Von der Puffgasse zur Museumstraße
Die Prachtstraße und die vielseitigen Probleme

Uhren Pfister verlegt sein Geschäft und sein vielseitiges Angebot von der Museumstraße 1 in das Geschäft Burggraben 23. Grund: beim Haus Museumstraße 1 stehen umfangreiche Bau- und Umgestaltungsarbeiten an. | Foto: BezirksBlätter
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  • Uhren Pfister verlegt sein Geschäft und sein vielseitiges Angebot von der Museumstraße 1 in das Geschäft Burggraben 23. Grund: beim Haus Museumstraße 1 stehen umfangreiche Bau- und Umgestaltungsarbeiten an.
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Die Museumstraße kann viele Besonderheiten aufweisen. Heimat des Tiroler Landesmuseums, konsumfreie Sitzplätze und breite Gehsteige, Gastgärten und Geschäfte oder auch einen von den Behörden vorgeschrieben Kinderspielplatz auf einem Hausdach. Gleichzeitig kämpft die Straße mit enormen Herausforderungen. Zahlreiche Geschäftsräume stehen leer, die Konflikte bei den Haltestellen zwischen Fußgängern und Radfahrer sorgen seit langem für Diskussion und beim Thema Straßenverkehr wird nach italienischen Vorbild eine "Zona traffico limitato" vorgeschlagen.

INNSBRUCK. Die Museumstraße entstand 1842, wie die Recherchen des Stadtarchivs/Sandmuseums ergeben haben. Entsprechend den Erinnerungen von Franz Xaver Spiegelfeld, damals Gubernialsekretär im Baureferat des Guberniums (Anmerk. der Red.:  Ab 1763 wurde die Regierung einer Provinz der Habsburgermonarchie als Gubernium bezeichnet. 1848 wurden die Gubernien durch die Statthaltereien ersetzt.), war das Projekt ein gewinkelter politischer Schachzug. So schreibt er im Juni 1842: "Bereits um 2 Uhr nachmittags desselben Tages fiel die Mauer des Franziskanergartens und wurde die Eröffnung der Straße begonnen. Lebhaft erinnere ich mich noch, wie die halbe Stadt erstaunt über diese Arbeiten zusah, wie der größte Teil der Menschen das Ganze ein wahnwitziges Unternehmen nannte, weil gar kein Bedürfnis zu einem neuen Stadtviertel vorhanden sei, das Ganze ein Unsinn sei u. dgl. Doch ließen wir uns durch das alles nicht beirren und binnen 14 Tagen war die neue Straße in ihrer vollen Breite hergestellt, doch fehlten noch alle Häuser."

Die Museumstraße um 1919 | Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum
  • Die Museumstraße um 1919
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"Der später ernannte neue Gouverneur Graf Brandis teilte die Meinung über die Unzweckmäßigkeit der neuen Straße und wollte sogar das Gebäude des neuen, damals zum Bau bewilligten Ferdinandeums in den Hofgarten verfügen. Da erhoben sich aber viele Stimmen in Innsbruck selbst dagegen, und es siegte endlich die Ansicht, daß dasselbe in die neue Gasse, die nun auch Museumgasse genannt wurde, gesetzt werden sollte. Von diesem Augenblicke an war das Schicksal des neuen Stadtviertels besiegelt. Kaum war der Museumsbau vollendet, so entstanden auf allen Seiten neue Häuser, die größtenteils auf Kredit gebaut waren, so daß man diese Gasse spottweise auch die Puffgasse nannte, und binnen 20 Jahren entstand nach und nach das schöne, große Stadtviertel in Innsbruck, das eine Zierde dieser Stadt bildet."

Und Heute

Das gastronomische Angebot reicht von der Küche des Auis, die vom Genussspecht mehrfach lobend erwähnt wurde, über das Traditions-Nachtrestaurant Kaiserstube, dem Insider-Tipp CasoinN da Giorgio, der Brasserie Kunstpause, Kebab- und Dönerangeboten, dem Burger King über dem my Indigo "Burgerhaus" Ludwig. Cafés und Bars runden das Angebot ab. Zahlreiche Möglichkeiten des Hairstylings werden ebenso wie eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten von Mode über Schmuck bis zum Backwaren werden angeboten. Kulturell zählt der Cinematograph zu den Höhepunkten der Straße. Baulich hat sich in den vergangene Jahren viel verändert. An das neue Design des "Wilden Mann"-Hauses hat man sich gewöhnt, die Volksbank feiert demnächst die Neueröffnung, zahlreiche Dächer wurden ausgebaut. Kuriosum am Rande: die Stadt hat bei den Wohnungserrichtungen auch einen Kinderspielplatz auf dem Dach vorgeschrieben. Die Bauarbeiten beim Haus Museumstraße 20 gehen zügig voran. Die Vorarbeiten für den Umbau des Landesmuseums sind fast abgeschlossen, die Finanzierung ist noch offen. Bei den Gebäuden Museumstraße 9 und 11 kommt es zu einer Aufstockung und einem Zubau.

Kulturelles Highlight in der Museumstraße. | Foto: BezirksBlätter
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Leere Geschäftsräume

Das Erscheinungsbild der Prachtstraße wird durch zahlreiche leerstehende Geschäftsräume getrübt. Verschiedene, teils langjährige Unternehmen, haben ihre Geschäfte geschlossen. Die Immobilienbüros suchen Nachmieter. Eine der noch bestehenden Traditionsbetriebe ist das Geschäft "Leimgruber, Textil, Schulartikel", das 1956 von Otfried Briem eröffnet wurde. In Sachen Nachmieter scheint man beim ehemaligen Spielwaren Heiss fündig geworden zu sein, hier werden Umbauarbeiten durchgeführt.

