E-Medikation läuft jetzt ab dem Bezirk Deutschlandsberg an

Norbert Meindl, Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark und Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, stand der WOCHE Deutschlandsberg Rede und Antwort. | Foto: Elke Meister
  • Norbert Meindl, Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark und Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, stand der WOCHE Deutschlandsberg Rede und Antwort.
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BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. Am 8. März startet die schrittweise Ausrollung der flächendeckenden E-Medikation als weitere Funktion der elektronischen Gesundheitsakte ELGA ausgehend vom Bezirk Deutschlandsberg. Ziel ist bekanntlich ein Überblick der jeweiligen Medikamentengaben, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Mit dem Probebetrieb zur E-Medikation, leistete der Bezirk Deutschlandsberg ab Mai 2016 Pionierarbeit. 13 Ärzte und sieben von neun Apotheken im Bezirk wurden dazu auf freiwilliger Basis an Bord geholt. Dennoch war dieser Probebetrieb eher holprig und wurde von den niedergelassenen Ärzten im Herbst 2016 sogar gestoppt.
Die WOCHE Deutschlandsberg hat dazu Norbert Meindl, Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark und Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte befragt.

Wie ist das Resümee nach diesen knapp zwei Jahren Probebetrieb?

Es war ein schwieriger Start, weil am Anfang vieles nicht oder nur
schlecht funktioniert hat. Aber die Ärztinnen und Ärzte, die Apotheken
und die Softwarehersteller haben sich sehr engagiert beteiligt. Ganz
Österreich hat den Deutschlandsbergern viel zu verdanken.

- Der Probebetrieb im Bezirk Deutschlandsberg war ein steiniger Weg mit Unterbrechung. Einige der niedergelassenen Ärzte haben den erhöhten Arbeitsaufwand und die mangelhafte, technische Umsetzung bekritelt. Wie ist der aktuelle Stand in Bezug auf diese Kritikpunkte?

Da ist vieles besser geworden. Aber es gibt noch immer Softwarehersteller, die keine rundum gelungene Lösung anbieten können.
Laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger funktioniert die Software bei 80 bis 90 Prozent der Ärzte. Also funktioniert sie doch bei vielen 100 Ärzten, bezogen auf ganz Österreich, nicht oder nicht gut. Nur können die Ärzte kurzfristig daran nichts ändern. Der Wechsel des Softwareherstellers ist zeit- und kostenaufwändig. Nicht wenige Ärztinnen und Ärzte haben es aber trotzdem getan. Dank einer Vereinbarung zwischen Ärztekammer und Gesundheitsministerium bzw. Sozialversicherungen werden zumindest die Kosten für die Software-Erweiterung ersetzt. Das sind aber nur einmal 1.314 Euro und dann 20 Euro pro Monat für die Wartung bei Kassenärzten.

Wie hat sich der Probebetrieb bei den teilnehmenden Apotheken im Bezirk Deutschlandsberg entwickelt?

Da müssen sie vor allem die Apotheker fragen. Grundsätzlich ist aber die Herausforderung für die Apotheken noch größer als für Ärztinnen und Ärzte, weil es ja in der Apotheke vorher überhaupt keine Erfahrungen mit der E-Card gab.

Worin bestehen die Vorteile der E-Medikation für die Patienten?

Wenn sie funktioniert, erleichtert die E-Medikation die Überprüfung der Medikamente. Weil das System aber nicht lückenlos ist und keine direkte Wechselwirkungsprüfung enthält, ist sie bei Weitem nicht perfekt.

Kann man die Eintragung eines Medikamentes auch verweigern?

Einige 100.000 Österreicher haben sich von der elektronischen Krankenakte ELGA abgemeldet. Bei denen gibt es auch keine E-Medikation. Und jeder Patient kann die Aufnahme bestimmter Medikamente in seine E-Medikationsliste verweigern.

Wo bestehen weitere Lücken bei der E-Medikation?

Die Spitäler sind noch nicht dabei. Bei Hausbesuchen – auch in Pflegeheimen – gibt es keine Eintragung. Da kommt schon einiges zusammen.

Es gibt ca. 360 wechselwirkungsrelevante Medikamente, die ohne
Rezept ausgegeben werden können. Werden diese in die E-Medikation
aufgenommen?

Wenn der Patient es will. Aber er muss dann die E-Card in der Apotheke mithaben und er muss die Eintragung wollen. Viele aber wollen das nicht.

Ein aufklärendes Gespräch mit dem jeweils behandelnden Arzt bleibt
also nach wie vor das Um und Auf?

Ärztin oder Arzt müssen die Patientin bzw. den Patienten immer fragen, ob wirklich alle Medikamente in der Liste sind. Also ist das Gespräch weiterhin äußerst wichtig. Die E-Medikation ersetzt es nicht, sondern ist nur eine Ergänzung.

Was ist Ihr Appell an die Patienten?

Die Eigenverantwortung des Patienten für die Medikamente gibt es trotz E-Medikation weiterhin. Wenn jemand bei ELGA ausgestiegen ist, soll er es sagen. Der Arzt bekommt sonst beim Versuch der Eintragung in die E-Medikation nur eine auf den ersten Blick unerklärliche Fehlermeldung. Aus Datenschutzgründen für den Patienten sagt das
System dem Arzt ja nicht, dass der Patient aus ELGA und E-Medikation ausgestiegen ist. Die E-Medikation kann Erleichterungen bringen, aber die E-Medikation ist kein Allheilmittel.

So funktioniert die E-Mediaktion

Besteht ein aufrechtes Behandlungsverhältnis und haben sich die Patientinnen und Patienten nicht von ELGA bzw. dieser ELGA-Funktion abgemeldet, können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die E-Medikationsliste ihres Patienten einsehen und auf dieser Grundlage neue Verordnungen auf Wechselwirkungen prüfen. Neu verordnete Medikamente werden in der E-Medikation gespeichert, und die Patienten erhalten ein Rezept mit einem Code. Durch Scannen des Codes auf dem Rezept kann die Apotheke die Abgabe der verordneten Medikamente in der E-Medikation ihrer Kundinnen und Kunden speichern. Wenn die e-card in der Apotheke gesteckt wird, kann die gesamte E-Medikationsliste für eine Wechselwirkungsprüfung oder Beratung abgerufen werden und rezeptfreie Medikamente können eingetragen werden.
Die E-Medikationsdaten werden zentral und verschlüsselt im Verantwortungsbereich der Sozialversicherung gespeichert.

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