Insolvenz

Leib & Söl: "Nur durch Hilfe haben wir Überlebenschance"

Der Alpenländische Kreditorenverband gab im November bekannt, dass der gemeinnützige Verein "Leib & Söl – Verein zur Förderung der Gemeinschaft" beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt hat. Nun spricht ein Mitarbeiter mit MeinBezirk.at darüber, wie es dazu kommen konnte. 

GRAZ-UMGEBUNG/WEIZ. Gefühlt wurden 2022 so viele Insolvenzen wie kaum zuvor angemeldet. Der Krieg und die Wirtschafts- und Energiekrisen sorgten bei unzähligen Unternehmen für Druck. Doch der Schein trüg: So hatte René Jonke, Leiter des KSV1870-Standortes Graz und der Region Süd, relativiert (wir haben berichtet), denn im Vergleich zum "Normaljahr 2019" sind die Involvenzanmeldungen in Graz-Umgebung und Graz unter dem Wert.

Neue Gelder, neue Herausforderungen

Ein Betrieb, der ebenso 2022 ins finanzielle Schlittern geriet, ist der gemeinnützige Verein Leib & Söl, der Tagesförderstätte in Frohnleiten, Passail und Weiz, hier gibt es auch einen Trödlerladen, führt und wo Menschen mit körperlicher oder intellektueller Beeinträchtigung betreut und durch Beschäftigung in Form von Arbeit, Förderungen und Begleitung bestmöglich in den Alltag und die Gesellschaft integriert werden. Nun meldete sich ein Mitarbeiter: Sozialfachbetreuer Christoph Zetinigg erklärt, wie es dazu kam.

Mehr Hintergrundinfos gibt's hier nachzulesen:

Die Betriebe des Vereins Leib & Söl finanzieren sich zum größten Teil, gut 90 Prozent, aus Tarifen, welche in der Leistungsverordnung zum steiermärkischen Behindertengesetz (kurz LEVO) festgelegt sind. 2011 wurden im Rahmen von Einsparungsmaßnahmen des Landes diese Tarife um 25 Prozent gesenkt.  Um die nun fehlenden Einnahmen zu kompensieren, wurde als einzige Maßnahme eine weitere Tagesstätte – der Trödlerladen in Weiz – eröffnet. "Ziel mit dieser Tagesstätte war es, mit dem Verkauf von Altwaren und Räumungen von Hinterlassenschaften zusätzliche Einnahmen zu lukrieren. Bei einem damaligen Umsatz von rund einer Millionen Euro war natürlich kaum realisierbar, die fehlenden Einnahmen mit dem Trödlerladen zu kompensieren", sagt er Zetinigg.

"Nur durch Hilfe der Menschen, die mithelfen möchten, diesen Strömungen entgegenzuwirken, in Form von Spendensammlungen, haben wir noch eine Überlebenschance, mit dementsprechender monetärer Unterstützung den Verein aufrechtzuerhalten und weiterzuführen, denn mitsamt allen Angehörigen des Vereins Leib & Söl sind weit über tausend Menschen davon betroffen."
Christoph Zetinigg

Unentgeltliche Arbeit leisten

"Mit unserem erfahrenen und gut ausgebildeten Personal und einem hohen qualitativen Betreuungsstandard verbinden sich entsprechenden Personalkosten. Die Personalkosten im Vergleich zu den Tarifen der LEVO ergeben leider einen sehr niedrigen Deckungsbeitrag." Bei den jährlichen Tarifanpassungen soll es seitens der Politik zur Versäumung von Lohnkostensteigerungen gekommen sein. Gleichzeitig sei es zu einigen Umstellungen gekommen. Dazu zählen etwa die Umstellung auf E-Rechnungen, wodurch sich vermehrte Personalkosten für die IT ergaben, oder bauliche Adaptionen, um die Tagesstätten auch gänzlich barrierefrei gestalten zu können.

Darüber hinaus war sowohl die Pandemie als auch der stets steigende Personalmangel Grund, die Finanzen genauer im Auge haben zu müssen. "Zusammengefasst kann gesagt werden, dass auch wir, der ehrenamtliche Vorstand des Vereins Leib & Söl, an unsere Grenzen gekommen sind, die wir tausende unentgeltliche Stunden pro Jahr für den Verein leisten, zusätzlich privat dafür haften, und wir es uns in Zukunft sehr gut überlegen werden, diese ganzen Probleme und ständigen Kostenreduktionen auf unsere Schultern zu nehmen und ehrenamtlich diese Lasten weiterhin zu tragen", zeigt sich Zetinigg verärgert.

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