Runder Tisch zu A9-Ausbau
"Man darf nicht nur in Projekten denken"
Die steirischen Grünen luden am Freitag zu einem Austausch mit Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichen Bereichen. Damit wollten sie für eine Versachlichung rund um den Ausbau der A9 südlich von Graz sorgen. Es gebe Alternativen. Dafür brauche es aber eine mutigere Politik.
GRAZ-UMGEBUNG. Weil der Antrag für eine parlamentarische Enquete im steirische Landtag gescheitert ist, haben die Grünen am Freitag einen Runden Tisch zum Thema "Ausbau der A9 zwischen Graz-West und Wildon" veranstaltet. Geladen war eine hochkarätige Experten-Riege, darunter auch Martin Fellendorf, der Co-Autor der vom Land Steiermark beauftragten Studie "Alternativenprüfung zur Fahrstreifenerweiterung A9".
Keine eine einfache Lösung
"Es ist von Seite der Expertinnen und Experten deutlich untermauert worden, was uns von Beginn der Debatte über einen Ausbau der A9 wichtig war: Bei so einer wichtigen Frage müssen alle Aspekte betrachtet werden. Eine reine Verkehrsdebatte ist auf jeden Fall zu wenig. Es waren sich alle einig, inklusive dem Studienautor: Weitere Fahrstreifen machen zwar den Verkehr auf der Autobahn vorübergehend flüssiger, die Belastung auf den umliegenden Straßen wird dadurch aber nicht verringert", zeigte sich Gastgeberin LAbg. Sandra Krautwaschl mit dem Ergebnis des Austauschs zufrieden.
Alternativen berücksichtigen
Studienautor Martin Fellendorf von der TU Graz betonte zu Beginn, dass die Studie rein nur den Verkehrsaspekt beleuchtet hat. "Wenn man rein den Verkehrsaspekt betrachtet, ist ein dritter Fahrstreifen auf der A9 verkehrlich notwendig. Sonst würde sich die Anzahl der Staustunden stark erhöhen: Von 138 Stunden im Jahr auf über 370 im Jahr 2040, wenn kein Ausbau der Autobahn erfolgt", so Fellendorf. "Wir müssen Alternativen berücksichtigen, und die gehen über den Ausbau des öffentlichenVerkehrs hinaus, es bräuchte restriktive Maßnahmen wie etwa eine drastische Parkplatzreduktion und Geschwindigkeitsbeschränkungen".
Dafür brauche es ein hohes Maß an politischem Rückgrat. Karl Steininger vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel plädierte für eine ganzheitliche Betrachtung. "Als Politik und Gesellschaft sollten wir über Verkehrsfragen hinaus berücksichtigen, wie wir leben wollen. Es braucht einen größeren Blick darauf. Dann wird sofort klar: Ein dritter Fahrstreifen ist nicht alternativlos. Wir entscheiden als Steiermark selber wohin wir gehen und wie wir in Zukunft leben wollen. Hier braucht es mutigere Politik", so Steininger.
Raumordnung neu denken
Kritik kommt auch von Gerlind Weber von der Universität für Bodenkultur Wien. "Die Steiermark hat ein Problem in der räumlichen Entwicklung. Wir züchten einen Wasserkopf Großraum Graz heran. Während die Bevölkerung hier um zwölf Prozent zunehmen wird, verlieren viele ländliche Regionen ihre Bewohnerinnen und Bewohner." Weber kritisiert, das Land habe hier keine koordinative Aufgabe übernommen und müsse sich dringend seiner Koordinationsverantwortung bewusst werden.
Fahrradzonen wie in Fernitz-Mellach
Wesentliches Zukunftspotenzial sieht der Verkehrsplaner Markus Frewein von "Verkehrplus" vor allem auch in den Gemeinden selbst. "30 Prozent des Autoverkehrs findet zwischen den Gemeinden statt. Das ist ein unglaubliches Potenzial für den Radverkehr und den öffentlichen Verkehr. Wenn wir eine sichere und durchgängige Radinfrastruktur in den Gemeinden schaffen, bieten wir allen eine Chance, das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu nutzen. Die Erfahrungen mit der ersten Fahrradzone in Fernitz-Mellach zeigen unglaublich positives Feedback", betont der Verkehrsplaner.
Zeit als Faktor
"Was zählt, ist für die meisten Menschen der Zeitaspekt: Es ist zu befürchten, dass viele wieder von den öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Auto umsteigen, wenn es auf den Autobahnen schneller vorangeht. Genau das können wir uns aber nicht leisten, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen", meint Werner Prutsch vom Grazer Umweltamt abschließend.
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