Ganz allein schlafen …
Ihr Kind will jede Nacht bei Ihnen schlafen? Wie der Weg ins eigene Bett gelingen kann.
Grundsätzlich strebt jeder Mensch nach Unabhängigkeit. Auch Ihr Kind will irgendwann alleine schlafen. Abhängig ist das auch davon, wie viel Unabhängigkeit wir Kindern zumuten. Selbstständigkeit entsteht aber nur auf Basis gesicherter Beziehungen und dem Gefühl, ein sicheres Nest zu haben. Der Körperkontakt zu den Eltern ist wichtig: Beim Aneinanderschmiegen wird das Beziehungshormon Oxytocin ausgeschüttet, das unentbehrlich für unsere Entwicklung ist. Damit Kinder alleine schlafen, brauchen sie die Erfahrung, bei ihren Eltern gut aufgehoben zu sein. Wann sind Sie reif dafür? Möglich ist es ab dem ersten, empfehlenswert ab dem dritten, vierten Lebensjahr. Entscheidend ist die Beziehungsqualität: Wenn alleine schlafen den Abbruch von körperlichem Kontakt bedeutet, geht es schief. Wenn körperliche Nähe gegeben ist, kann man früher damit beginnen. Vorzeitiges Alleineliegen und Weinen kann Kinderseelen ebenso verletzen wie wenn man ihnen das Alleinesein nicht zutraut.
So gelingt es
1. Treffen Sie mit Ihrem Kind die Entscheidung zum Alleineschlafen. Sie sollten sicher sein, es ihm zumuten zu können und souverän bei ihm präsent sein zu können.
2. Die liebevolle Beziehung ist den ganzen Tag über wichtig. Wenn sich Ihr Kind sicher fühlt, traut es sich, eigene Schritte zu machen.
3. Schaffen Sie an dem Platz, an dem das Kind schlafen soll, eine schöne Atmosphäre: durch warmes Licht, flauschige Stoffe, Kuscheltiere…
4. Gehen Sie Schritt für Schritt vor: Das Kind kann anfangs in seinem Bett im Elternzimmer schlafen. Aber bleiben Sie bei Ihrem Schritt.
5. Wenn Ihr Kind nach zehn Minuten vor Ihnen steht, bringen Sie es behutsam, aber entschieden in das eigene Bett zurück. Bleiben Sie ruhig und liebevoll.
6. Führen Sie ein Schlafen-Geh-Ritual ein. Dabei dürfen magische fünf Minuten nicht fehlen, in denen Sie Ihrem Kind versichern: Bei Ihnen wird es immer geborgen sein. Eine Gute-Nacht-Geschichte sollte dazugehören. Führen Sie fixe Schlafenszeiten ein, in denen Sie sich Zeit für Ihr Kind nehmen.
7. Sollte das Alleine-Schlafen durch Monster oder andere Ängste gefährdet sein, unterstützen Sie Ihr Kind liebevoll. Gute Kinderbücher können helfen (siehe: www.ikjf.at). Erkennen Sie die Leistungen Ihres Kindes, alleine zu schlafen, an. Das gibt Kraft und Selbstbewusstsein.
DER EXPERTE
Dr. Philip Streit ist Psychologe, Psychotherapeut und Lebens- und Sozialberater.
Seit 20 Jahren leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das größte Familientherapiezentrum der Steiermark.
Jede Woche beantwortet er in der „WOCHE“ eine Frage rund um Erziehung und Beziehung.
Ihre Anregungen und Fragen können Sie per E-Mail an die Redaktion schicken:
elisabeth.poetler@woche.at
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.