"Lasse mich nicht enteignen"
Widerstand gegen Umwidmungspläne der Stadt
Seit Kurzem liegt der Entwurf des neuen Flächenwidmungsplans der Öffentlichkeit vor. Weil mit diesem ihre Gewerbefläche langfristig in Grünraum umgewidmet werden soll, setzt sich eine Besitzerin zur Wehr.
GRAZ/GRIES. Während sich hierzulande zwischen Weihnachten und Neujahr traditionell recht wenig tut, sorgte just am 28. Dezember unerwartete Post für Aufregung. "Bei uns ist ein Schreiben vom Stadtplanungsamt eingegangen, in dem wir informiert wurden, dass mit der Änderung des Flächenwidmungsplans eine Rückwidmung von unserem Betriebsgrundstück angedacht ist", erzählt Maria Gaberszik vom gleichnamigen Autohaus in der Fabriksgasse.
Der nächste Schreck ereilte die Unternehmerin bei der Einsichtnahme in den Entwurf, wo ihr Firmengelände als Grünfläche ausgewiesen wird. Auf Rückfrage wurde Gaberszik bestätigt, dass dies seine Richtigkeit habe, aber sie beruhigt sein könne, da es sich lediglich um eine Nachfolgenutzung handle. Das bedeutet, dass die Umwidmung von Gewerbe- in Grünfläche erst dann vollzogen werde, sollte das Autohaus eines Tages seinen Betrieb einstellen.
Wirklich entspannt hat diese Auskunft die Firmenchefin allerdings nicht, die logischerweise mit einem deutlichen Wertverlust ihres Grundstücks in einem solchen Fall rechnet. Prinzipiell befürworte sie mehr Grünraum im Bezirk, dafür gebe es rundherum auch ausreichend ungenützten Platz. Doch: "Wir haben zwar eine kommunistische Regierung, aber ich lasse mich nicht enteignen", ärgert sich Gaberszik, die den Entwurf in seiner jetzigen Form bekämpft. Damit dieser tatsächlich Realität wird, braucht es im Gemeinderat einen Beschluss mit zwei Drittel aller Stimmen. Rein rechnerisch geht sich das allein mit den Mandaten der Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ nicht aus.
Pläne "lediglich längerfristig"
Bevor im Rathaus über das große Änderungspaket abgestimmt werden kann, liegt der sogenannte "4.08 Flächenwidmungsplan", von dessen Neuerungen mehrere hundert Objekte betroffen sind, bis zum 8. März öffentlich auf. "Bis dahin kann jeder den Entwurf anschauen und dazu Stellung nehmen, ob er dann so beschlossen wird, weiß man nicht", erklärt Stadtplanungsamtsleiter Bernhard Inninger betont gelassen.
Im Fall von Autohändlerin Gaberszik versucht er zu kalmieren – so lange der Betrieb läuft, ändere sich nichts: "Es können auch weiterhin Umbauten und Zubauten gemacht werden." Allerdings sei, so der Entwurf abgesegnet wird, die langfristige Planungsabsicht der Stadt für das Grundstück offenkundig, so Inninger: "Falls dort einmal kein Autohaus mehr ist, gibt es, um auf der Fläche den angrenzenden Spielplatz zu vergrößern, mit der Stadt einen logischen Käufer – natürlich zum Gewerbegebietspreis."
Darüber, dass bei einem derartigen Geschäft dennoch deutliche finanzielle Nachteile für die Verkäufer zu erwarten seien, ist man sich bei Experten auf Nachfrage von MeinBezirk.at einig. Indes betont die für die Flächenwidmung politisch verantwortliche Vize-Bürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne), mit den angedachten Änderungen für eine höhere Qualität der Bautätigkeit sorgen zu wollen: "Dabei werden wir unseren Ansprüchen nach mehr Grünraum und weniger Erhitzung in der Stadt gerecht."
Die Sorgen von Gewerbetreibenden nehme sie ernst: "Ich garantiere, dass durch Umwidmungen keine Betriebsstandorte gefährdet sind. Im konkreten Fall wird das Autohaus so lange bestehen, so lange das Autohaus bestehen möchte." An der Entschlossenheit von Maria Gaberszik, gegen die Einflussnahme auf die Barrikaden zu steigen, ändert dies nichts. Denn in Graz ortet sie derzeit ohnehin keine wirtschaftsfreundliche Politik: "Unsere Firma wurde vor bald 100 Jahren gegründet. Seitdem zahlen wir Steuern und sichern Arbeitsplätze. Das sollte man sich im Rathaus einmal zu Herzen nehmen."
Hintergründe
In der Gemeinderatssitzung am 14. Dezember 2023 wurde beschlossen, dass der 4.08 Flächenwidmungsplan-Entwurf der Stadt Graz zur allgemeinen Einsicht (von 30. Dezember 2023 bis 8. März 2024) aufgelegt wird. Die von den darin angedachten Änderungen betroffenen grundbücherlichen Grundeigentümerinnen und -eigentümer wurden per Post verständigt. Einsicht in den Flächenwidmungsplan erhältst du auf der offiziellen Website der Stadt Graz.
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