenegg.at

Das waren die bisherigen Design-Ausstellungen auf Schloss Hollengg:

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