PICTURE ON: Toast Langos mit Mandolinen

Russkaja zogen in Bildein wie ein (Psycho-)Traktor übers Feld. Die Ernte fiel in Form von Applaus gewaltig aus.
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  • Russkaja zogen in Bildein wie ein (Psycho-)Traktor übers Feld. Die Ernte fiel in Form von Applaus gewaltig aus.
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Von Bürgermeistern, Spucke und Traktoren - das Picture-on-Festival (extended version) 2011 im burgenländischen Bildein ist Geschichte. Die WOCHE schrieb diese ein wenig mit.

Es ist wieder mal Sonntag - 10.45 Uhr um exakt zu sein. Im Kombi, Baujahr 1994, roch es schon mal um Nuancen besser. Egal, allemal feierlicher als im feuchten Zelt aufzuwachen. Im Geldbörserl, das man nach krampfhafter Suche neben der Zahnpasta, dem zerknüllten Timetable und zwei Birnen erspäht, herrscht gähnende Leere. Dafür klebt noch jede Menge Popcorn vom Fünf-Uhr-Snack auf der Weste. Und das nicht zu knapp. Muss schließlich nicht immer das klassische Wiener-Frühstück sein. Der "hantige" Kaffee würde der Mundflora, zu deren Mikroorganismen sich an diesem Morgen geschmacklich eine Horde toter Katzen gesellt hat, ohnehin den Rest geben.
In der Außenwelt, dem "grenzenlosen" Bildein, einen zarten Steinwurf von Ungarn entfernt, ist die gewohnte Idylle eingekehrt. Am eigenen, mittlerweile traditionellen Parkplatz direkt neben dem Friedhof (daneben gibt es ein Klo) beziehungsweise dem örtlichen Tank- und Waschautomaten säubern im Viertelstundentakt, noch vor Einnahme der Frittatensuppe, Einheimische ihre Allrad-Jeeps, ein Ehepaar aus Salzburg verzweifelt an der Bedienung der Diesel-Tanke und zieht ohne Sprit und im Streit wieder vom Acker.
Ans aktuell auf drei Tage erweiterte Festival erinnert visuell bloß der passierende Traktorfahrer, der gestern noch den großen Radler serviert hat.
Man fühlt sich ungewohnt fit nach der Festivalnacht, die einer gutbürgerlichen
burgenländischen "Unterhoidung" mit großen Gästen ähnelte - Berührungsängste dabei Fehlanzeige.
Das Festivalband von Bürgermeister Walter Temmel persönlich ans Handgelenk geschnallt, fühlte man sich spätestens beim unverkennbaren Geruch von Toast Langos wieder zuhause. Den Genuss dessen ließ man ob der anhaftenden Duftmarke präventiv bleiben.
"Wurscht" - kommen wir zum Wesentlichen. Samstag, ca. 17 Uhr: Im Gegensatz zu den Vorjahren keimt schon auf den ersten Metern nach dem obligatorischen Sicherheitscheck am Eingang das Gefühl auf, dass das Treiben schon mal bunter war. Schlecht für den Veranstalter, gut hinsichtlich annehmbarer Schlangen vor den WC-Anlagen, die im Gegensatz zu den für Festivals typischen Dixie-Klos eine erträgliche Anzahl an Folge-Ausschlägen etc. erhoffen lassen.

Gemischter Salat

Die Crowd ist ein gut gemischter Salat - vom Fünfjährigen, der auf den Schultern seines Metal-Papas headbangt, über Punks ohne Ablaufdatum bis hin zum von der absoluten Entspanntheit heimgesuchten und in Zeitlupe agierenden Extremchiller stellt jegliche Schicht und Subkultur ihr Aufgebot. Selbst eine rüstige Pensionistin flaniert über das Gelände.

