Von Leuchttürmen und frischem Wind

Die „Lange Nacht der Kirchen“ ist ein Mega-Event, das Tausende Besucher anlockt. Wie erklären Sie dieses Echo?
Man kann die Pfarren einmal anders erleben, sich vom Kirchenturm abseilen oder Hostien backen. Es gibt auch eine Vespa-Tour von Kirche zu Kirche und eine Zeichen-Tour mit Pfarrer Pucher, bei der man Bilder malt. So sprechen wir Leute an, die sonst nicht in die Kirche kommen.

Soll Kirche Spaß machen?
Ich würde sagen: Freude. Sie soll erfrischend sein. Die Pfarren lassen sich viel einfallen. Es gibt fröhliche, aber auch ruhige Veranstaltungen, wie Meditationen, die gut ankommen.

Der gemeinsame Nenner hinter den 500 Veranstaltungen?
Kirchen sind nicht nur Gebäude, Kirche ist etwas Lebendiges und Buntes. Tausende Ehrenamtliche aus den christlichen Kirchen und Gemeinschaften bereiten eine unglaubliche Programmfülle vor. Außerdem melden sich auch immer mehr Musiker und Künstler, die gerne mitwirken wollen.

Warum ist heuer auch eine Oldtimer-Straßenbahn unterwegs?
Weil wir damit viele Grazer Kirchen entlang der Linie 3 anfahren können und die Menschen darin zu einem Gespräch über „Gott und die Welt“ einladen wollen.

Es wird sogar Graffiti gesprayt.
Ja, bei der Kreuzkirche gestaltet Streetartkünstler Robin ein Graffiti, das Jesus Christus mit einem Schild und den Worten „Brauchst du was?“ zeigt. Das sagen Dealer im Volksgarten, es ist aber auch die christliche Botschaft, dass Jesus Hilfe für das eigene Leben anbietet.

Finden Sie es schade, dass man diese Seite der Kirche nur einmal im Jahr erleben kann?
Diese Vielfal kann man ja auch unter dem Jahr in den Pfarren und Gemeinden immer wieder erleben, aber komprimiert und ergänzt durch besondere Highlights in der Langen Nacht der Kirchen.

Muss Kirche zum Event werden, um Leute anzulocken?
Es geht nicht nur um eine Veranstaltung, sondern um die Einladung, das „Ereignis Kirche“ zu erleben. Es braucht diese Leuchttürme, um zu zeigen, was es alles gibt. Wir wollen nicht um jeden Preis etwas Außergewöhnliches machen, aber durchaus etwas wagen und für die Begegnung mit allen offen sein – das ist auch ganz im Sinne von Papst Franziskus.

Welche Bedeutung hat der Glaube in Ihrem Leben?
Neben meiner Familie gibt mir der Glaube am meisten Halt. Ich fühle mich getragen und habe Vertrauen in Gott und das Gute. Auch in meiner Familie war der Glaube stets wichtig. Ich habe etwa auch 20 Jahre einen Kirchenchor geleitet.
 
Sind Sie zufrieden mit der Position, die Frauen in der katholischen Kirche haben?
Ich empfinde es so, dass ich als Frau in der Kirche viele Gestaltungsmöglichkeiten habe.

Welche Innovationen würden Sie sich in der Kirche wünschen?
Man könnte zum Beispiel die Sprache modernisieren. Es stellt sich die Frage, wie viele Menschen wissen, was „gebenedeit“ heißt. Man sollte versuchen, näher bei den Menschen zu sein.

Sie managen den Bereich „Kirchen Kultur“. Sind Ihnen Kunst und Musik wichtig? Ja! Ich war das erste Mädchen in unserem Blasmusikverein in der Obersteiermark. Später habe ich Musikwissenschaft und Kunstgeschichte studiert und in Wien das Wiener Volksliedwerk aufgebaut. Dabei konnte ich Künstler wie Gerhard Bronner kennenlernen. Ich habe auch das Wienerlied-Festival „wean hean“ mitbegründet, das nun sein 15-Jahr-Jubiläum feiert. Wir wollten zeigen, wie großartig diese Musik ist und sie für junge Menschen interessant machen.

Die Balance zwischen Tradition und Neuem ist also ein Thema, das sich durch Ihr Leben zieht.

Ja. Wie beim Wienerlied, das in Vergessenheit zu geraten drohte, ist es mir wichtig, auch mit der Langen Nacht der Kirchen zu zeigen, dass Altes nicht verworfen werden muss, um für Neues offen zu sein.

STECKBRIEF
- geb. am 12. April 1966
- organisiert nun zum 8. Mal
die „Lange Nacht der Kirchen“
- zuständig für den Bereich
„Kirchenkultur“ der Katholischen Kirche Steiermark
und für die Öffentlichkeitsarbeit der Grazer Kirchen

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