Aus Liebe und Verbundenheit zum Dorfleben
Das Ehepaar Prettenthaler hat sich als Dienstleister alte Traditionen und Werte erhalten.
Die WOCHE war zum Interview beim Sparmarkt in Stiwoll, der von Marianne und Vinzenz Prettenthaler geführt wird. Dabei haben sie von der modernen Geschäftswelt erzählt, einem Räderwerk der Großkonzerne, wo Menschlichkeit langsam zwischen Anonymität und Selbstbedienungsschaltern versickert. Der Wert des Menschen geht verloren, ob als Arbeitskraft oder Konsument. Aber das Stiwoller Ehepaar führt sein Geschäft noch aufgrund alter Werte, die in unserer gewinn- und konsumorientieren Gesellschaft in Vergessenheit geraten sind. Als Kunde bei Prettenthalers Sparmarkt, erfährt man noch den persönlichen Service vergangener Zeiten.
Obwohl nicht viel Gewinn abfällt, machen sie es aus Liebe zum Dorf und den Nachbarn, sprich: aus Nächstenliebe.
WOCHE: Wie lange führen Sie dieses Lebensmittelgeschäft bereits?
Marianne: Seit 2007 führe ich dieses Geschäft mit der Unterstützung meines Mannes. Wir kommen beide aus anderen Berufsfeldern. Ich habe Friseurin gelernt und Vinzenz Koch-Kellner. Ich arbeite schon seit 27 Jahren hier. Als vor 8 Jahren das Unternehmen Stering die Geschäftsführung aufgab, bot er uns diese an. So wurden wir ins kalte Wasser geworfen. Aber ich glaube auch kaum, dass jemand, der nicht von hier ist, dies führen würde. Das Geschäft wirft kaum Gewinn ab, manchmal müssen wir noch selbst einen finanziellen Ausgleich schaffen. Wir machen es sozusagen aus Patriotismus und aus Liebe zu den Stiwollern.
Vinzenz: Wir sind gerne für die Stiwoller da und hoffen, dass sie unsere Bemühungen um sie zu schätzen wissen. Im Gegenzug wissen wir Ihre Treue zu schätzen.
Führen Sie aus diesem Grund auch dieses kleine Café?
Marianne: Vinzenz´ Traum, ein eigenes Café zu führen, ist im kleinen Rahmen wahrgeworden. Lange Zeit hat es in Stiwoll außer unserem Lebensmittelgeschäft keinen Treffpunkt gegeben. Früher verkauften wir dort Wolle und Stoffwaren, wo heute ein kleines gemütliches Café ist. Seit zwei Jahren gibt es wieder ein Gasthaus. Die Menschen kommen trotzdem, weil sie sich hier einfach wohlfühlen.
Was macht Ihr Geschäft attraktiv?
Marianne: Wir bieten in unserer Bauernecke regionale Produkte an, um den Einkauf bei uns schmackhafter zu machen. Es gibt natürlich viele, die in Graz arbeiten und gleich dort ihre Einkäufe erledigen. Aber unsere Stammkundschaft weiß die Übersicht in unserem kleinen Geschäft zu schätzen. Hier weiß sie gleich wo alles ist und muss nicht lange suchen.
Wie bleiben Sie wettbewerbsfähig?
Vinzenz: Während große Konzerne immer wieder ein jährliches Plus haben wollen, leiden darunter kleine Betriebe. Der Konkurrenzkampf der Großbetriebe erzeugt ein Preisdumping, dem wir uns nicht entziehen können. Während Großkonzerne davon ausgehen, dass die Kunden bei der riesigen Auswahl mehre Produkte kaufen, ist unser Sortiment sehr viel kleiner. Dazu kommen die Gutschein- und Prozentaktionen. Das gestaltet das Überleben schwierig.
Marianne: Um Mitternacht wird unsere Registrierkasse automatisch gewartet. So werden die Preise angepasst. Weil beispielsweise die Butter in einem anderen Unternehmen gestern günstiger angeboten wurde, darum kostet sie heute Morgen bei uns auch weniger. Es ist dabei schwierig selbst den Überblick zu behalten. Früher haben wir selbst Etiketten angebracht, da wussten wir jeden Preis auswendig. Heute wird der Verkauf immer unpersönlicher. Der Mensch verliert an Wert, Kassiererinnen werden durch automatisierte Kassen ersetzt. Vielleicht machen wir das deshalb noch, um die Menschlichkeit zu erhalten.
Wie gestaltet sich Ihre Kundenbetreuung?
Marianne: Erst heute Morgen hat ein älterer Kunde angerufen, und uns gebeten, ihm Lebensmittel zuzustellen. Das machen wir natürlich gerne. Mancher Stammkunde gibt uns seine Einkaufsliste ab und setzt sich in unser Café, während wir den Einkauf zusammenstellen. Für die gebrechlichere Generation tragen wir die Taschen zum Auto. Ich erinnere mich, dass wir früher alle Einkäufe selbstverständlich in die Kundenfahrzeuge eingeladen haben. Ganz so ist es nicht mehr und doch haben wir uns noch etwas von den alten Werten erhalten und bieten einen sehr persönlichen Service an, den es heute so kaum noch zu finden gibt.
Vinzenz: Besonders dankbar sind wir unseren Stammkunden, denn von der Laufkundschaft allein könnten wir nicht überleben. Wir möchten diese Möglichkeit nutzen und unseren Kunden frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.