Zivildienst statt Bundesheer
Von der Pflicht zur Leidenschaft

Wolfgang Lessmann fand durch seine Zeit als Zivildiener eine neue Leidenschaft: Nun ist er ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr Deutschlandsberg tätig. | Foto: FF Deutschlandsberg
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  • Wolfgang Lessmann fand durch seine Zeit als Zivildiener eine neue Leidenschaft: Nun ist er ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr Deutschlandsberg tätig.
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Immer mehr junge Männer entscheiden sich gegen den Wehrdienst und bevorzugen stattdessen den Zivildienst. Dieser kann beim Rettungswesen, bei der Feuerwehr oder auch bei der Lebenshilfe und vielen weiteren Institutionen geleistet werden. Wir haben mit drei Männern gesprochen, denen der Zivildienst neue Wege für Hobby und Beruf ermöglicht hat.

DEUTSCHLANDSBERG. Der Zivildienst ist ein Ersatzdienst, bei dem junge Männer den Wehrdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen ablehnen. Voraussetzungen für die Leistung des Zivildienstes sind die Tauglichkeit bei der Stellung und die rechtzeitige Abgabe der Zivildiensterklärung - er dauert neun Monate und ist in einem Stück zu leisten. Was als bloße Pflicht beginnt, wird für manche Männer jedoch schnell zu einer Leidenschaft bzw. zum Berufswunsch. So zum Beispiel für zwei heutige Mitarbeiter bei der Lebenshilfen Soziale Dienste GmbH in Deutschlandsberg.

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Ein unerwarteter Lebensweg

Markus Reiterer war von Oktober 2009 bis Juli 2010 Zivildiener bei der Lebenshilfe. "Bei der Stellung bin ich von der Tauglichkeit her so weit runtergestuft worden, dass ich nicht normal zum Bundesheer hätte gehen können, wie man sich das vorstellt", erinnert sich Reiterer. Grund dafür waren zum Beispiel körperliche Einschränkungen aufgrund von Verletzungen. Möglicherweise wäre er in etwa im Büro eingesetzt worden. Ein Kollege brachte ihn dann auf den Zivildienst. "Für mich schien der Zivildienst vernünftiger als das Bundesheer. Immerhin bin ich gerne draußen und bewege mich. Mir war gleich klar, dass das meines ist", so der ehemalige Zivildiener.

Im Dienst wurde er gut in die Gruppe integriert und als er länger dabei war, wurde er vermehrt unterstützend in der Begleitung eingesetzt - also bei Spaziergängen, beim Einkaufen, bei Ausflügen usw. Auch wenn der Zivildienst Reiterer große Freude bereitete, dachte er nicht gleich danach daran, auch weiterhin in diesem Bereich zu arbeiten. Eher wollte er etwas im Bereich Sport machen - was wegen Verletzungen aber nicht so einfach war. Nach kurzer Zeit im Schichtbetrieb wuchs der Gedanke, wieder zurück zur Lebenshilfe zu gehen.

Für viele junge Männer ist die Arbeit mit Menschen eine Motivation, den Zivildienst zu leisten. | Foto: Steven HGW/Unsplash
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Im Dezember 2010 begann er schließlich seinen neuen Job bei der Lebenshilfe - vorerst noch in berufsbegleitender Ausbildung. "Das mache ich nun bereits seit 13 Jahren. Ich bin jetzt diplomierter Sozialbetreuer mit dem Schwerpunkt Behindertenbegleitung", ist er stolz auf seinen Beruf. An der Arbeit liebt er den Kontakt mit Menschen, die stete Abwechslung sowie die ehrlichen Rückmeldungen. 

"Im Zivildienst bekommt man einen neuen Blickwinkel aufs Leben. In den neun Monaten passiert sehr viel, was Persönlichkeitsbildung und den Reifungsprozess angeht."
Markus Reiterer

Ein neues Bild

Eine ähnliche Erfahrung machte Daniel Aldrian, der von Jänner 2020 bis September 2020 als Zivildiener bei der Lebenshilfe tätig war. Von Beginn an war für ihn klar, dass er nicht zum Bundesheer will. Weil seine Mutter zuvor schon im Sozialbereich gearbeitet hatte, schien ihm der Bereich außerdem näher. Schon in den ersten Monaten seines Dienstes kam ihm der Gedanke, beruflich bei der Lebenshilfe zu starten - trotz seiner Ausbildung an der Landwirtschaftlichen Fachschule und der Tischlerlehre. So bewarb er sich und erhielt zuerst eine Stelle als Karenzvertretung, dann eine fixe Anstellung.

"Als Zivildiener habe ich gemerkt, dass man in diesem Job einen großen Teil für die Gesellschaft leistet. Ich habe erkannt, wie gerne ich mit Menschen arbeite", so Aldrian. Jetzt genießt er in seinem Beruf vor allem die große Wertschätzung für seine geleistete Arbeit. Sein Tipp für jeden, der sich für den Zivildienst entscheidet: "Man sollte sich etwas anschauen, das man nicht wirklich kennt!"

Bei der Lebenshilfe gibt es vier Starttermine, an denen die Zivildiener mit der Arbeit beginnen können - einer davon ist der 1. Juli - aktuell sind noch Plätze frei. Interessierte können sich per E-Mail an zivildienst@lebenshilfen-sd.at melden.

Sinnvolles Hobby gefunden

Auch wenn der Zivildienst nicht zum künftigen Beruf wird, kann daraus ein sinnvolles Hobby entstehen: So wie zum Beispiel bei Wolfgang Lessmann, der von November 2018 bis Ende Juli 2019 bei der Freiwilligen Feuerwehr Deutschlandsberg als Zivildiener tätig war. Sein Bruder leistete schon vor ihm den Zivildienst bei der Feuerwehr - das motivierte ihn dazu, es ihm nachzutun. Nach der ersten Woche an der Feuerwehr- und Zivilschutzschule in Lebring kontrollierte er zum Beispiel regelmäßig Fahrzeuge und Geräte oder war für Hol- und Bringdienste zuständig. 

"Ich war in den neun Monaten bei ca. 60 Einsätzen dabei. Dabei wurde ich nie wie ein Außenseiter behandelt."
Wofgang Lessmann, Feuerwehrmann

Er wusste, dass ihm die Arbeit bei der Feuerwehr nach dem Zivildienst fehlen würde - so blieb er. "Die Arbeit bei der Feuerwehr ist so vielfältig. Außerdem tut man etwas Sinnvolles, man kann Leuten helfen", erzählt der junge Mann von seiner freiwilligen Tätigkeit. Wegen seiner guten Erfahrung empfiehlt er den Zivildienst weiter: "Wenn man technisch begeistert ist, kameradschaftlich ist und den Sinn der Feuerwehr im Großen und Ganzen versteht, ist man dort auf jeden Fall gut aufgehoben"

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