Kurze Röcke

Im Apfelgarten geigen in bestem Lagerfeuer-Style "M4" auf. Sie covern einen Song von "Therapy", die sich 20 Meter von der Bühne entfernt die Ehre
geben. Gut gescheitelt, in roten Röhrenjeans und
mit ergrautem Bart ist Sänger Andy Cairns kaum wiederzuerkennen. Hat man ihn doch eine gute Ecke "aufgeschwemmter" in Erinnerung. Ist wahrscheinlich von Whiskey auf grünen Tee umgestiegen - eh besser so. "Jetzt kommen Katzenjammer", wird man rechtzeitig auf vier äußerst ansehnliche junge Norwegerinnen auf der Main-Stage aufmerksam gemacht. Der Soundcheck zieht sich in die Länge, die Röcke in die Kürze. Was folgt, verdient das Prädikat "erste Sahne." Nach dem Motto "Jede darf mal ran" werden Banjo, Mandoline, Ukulele, Bass-Balalaika, Schlagzeug und was auch immer durchgereicht - ein Potpourri aus Folk, Rock, Polka etc. aufgetischt, ohne aufgewärmt zu wirken. Das Quartett hat sein Handwerk nicht nur gelernt
sondern studiert - das umwerfende Temperament dürfte angesichts der Authentizität schon in die Wiege gelegt worden sein. Und da soll noch wer was vom kühlen Norden faseln.

Rotzige Therapiesitzung

Richtig feucht geht es anschließend beim Set von „Therapy“ zur Sache.
Bassist Michael McKeegan speichelt die zu bemitleidenden Security-Mannen im Fotografen-Graben beherzt ein, beim finalen Basswurf auf die Box wird einer der Herren beinahe vom Viersaiter erschlagen. Nochmal Glück gehabt. Die Musik? Nichts Neues, aber das Altbewährte voll auf die Zwölf. "Nowhere" geht es für die Nordiren wohl noch länger nicht.

Sadomasochisten mit Tabak

Bekannte Gesichter beziehen in der Zwischenzeit die Apfelgarten-Bühne. Der "Sado Maso Guitar Club" schnallt sich die Gürtel um und erfreut sich regen Interesses. Wie gesagt, man kennt sie schon. Der personelle Mix aus Ex- und noch immer wankenden „Staggers“, „The Scarves“ plus dem Saitenvirtuosen Daniel Staber hat sich über die Grenzen der Grazer Heimat einen Namen gemacht und wäre wohl auf der Main-Stage besser aufgehoben gewesen. Bandleader Matthias Krejan, besser als "Shakin Matthews" bekannt, schien trotz begrenzten Gestaltungs-Rahmens über alle Maßen amüsiert und wurde nicht müde, die Anwesenden von einer Abwanderung zu Gentleman abzuraten. Angeraten wurde explizit der Genuss einer Marlboro oder sonstigem. Der guten Laune wegen.

Balkantraktor mit Drehschwindel

Diese kehrte auch beim letzten Griesgram im Zuge des musikalischen Live-Outros von „Russkaja“ ein. Auf die Flucht ging die tanzwütige Meute lediglich nach Aufforderung des Fronthünen Georgij Alexandrowitsch in Form eines Circle Pits. "Man solle sich vorstellen die Band sei ein Traktor, man selbst auf der Flucht davor", lautete die einstimmende Einweisung zum
geordneten Kreisel-Chaos. Nach dem Feuerwerk aus dem Osten lautet die Endstation Stadldisco mit DJ Nick. Ein Großteil der am Donnerstag zwecks NOFX eingetroffenen Meute bevorzugt das Zelt - eine Mütze Schlaf tut Not.
Selbst noch fit, lässt man die verlorenen Jugendtage zum x-ten Mal bei Blink 182 und Konsorten Revue passieren. Irgendwann ist trotzdem Schluss. Picture on heißt es nächstes Jahr wieder - 2012 vielleicht mit potenteren Publikumsmagneten...
Schaden würd's nicht, man meint es ja nur gut mit der Heimat.

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