Kritisches Kabarett am Lande

- Otto Köhlmeier mit seinem Programm "68er" (50 Jahre Flower-Power) in Nestelbach bei Graz.
- hochgeladen von Reinhard Gruber
Ich kannte das neue Programm von Otto Köhlmeier über die „68er“-Jahre bereits. Und war deshalb gespannt, wie so ein – zwar sehr unterhaltsames, sehr vergnüglich aufbereitetes, aber doch kritisches („linkes“?) – Programm draußen auf dem Lande ankommt. Und machte mich deshalb auf nach Nestelbach, wo das Programm am Vorabend eines zweitägigen Dorffestes, faktisch als Auftakt zu diesem, geboten wurde. Und war – ehrlich gesagt – total überrascht.
Der Saal im Gemeindezentrum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Trotz Enge und Hitze saßen die Leute zwei Stunden gebannt im Raum und lauschten dem Vortrag, den Ausführungen des Schauspielers und Kabarettisten. Man hörte interessiert zu, wenn der in Vorarlberg geborene und aufgewachsene Köhlmeier vom „Ländle“ und seiner religiös-autoritären Erziehung erzählte. Man schmunzelte und hatte seinen Spaß, wenn er im Dialekt der „Gsi-berger“ von seinen ersten Flower-Power-Erlebnissen berichtete. Und man lachte laut auf, wenn er sich über manche 68er-Ereignisse lustig machte und sich selbst ein klein wenig durch den Dreck zog. Und man war am Ende des Programms – auch in Nestelbach, auch am Lande – zutiefst betroffen, als Köhlmeier die heutige Welt zu etwas mehr Zivilcourage im Sinne der damaligen 68er-Bewegung aufforderte. Kurz: Man unterhielt sich einerseits köstlich und hatte viel, viel Spaß. Und nahm andererseits jede Menge an Informationen auf, jede Menge an Wissen über eine wichtige historische Epoche mit nach Hause. Und kam durchaus zum Nachdenken. Und dankte dafür dem Vortragenden, Erzähler, Schauspieler und Kabarettisten mit riesigem Applaus. Und erzwang eine Reihe von Zugaben.
Fazit: ein kritisches Programm wird durchaus auch auf dem Lande verstanden und gut geheißen. Es muss nicht immer nur "Bauerntheater" sein.
R. Gruber
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