Vor dem Auftritt wird gebetet
Mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt für Katholiken die Fastenzeit.
Bereits seit Wochen beschäftigt sich Christoph Scharl mit dem Leiden und Sterben Christi: der Feldkirchner steht mitten in den Proben zu den Passionsspielen, die am 11. März Premiere haben.
Feldkirchen gehört zu den acht bedeutendsten Passionsspielorten in Österreich. Vor mehr als vier Jahrzehnten vom im Vorjahr verstorbenen Pfarrer Monsignore Josef Gschanes gegründet, finden die Passionsspiele im Rhythmus von drei Jahren statt. Christoph Scharl ist mit den Spielen groß geworden, der Präsident der Schauspielgruppe stand bereits in Kinderrollen bei der Passion auf der Bühne, später als Krieger, Schächer oder Judas, in nunmehr dritter Saison verkörpert er Jesus - nicht nur bis zum bitteren Ende.
„Man kann die Rolle nicht spielen, man muss sie leben, das ist das Schwere daran“, spricht Scharl über seine Hauptrolle. Wie bei Profis, ist diese doppelt besetzt. Vor ihm teilten sich Feldkirchens Bgm. Erich Gosch mit seinem Bruder Werner die Rolle des Jesus, heute spielen Scharl und Roman Riedl abwechselnd den Part. Mit ihnen stehen über 150 Mitwirkende auf der Bühne. Ganze Familien machen hier ehrenamtlich mit. So auch Mama Roswitha, die als Gottesmutter Maria auf der Bühne schmerzhaft vor dem Kreuz kniet, bevor der letzte Vorhang fällt. Vater Alfred Scharl schlüpft heuer in die Rolle des Josef von Arimathäa, jenem heimlichen Jünger, der den Leichnam vom Kreuz nahm, um ihn ins Grab zu legen. Scharls Schwester spielt im Volk, seine Gattin Simone singt im Chor.
Die Last der Rolle bedrückt Scharl, einem Konsulenten im Projektmanagement, nicht. „Es ist unser gelebter Glaube und wir wollen damit auch die Botschaft hinaustragen, dass die Kreuzigung nicht das Ende ist, sondern der Anfang“, reüssiert der 33jährige. „Ich möchte in meiner Rolle die Gefühle des Publikums berühren, es ist kein Märchen oder eine erfundene Story, die wir auf die Bühne bringen, es ist die Geschichte der Erlösung“.
Seit zweitausend Jahren kennt man den tragischen Ausgang. Den Feldkirchner Passionsspielen gelingt es, in jeder Saison einen Glaubensbezug zur heutigen Zeit herzustellen. So werden heuer als Zwischentexte Aussagen von Papst Franziskus eingelesen. „Und wir stellen in dem Stück die Rolle der Frau stärker in den Mittelpunkt“, erklärt Scharl. Viel emanzipierter dürfen sich auf der Bühne Maria Magdalena, aber auch Claudia, die Frau des Pilatus geben.
Zur Routine ist die Rolle auch in dritter Saison nicht geworden, „ein bisschen Lampenfieber darf schon sein“, schmunzelt Scharl. Und während man sich in Theaterkreisen anderswo vor dem Auftritt dreimal über die Schulter spuckt, wird in Feldkirchen gebetet, bevor der Vorhang sich hebt. „Wir beginnen jede Aufführung definitiv mit einem Gebet“.
Infos 0664-9263535 oder www.ssgf.at.
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