Rundblick in Deutschlandsberg
"Bei mir kommt keine WM-Stimmung auf"
Sportliche Überraschungen, aber auch viele bedenkliche Schauplätze abseits des Rasens – kaum eine Weltmeisterschaft ist so viel diskutiert wie Katar 2022. MeinBezirk.at hat sich in Deutschlandsberg bei einigen Fußballern umgehört, wie sie diese WM verfolgen.
DEUTSCHLANDSBERG. In dieser Woche geht die umstrittenste Fußball-Weltmeisterschaft aller Zeiten zu Ende. Auch hierzulande wird – oder viel eher wurde – viel über Katar und Menschenrechte, Ausbeutung von Arbeitern oder Korruption diskutiert. Das Online-Marktforschungsinstituts "Marketagent" führte dazu vor der WM eine Umfrage unter 1.000 Österreicher:innen – darunter 144 Steirer:innen – durch. Knapp zwei Drittel der Befragten gaben wenig bis gar kein Interesse an der WM an. Fast ein Viertel wolle die Veranstaltung boykottieren und (fast) keine Spiele schauen.
Lagen die österreichischen TV-Quoten anfangs noch unter der letzten WM, erreichen sie mit Fortdauer des Turniers annähernd das Niveau von 2018. MeinBezirk.at hat sich bei Kickern in Deutschlandsberg umgehört, wie denn nun die WM-Stimmung ist.
"Das ist ein Witz"
Geschaut wird auf jeden Fall. "Ich verfolge die WM, weil mich der Sport interessiert", sagt Christian Dengg. "Und man auch andere Länder zu sehen bekommt, die man nicht von der EM oder Champions League kennt."
Für den Fußballer – der sich gerade von einer schweren Knieverletzung erholt und im nächsten Jahr mit dem SV Frauental wieder angreifen will – ist das Problem schon bei der Vergabe nach Katar gelegen. "Da hab ich mir gedacht: Das ist ein Witz", denkt Dengg an Klimaschutz, Nachhaltigkeit oder die einfache Tatsache, dass Katar – ein Land, kleiner als die Steiermark – einfach kein Fußballland ist. "Da hätten die Verbände aufschreien müssen. Jetzt sind die Diskussionen viel zu spät. Jeder Sportler wird dort hinfliegen und das Beste geben, wie oft spielt man schon eine WM."
"Keine WM-Stimmung"
Ähnlich sieht das Florian Thomann, aktuell beim SVU St. Stefan ob Stainz aktiv: „Natürlich schau ich einige Spiele. Fußball ist Fußball, daran kommst du nicht vorbei“, beschäftigt sich Thomann aber auch mit der Kritik am Event. "Zwei Wochen vor der WM war alles voll im Fernsehen und in den Zeitungen, aber nach den ersten paar Spielen war das sofort wieder vorbei." Er beurteilt die WM viel härter: "Sportlich ist es Note 2, politisch und menschenrechtlich Note 5."
Daher verneint er auch ganz klar: "Nein, bei mir kommt keine WM-Stimmung auf", sagt der Routinier. "Ich hab zwei Dokus über die Vergabe gesehen. Für einen zwischenmenschlichen Typen wie mich, der die Menschen und nicht Fußball oder Geld in den Vordergrund stellt, kommt da keine Euphorie auf."
"Katar ist kein Fußballland"
Auch Christoph "Ladi" Meier, Trainer beim Regionalligisten DSC, kann der WM im Winter nicht viel abgewinnen. "Katar ist kein Fußballland", meint auch er. "Es ist auch nicht so wie im Sommer, wo du grillst, draußen zusammensitzt und ein fußballverrücktes Land siehst."
Neben Transfervorbereitungen fürs Frühjahr – der DSC startet schon am 9. Jänner ins Training – hatte Meier viel Zeit für Fußball im TV: "Da ich in letzter Zeit viel im Krankenstand war, hab ich fast jedes Spiel geschaut. Familienzeit geht aber vor, da wird der Fernseher erst am Abend eingeschalten." Euphorie kommt aber auch bei ihm keine auf, wenn er über diese WM spricht: "Das ganze Rundherum, vor allem wie viele Bauarbeiter gestorben sind, hinterlässt schon einen faden Beigeschmack."
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