Wie das Fliegen ein Leben verändert
Würde man im Wörterbuch unter Adrenalinjunkie nachschlagen, könnte dort der Name von Thomas Toperczer stehen. Der Gratkorner ist begeisterter Paragleiter – seit 2017 verbringt er jede freie Minute mit dem Fliegen. Seine Leidenschaft entdeckte er auf einem eher ungewöhnlichem Weg: durch einen schweren Motoradunfall.
Rückblick
Seit seiner Jugend ist der heute 31-Jährige von Motorrädern und Geschwindigkeit fasziniert. Wann immer es die Zeit zuließ, war Toperczer mit seinem Motorrad auf den Straßen und Rennstrecken unterwegs. Er fuhr Meisterschaften und stieg irgendwann auch in den Motorcrosssport ein.
Bis zum 24. Mai 2014: An jenem Tag hatte er einen Motoradunfall – er verletzte sich die Wirbelsäule und zog sich einen dreifachen Bandscheibenschaden zu. Es brauchte sieben Monate, bis er sich halbwegs von dem Unfall erholte. Danach stand fest, dass es mit dem Motorsport vorbei war. Dann im Sommer 2017 schlug ihm ein befreundeter Motorrad- Kollege und Paragleiter vor, er solle ihn bei einem Tandemflug begleiten.
Die Liebe zum Fliegen
Bereits nach wenigen Sekunden in der Luft packte ihn die Leidenschaft:
"Es war unbeschreiblich – eine Offenbarung."
Zehn Tage später hatte er eine komplette Ausrüstung fürs Paragliden zusammen und meldete sich für den Grundkurs an. Inzwischen besitzt der Gratkorner den Pilotenschein samt „Überlandsberechtigung“, der uneingeschränkten Erlaubnis zum Streckenfliegen. Als nächstes Ziel visiert er den Tandemschein an, der es ihm erlauben wird, auch gewerblich Tandemflüge anzubieten. Geschätzte 300 Flüge hat er in den vergangenen 18 Monaten schon hinter sich gebracht. Der Schöckl ist zwar "sein" Hausberg, aber auch in Kärnten, Tirol, Salzburg und Italien sind die Berge nicht vor ihm sicher. Was die Faszination des Fliegens für ihn ausmacht:
"Es ist die Mischung aus Freiheit und Adrenalin, der Perspektive von oben und dem Zusammenspiel der Naturkräfte die dort wirken - die Luft, der Wind. Der Kopf schaltet sich aus- in diesen Momenten bin ich zu 100 Prozent ganz bei mir."
Und beim Fliegen vergisst er für Stunden seine Schmerzen – denn seit dem Unfall ist Toperczer chronischer Schmerzpatient.
Bislang gab es nur eine Situation, in der es brenzliger wurde: Vom Schöckl aus startete er mit einem MiniWing, einem kleinen Flugschirm. Kurz nach dem Start klappte der Schirm aufgrund von starkem Seitenwind in sich zusammen. In dem Moment befand er sich in einer Höhe von zwei bis Metern, daher blieb es bei einer Fußverstauchung.
Für Toperczer ist Paragleiten dennoch ein sicherer Sport, weniger risikoreich als der Motorsport: "Wenn man sich an die Sicherheitsratschläge der Ausbilder hält, kann die Gefahr auf ein Minimum reduziert werden. Wer Abenteuer erleben will, für den ist Paragleiten absolut das Richtige. Die Grundlagen sind schnell erlernt und bereits nach kurzer Zeit kann man alleine fliegen."
Neue Perspektive
Aber nicht nur sportlich veränderte der Unfall das Leben des Gratkorners. In seinem früheren Leben war Toperczer Vertriebsmitarbeiter in einem namenhaften Grazer Unternehmen. Und erfolgreich in dem, was er tat. Doch durch die Spätfolgen des Unfalls fielen ihm längere Besprechungstermine schwer. Er entschied, die Situation zu ändern und begann neben eine Ausbildung zum Mental- und Persönlichkeitstrainer. Nach erfolgreichem Abschluss kündigte Toperczer seinen Job, bewarb sich für ein Gründerprogramm für Selbständige und erhielt die Zusage.
Gesichtslähmung
Als das Gründerprogramm begann, schlug das Schicksal erneut zu: Toperczer konnte sein linke Gesichtshälfte nicht mehr kontrollieren. Diagnose: Facialisparese (halbseitige Gesichtslähmung), Ursache: unbekannt. Mittels Cortison, logopädischer Therapie und Akupunktur konnten die Symptome vollständig beseitigt werden. Seine Motivation konnte das Erlebnis nicht ausbremsen: Er plante weiter seine Selbständigkeit. Im Mai diesen Jahres wird er nun sein Unternehmen „Your Skills“ gründen, das auf Mental - und Persönlichkeitstraining im Bereich Wirtschaft und Sport spezialisiert ist.
Tiefpunkte und Rückschläge gehören zum Leben dazu und sind unumgänglich. Es ist die Frage, wie man damit umgeht. Und das zeigt Toperczers Geschichte.
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