Landtagswahl 2019: Graz in anderem Wahlmodus
Wählen als großes Strategiespiel

Die Politik als Spiel: Je nachdem welche Spielregeln gelten, sprich welches Wahlsystem man anwendet, entscheidet über Sieg oder Niederlage. | Foto: bilderbox
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  • Die Politik als Spiel: Je nachdem welche Spielregeln gelten, sprich welches Wahlsystem man anwendet, entscheidet über Sieg oder Niederlage.
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Dass ein Wahlsonntag oftmals doch mehr mit einem Lotto-Sonntag gemein hat, wird nun durch eine Studie der Universität Graz untermauert.
Wählen ist vielfach ein schlichtes Strategie- und Taktikspiel oder anders formuliert: Wer richtig tippt, gewinnt. Im Zuge der Landtagswahl 2019 hat Christian Klamler, Leiter des Instituts für Finanzwissenschaft und Öffentliche Wirtschaft, mit einer Gruppe Studierender eine Umfrage unter Grazer Wählern durchgeführt. Man wollte eruieren, ob und wenn ja, inwieweit alternative Wahlverfahren begrüßt werden und das Wahlergebnis beeinflussen würden. Bei der am Wahltag an neun zufällig gewählten Grazer Wahlsprengeln durchgeführten Umfrage wurden 937 Wähler zu möglichen anderen Wahlsystemen befragt.

Durch und durch grünes Graz

Das eklatanteste Ergebnis gleich vorneweg: In sechs der insgesamt sieben zur Auswahl gestellten alternativen Wahlverfahren hätten die Grünen in Graz klar die Nase vorne gehabt. Wir erinnern uns: Tatsächlich hat die ÖVP das Rennen um Platz eins in der Landeshauptstadt mit nur 149 Stimmen Unterschied zu den Grünen knapp für sich entschieden. 
Ein anderes Bild hätte sich beispielsweise bei einer Zustimmungswahl (es kann für beliebig viele Parteien gestimmt werden) gezeigt: Da hätten die Grünen 27,58 Prozent eingefahren, gefolgt von den Neos mit 17,09 Prozent, der KPÖ mit 16,71 Prozent, der ÖVP mit 15,87 Prozent, der SPÖ mit 14,59 Prozent und der FPÖ mit 8,16 Prozent. Wären die Parteien anhand einer Bewertungsskala (+/- 20 Punkte) beurteilt worden, dann hätten sich ebenfalls die Grünen als Sieger durchgesetzt, gefolgt von den Neos, der KPÖ, SPÖ, ÖVP und der FPÖ, die als einzige Partei Minuspunkte eingefahren hätte. Auch die weiteren abgefragten Wahlverfahren wie die Stichwahl, paarweise Vergleiche ähnlich dem Tabellensystem im Sport oder die Borda-Punkteregel à la Song-Contest zeigten einen deutlichen Trend: "Die KPÖ und die Neos, die am Wahlsonntag in der Realität auf den beiden letzten Plätzen rangierten, würden bei Wahlverfahren, die mehr Informationen zulassen, klar besser abschneiden", erklärt Christian Klamler. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es für polarisierende Parteien umso schwieriger würde, wenn nicht klar nur für eine Partei das Kreuzerl gemacht wird.

Strategie als Wahlhilfe

Ausgewogen fiel das Votum jedenfalls bei der abschließenden Frage aus, nämlich, ob eine Änderung des Wahlsystems zugunsten eines der präsentierten zu begrüßen sei. Jeweils rund 40 Prozent der Befragten waren für die Beibehaltung unseres Wahlverfahrens beziehungsweise würden ein anderes befürworten. Knapp 20 Prozent war es egal.
Taktik war wenig überraschend ein wichtiger Faktor bei der Landtagswahl im vergangenen November, auch dies zeigte sich bei den Antworten. So gaben 13,8 Prozent der Befragten an, strategisch gewählt und nicht für ihre bevorzugte Partei gestimmt zu haben. KPÖ und Neos haben mehr als 20 Prozent ihrer Stimmen von strategischen Wählern bekommen. Ein Faktor, der laut Klamler bei einem anderen Wahlsystem ausgeschlossen werden könnte.

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