Julian Koch
Technik, Musik und Kreativität in der eigenen Garage

Julian Koch in seinem "Reich": In seiner Garage hat er ein schalldichtes, voll ausgestattetes Tonstudio aufgebaut. | Foto: Michl
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Mitten in Deutschlandsberg und zwischen Häusern, wo man kaum ein Tonstudio vermutet, liegt ganz versteckt genau ein solches: Dort betreibt Julian Koch seit einiger Zeit "JMK Records".

DEUTSCHLANDSBERG. Der Deutschlandsberger ist mit vier weiteren Steirern Teil der Band "Eora" und studiert Elektrotechnik-Toningenieur. Angefangen mit Recorden, Mixen und Mastern hat Julian Koch schon vor mehr als zehn Jahren mit seiner ersten Band: "Natürlich hast du kein Geld und willst trotzdem eine Aufnahme machen. Dann fängst du an mit einem Mikroset, das wir gebraucht um 100 Euro gekauft haben, einem Billigmischpult und haben das daheim auf dem Stereomischpult abgemischt." Daraus wurde immer mehr und eine Art "Selbststudium", wie Koch die Musikproduktion gelernt hat: "Ein paar Bücher, YouTube-Tutorials, ein bisserl das Studium und das meiste ist 'Trial and Error'. Wenn’s gut klingt, klingt’s gut." Mittlerweile hat sich Koch in seiner Garage ein waschechtes Tonstudio zusammengebaut.

Ohne Werbung keine Klicks

Online hat sich der 27-Jährige auch Social-Media-Marketing für Bands angeeignet. "Das vergessen viele. Die Leute geben für eine Aufnahme ein paar hundert Euro aus, für eine EP gleich mal einen Tausender, für ein Musikvideo einen Tausender und im Endeffekt sehen das ein paar Verwandte und du hast auf YouTube vielleicht 100 bis 200 Klicks. Das ist echt schade." Richtlinie sollte sein, so viel ins Bewerben des Produkts zu stecken, wie man fürs Herstellen ausgegeben hat. Koch bewirbt auch "Eora" im Web (wie beim Disney-Cover), vor kurzem hat er mit seiner ersten Band nur beim Facebook-Marketing zusammengearbeitet.

"Natürlich ist ein eigener Song mit einem eigenen Video schwerer als zu bewerben als ein Cover. Und ein Cover ist noch einmal schwerer zu bewerben als so ein Funvideo wie das Disney-Video.“
Julian Koch über Marketing für Musiker

Mehr als nur Aufnehmen

Vor allem die Arbeit mit anderen Bands und Genres reizt ihn: "Ich bin nicht nur der Typ, der auf 'Aufnehmen' drückt, sondern auch produziert", sagt Koch. "Wenn du ein Paar Ohren hast, das den Song vorher noch nie gehört hast, kann es dir einen Input fürs Endprodukt geben." So läuft das dann ab: Oft kommen Musiker schon mit einer Aufnahme zu Koch ("Im schlimmsten Fall mit dem Handy"), aber zumindest mit einem Text und einer Melodie. Das wird im Studio aufgenommen und produziert und von Koch gemixt. "Dort fügst du die Elemente zusammen und schaust, dass die gut zusammenspielen." Das Mastering verpasst dem Song schlussendlich den letzten Feinschliff.

"Die Bearbeitung ist oft ein Prozess, der während des Aufnehmens entsteht. Und ein Teil erst nach der Aufnahme. Wenn die steht, kannst du noch ein paar Elemente hinzufügen. Da änderst du nicht mehr viel an der Struktur des Songs, aber kannst noch ein bisschen aufpeppen."
Julian Koch über die Arbeit im Tonstudio

Kochs aufwändigstes Projekt war der aktuellste Song von "Eora": In einer Songwriting-Challenge auf Facebook und Instagram wählten die Fans einen von drei selbstgeschriebenen Songs, den die Band aufnehmen sollte. Zuhause Gesang und Gitarre aufgenommen, bastelte Koch in seinem Studio das Drumherum für "Vanlife": "Das war extrem viel Arbeit, da hab ich 80 Prozent vom Song gemacht." In seiner Audiosoftware hatte der Song am Ende über 100 Spuren. Bis aufs Mastering ist alles in Eigenproduktion entstanden, zwei Monate hat das gedauert.

"Der Moment, indem du den fertigen Song bei Spotify einreichst, da fällt dir ein richtiger Stein vom Herzen", schmunzelt der Sänger. Die zwei weiteren Songs will die Band auch noch verarbeiten. Dann überlegt sich "Eora" eine Neuausrichtung: vielleicht weniger Pop, wieder mehr akustischer Dreigesang. Auf Ö3 haben es die fünf Jungmusiker schon geschafft, durch "Treffpunkt Österreich" sind sie nun in der Ö3-Musikbibliothek.

Kompletter kreativer Prozess in der Garage


Üblicherweise machen die verschiedenen Schritte unterschiedliche Leute, Koch könnte in seinem Studio in der Garage alles von der ersten Aufnahmen bis zur Post Production machen. Gerade das Mastering wird am ehesten an andere abgegeben, damit nochmal ein frisches Paar Ohren "drüberhören" kann. Ein Musiker, den Koch bei "The Voice of Germany" kennengelernt hat, lässt etwa nur bei ihm seine ganzen Songs mastern.

"Wenn wer aufnimmt, da wird schon musikalisch gefeilt: Melodie verändern, da eine Break, dort eine zweite oder dritte Stimme, da einen Klatscher – da gibt’s alles mögliche, was passen könnte."

In letzter Zeit hat Koch auffallend viele Hip-Hopper und Deutschrapper in seinem Studio, wo nur die Vocals aufgenommen und produziert werden. "Da brauchst du zwei bis drei Stunden Aufnahmen pro Song", erklärt Koch, dass im Vergleich eine Rockband mit mehreren Instrumenten komplexer ist. "Da ist der Aufwand so hoch, da machst du meistens eine EP mit drei, vier Liedern." Das kann dann schon mal zwei Wochen zum Aufnehmen dauern. Während Corona schicken ihm Musiker auch öfter die Aufnahmen, die er dann im Studio mischt. "Natürlich wär’s schön, wenn ich das hauptberuflich machen könnte", will Koch erst sein Studium abschließen. "Aber das wird dann kommen oder halt nicht. Zurzeit passt’s ganz gut, mir taugt’s, immer wieder andere Musiker aufzunehmen und ihnen helfen zu können."

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