Wie Musik uns berührt: Die Geigerin Lucia Froihofer im Interview

Foto: Robin Reynders

WOCHE: „Musik und Rhythmus finden ihren Weg zu den geheimsten Plätzen der Seele“: Dieses Zitat von Platon steht auf Ihrer Homepage. Wie schafft das Musik?
Lucia Froihofer: Musik berührt unsere Emotionen, sie ist eine Sprache, die außerhalb des Intellekts funktioniert. Musik wird von den meisten Menschen ähnlich empfunden: Sie kann uns zum Jubeln bringen oder zu Tränen rühren.

Bei welchem Lied haben Sie das erstmals erlebt?

Als Jugendliche waren es die Lieder von Leonhard Cohen: Diese erdige, dunkle Stimmung habe ich tief in mir gespürt. Aber auch Weihnachtslieder können uns sehr bewegen.

Nun stehen Sie beim Cirque Noël mit dem Stück „Seasons“ auf der Bühne. Worum geht es?
Wir erzählen Geschichten des Lebens, inspiriert von dem Zyklus der Jahreszeiten und den Bildern Breughels, die eine nicht reale, fantastische Welt zeigen.

Sie spielen hier mit Kollegen von der Neuen Hofkapelle Graz und einem spanischen Ensemble „barocke Popmusik“, was ist das?
Es ist Unterhaltungsmusik, die sich zum Teil über Jahrhunderte im Musikleben gehalten hat, wie zum Beispiel das noch heute bekannte Lied „Greensleeves“.

Dabei sind Sie Teil eines modernen Zirkus und stehen mit Artisten auf der Bühne. Was ist anders als bei einem „normalen“ Konzert?
Auf der Bühne passiert vieles gleichzeitig! Es ist schön, wie sich verschiedene Ausdrucksarten mischen: Die Artisten drücken sich mit ihren Körpern aus, etwa an Stangen, Seilen oder am Diabolo. Wir Musiker drücken uns über unsere Ins-
trumente aus. Wir alle erzählen Geschichten ohne Worte.

Wie sieht Ihr Alltag als Musikerin aus?
Wie oft spielen Sie? Ich habe meistens ein Konzert pro Woche. Außerdem unterrichte ich zwei Tage in der Woche an der Kunstuni und am J.J.F. -Konservatorium.

Wie oft üben Sie? Lesen das auch meine Studenten?
(lacht) Ich spiele einfach regelmäßig, aber an einem Tag pro Woche mache ich Pause.

Sie sind Konzertmeisterin der Neuen Hofkapelle Graz. Was ist Ihre Aufgabe?
Neben der Organisation des Orchesters bin ich mit meinem Kollegen gemeinsam für die künstlerische Arbeit im Ensemble zuständig. Im Konzert leite ich das Orchester, lasse aber Raum für jede und jeden, die Musik spontan mitzugestalten. Es ist immer eine Interaktion mit allen – wir spielen einfach miteinander.

Sind „Machtpositionen“ in der Musikbranche eher von Männern besetzt?
Ja! Wenn in einem Orchester zehn Geiger spielen und neun davon sind Frauen, ist meistens der Mann der Konzertmeister.

Haben Sie sich als Frau jemals „anders“ behandelt gefühlt?
Männer gehen mit Männern anders um als mit Frauen, bei Frauen ist das umgekehrt genauso. In einer männlichen Diskussionsrunde muss ich mich als einzige Frau anders verhalten, um wahrgenommen zu werden. Grundsätzlich will ich aber nicht meinen „Mann“ stehen müssen, ich will meine Stärke als Frau zeigen. Was Stärke ist, wird ja oft männlich definiert. Wir alle dürfen eine weibliche Sicht von Stärke nicht vernachlässigen.

WOCHE-WORDRAP
Mein erster Gedanke in der Früh: Guten Morgen, Sonnenschein ... ?
Als Kind habe ich davon geträumt: Zum Zirkus zu gehen!
Ein Lied, bei dem ich lauthals mitsinge: „I Will Always Love You“ von Whitney Houston
Als Comic-Figur wäre ich: Eine Prinzessin, die in Wirklichkeit ein Zigeunerfindelkind ist.

STECKBRIEF
- geb. 21.9.1975
- studierte Violine und Instrumentalpädagogik an der Kunstuni Graz und Barockvioline in Leipzig.
- gründete und leitet die Neue Hofkapelle Graz, Neue Volxmusik spielt sie mit der Gruppe Spafudla.

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