Helfer in der Krise: Zuhören, da sein und Halt geben

Jolande Sedlak und andere freiwillige Helfer des Kriseninterventionsteams sind im Rathaus anzutreffen | Foto: KK
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  • hochgeladen von Elisabeth Pötler

Jolande Sedlak (53) hat in viele Gesichter geblickt: Manche Menschen haben geschwiegen, einige geweint, aus anderen ist ein Wortschwall herausgebrochen. Sie hört zu und gibt Halt. Von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr ist sie an diesem Tag im Grazer Rathaus für die Menschen da, die das Unbegreifliche zu verarbeiten versuchen.
Sedlak ist eine von bis zu 62 ehrenamtlichen Mitarbeitern des Kriseninterventionsteams (KIT) des Landes Steiermark, die nach der Amokfahrt pro Tag im Einsatz sind. Bis Samstag sind sechs Mitarbeiter hier im Rathaus anzutreffen, einige sind auch in der Herrengasse vor Ort. "Viele Menschen, die zu uns kommen, haben die Geschehnisse selbst miterlebt", sagt Sedlak. Es waren etwa viele Verkäufer hier, die an dem Tag Dienst hatten, ebenso wie Arbeitskollegen des verstorbenen Mannes. Es kommen Eltern mit ihren Kindern im Volksschulalter, Pensionisten …
Was die Leute eint: Ein Gefühl der Hilflosigkeit. Doch Hilfe zu suchen, kostet oft Überwindung: "Wenn man einen verletzten Arm hat, holt man schnell Hilfe. Wenn man aber eine verletzte Seele hat, ist das nach außen nicht sichtbar, da hat man Hemmungen", sagt Sedlak.

Das Wohnzimmer
Einer, der Samstag zu Mittag kurz vor Ort in der Herrengasse war, ist ihr Kollege Harald Fuchs. "Wir sind gleichzeitig mit der Landespolizei alarmiert worden. Die Menschen sind im Schock am Boden gesessen, haben geradeaus gestarrt." Nach einer Stunde waren schon 38 Mitarbeiter im Einsatz.
Wie man helfen kann? "Da sein, sich zu den Menschen setzen und Verständnis für sie haben", sagt Edwin Benko vom KIT, der den Einsatz koordiniert. "Trösten kann man in so einer Situation nicht. Man kann nur sagen: Ja, das ist einfach furchtbar." Sein Telefon läutet auch alle drei Minuten. "Einen derartigen Einsatz haben wir in Graz noch nie erlebt. Wir haben schon Hunderte persönliche Gespräche geführt."
Besonders schlimm ist der Vorfall, weil er im Herzen der Stadt passierte. "Es ist als ob man im eigenen Wohnzimmer überfallen wird, das Sicherheitsgefühl ist weg", meint auch Sedlak.

Worte und Rituale
Was Benko den Leuten sagen möchte: "Ihre Reaktion ist normal – es ist normal, dass man nach solchen Erlebnissen nicht schlafen kann, immer wieder daran denkt. Was nicht normal ist, ist das Geschehene."
Hilfreich sind etwa immer Gespräche mit anderen Menschen (siehe links). Und wenn die Worte fehlen, können Rituale und Gesten den Gefühlen Ausdruck verleihen: Etwa in Form von Blumen, die man hinterlegt oder einer Kerze, die man anzündet.

Jolande Sedlak und andere freiwillige Helfer des Kriseninterventionsteams sind im Rathaus anzutreffen | Foto: KK
Harald Fuchs und Edwin Benko vom Kriseninterventionsteam | Foto: geopho
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