Integration in der Schule: "Die Schule muss sich den jeweiligen Gegebenheiten anpassen können!"

Jede Schule hat eigene Bedürfnisse, auf die auch individuell eingegangen werden sollte, findet Alexander Loretto. | Foto: KK
  • Jede Schule hat eigene Bedürfnisse, auf die auch individuell eingegangen werden sollte, findet Alexander Loretto.
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Der Schulleiter der VS St. Andrä wünscht sich, unkonventionell auf Veränderungen reagieren zu können.

Die WOCHE hat vorgelegt und die Stadt redet darüber: Vor allem in den Grazer Bezirken Lend und Gries liegt der Anteil der Schüler mit nicht deutscher Muttersprache oft über 50, manchmal sogar bei über 90 Prozent. „Mehr kulturelle Vielfalt schon in den Schulklassen!“, forderte deshalb Ali Kurtgöz, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde in der letzten WOCHE-Ausgabe. Durch einen höheren Anteil einheimischer Schüler würde es ihm zufolge auch Kindern mit anderen Muttersprachen leichter fallen, Deutsch zu lernen und die österreichische Mentalität zu verstehen.

„Kinder sind Kinder“

Auch für Alexander Loretto ist klar, dass ein kleinerer Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund pro Klasse auch deren Sprach-erwerb erleichtern würde: „Die Kinder brauchen Sprachvorbilder“, so der Direktor der Volksschule St. Andrä (Info rechts) im Bezirk Gries, deren Schüler beinahe zu 100 Prozent eine andere Muttersprache als Deutsch haben.
Die Herkunft der Schüler spielt für den Grazer allerdings keine Rolle: „Kinder sind Kinder, die haben keine Probleme miteinander, wenn es ihnen nicht von Erwachsenen vorgelebt wird. Wenn sie miteinander Völkerball spielen, ist es ganz egal, woher sie kommen.“

Mehr Individualität
Um diese Kinder aber noch besser als bisher unterstützen zu können, fordert Loretto jetzt: „Die Schule muss sich den jeweiligen Gegebenheiten anpassen können!“ Laut dem Pädagogen sei es manchmal problematisch, wenn manche Entscheidungen von oben herab getroffen werden, ohne über die jeweiligen Umstände Bescheid zu wissen: „Ich kenne meine Schule, die meisten Experten nicht. Mir wäre es deshalb lieber, wenn ich auch öfter gefragt werden würde“, so der Pädagoge. „Wir bekommen zwar Ressourcen, haben aber manchmal zu wenig Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung.“

Sprachförderklasse
Als Beispiel nennt er die fehlende Möglichkeit, im Bedarfsfall eine Sprachförderklasse einrichten zu können. „Momentan sprechen viele der Kinder sehr gut Deutsch“, erzählt Loretto. Allerdings könne es vorkommen – etwa im Fall einer Flüchtlingswelle – dass kurzfristig mehrere Kinder an der Schule angemeldet würden, die die Sprache noch gar nicht sprechen. „Dann würde es Sinn machen, diese zwischenzeitlich in einer Sprachförderklasse zusammenzuziehen, um sie auf den regulären Unterricht vorzubereiten.“ An einer Schule mit einem geringeren Anteil an nicht-deutschsprachigen Schülern wäre diese Maßnahme aber nicht zielführend: „Wenn sowieso nur fünf Kinder nicht Deutsch können, dann lernen sie die Sprache am besten, wenn sie auf die anderen Klassen mit vielen Sprachvorbildern verteilt werden.“

Verstärkt auf Wünsche eingehen

Deshalb sollten die zuständigen Stellen bei Stadt und Land laut dem Schulleiter verstärkt auf standortspezifische Wünsche eingehen können: „Aber natürlich nur, wenn ein Anliegen auch wirklich berechtigt ist und gut begründet werden kann.“

Gelebte Integration

So würde Loretto gerne auch ein Projekt wieder ins Leben rufen, bei dem Schüler aus der Andrä-Schule vor einigen Jahren gleichaltrige Kinder in deren Volksschule in Flöcking im Bezirk Weiz besuchen konnten: „Natürlich waren die Kinder zuerst ein bisschen schüchtern, aber innerhalb kürzester Zeit haben sie miteinander gespielt und die Eltern haben für die muslimischen Schüler sogar eine Jause ohne Schweinefleisch vorbereitet“, so Loretto, laut dem Herkunft, Hautfarbe und Religion dabei überhaupt keine Rolle gespielt haben: „Schulkinder aus der Stadt haben Schulkinder am Land besucht.“ Man könnte es auch gelebte Integration nennen.

WOCHE Wissen

Die Volksschule St. Andrä:
Alexander Loretto leitet die Schule seit 14 Jahren und war dort davor schon vier Jahre Lehrer.
Standort der Schule ist die Grenadiergasse 1, 8020 Graz.
Aktuell 155 Schüler in 8 Klassen
Etwa ein Drittel davon spricht zuhause Türkisch, jeweils 24 Kinder sprechen Serbokroatisch und Tschetschenisch, jeweils 12 Arabisch und Albanisch.
Dazu kommen noch zehn weitere Sprachen.

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