Leerstehende Geschäftsräume sind in der Museumstraße immer öfter zu finden. | Foto: BezirksBlätter
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Museumstraße 1

Im Sommer übersiedelt die Firma Uhren Pfister von der Museumstraße 1 mit seinem Angebot an Uhren, Reparaturen und Service in das Geschäft am Burggraben 23. Grund dafür ist die Aufstockung und Fassadenneugestaltung des Gebäudes Museumstraße 1.  Auch Marionnaud Parfumeries ist mit der Filiale im Herbst von den Bauarbeiten betroffen. Bestandsgebäude stammt etwa aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, wobei das Haus noch heute unter dem Namen „Unterbergerhaus“ (benannt nach einer damals dort befindlichen Kunsthandlung) bekannt ist. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und in der Folge Anfang der 1950er-Jahre teilweise abgebrochen. Der Neubau dieses Hausteils erfolgte nach den Plänen von Architekt Prachensky. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass das Haus Museumstraße 1 heute den äußeren Eindruck von zwei nicht zusammengehörenden Gebäuden vermittelt. Für den Betrachter entsteht vielmehr der Eindruck, dass der ältere Teil zur Adresse Museumstraße 3 gehört und mit diesem Haus eine Einheit bildet. Ende der 1980er-Jahre erfolgte im Zuge von kleineren Umbaumaßnahmen die derzeitige Fassadengestaltung, welche von Architekt Hörmann geplant wurde.

Neugestaltung der Museumstraße 1, das Siegerprojekt  von Henke Schreieck Architekten. | Foto: © Henke Schreieck Architekten ZT GmbH
  • Neugestaltung der Museumstraße 1, das Siegerprojekt von Henke Schreieck Architekten.
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Konfliktpotential Haltestellen

Bereits im Mai 2021 wurde mit einem Gemeinderatsantrag auf die Gefahrenquelle bei IVB-Nutzern der Haltestelle und Radfahrer hingewiesen. In der Museumstraße ist die Situation klar geregelt. Vor den Haltestellen eine Bodenmarkierung mit "Radweg Ende" angebracht. Eine Lösung wären wohl bauliche Maßnahmen. Diese wurden auch von IVB-Geschäftsführer Martin Baltes bei der Präsentation der IVB-Bauvorhaben 2022 im Gemeinderat vom November 2021 angesprochen. StR Uschi Schwarzl ergänzte damals: "Übrigens haben wir vor, in den kommenden Jahren der Mag.-Abt. III, Tiefbau, Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Haltestellen in der Museumstraße barrierefrei zu gestalten." Noch wartet die Museumstraße aber auf eine passende Lösung.

Die Bodenmarkierung am Radweg vor der Haltestelle in der Museumstraße. | Foto: BezirksBlätter Innsbruck
  • Die Bodenmarkierung am Radweg vor der Haltestelle in der Museumstraße.
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Konfliktpotential Verkehr

Immer mehr rückt auf der Verkehr in den Mittelpunkt der Diskussion. Aus der Erlerstraße und der Wilhelm-Greil-Straße biegt der Individualverkehr in die Museumstraße ein. Aber auch das Fahrverbot in der Museumstraße vom Süden aus, wird nicht immer beachtet. Als mögliches Kontrollsystem wird die italienische Lösung der "Zona traffico limitato", die Überwachung der Einfahrt per Video, zur Diskussion gestellt.

Nach der Neugestaltung soll hier der Eingangsbereich der Lebensraum Tirol Holding zu finden sein. | Foto: BezirksBlätter
  • Nach der Neugestaltung soll hier der Eingangsbereich der Lebensraum Tirol Holding zu finden sein.
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Die Straße im Jahr 1938

Museumstraße 6: Eduard Fuchs wohnte mit seiner Frau Sara und der Tochter Wally in der Museumstraße 6, wo sie auch ein Uhren- und Juwelengeschäft führten, welches von dem im Dezember 1928 verstorbenen Vater Leopold Fuchs 1897 gegründet wurde. In der Nacht des Novemberpogrom vom 9. auf den 10.11.1938 drang eine Gruppe in die Wohnung ein, verletzte Eduard Fuchs schwer an Kopf und Nase und zerstörte die Wohnungseinrichtung sowie Kunstwerke. Zusammen mit seiner Mutter Lilly Fuchs, geb. Königsbacher, später Lilly Fulton – einer Schwester von Sofie Graubart – verließen sie fluchtartig die Stadt. SS-Oberscharführer Ludwig Duftner arisierte das Geschäft.

Museumstraße 8: Die Familie Simon und Sofie Graubart, geb. Königsbacher wohnte mit den Söhnen Siegfried, Alfred und Richard im 3. Stock des 1910 gekauften Hauses Museumstraße 8. Auch die von Simon Graubart gegründete „Erste Wiener Hut- und Schuhwarenniederlage des S.J. Graubart“ hatte ihren Geschäftssitz dort. Das „Schuhaus Graubart“ war das grösste in Tirol und mit seinen speziell ausgebildeten orthopädischen Mitarbeitern einzigartig. Während Sofie Graubart im November 1928 an Herzinsuffizienz stirbt, lebt ihr Mann Simon bis zu seinem Tod im Februar 1936 zuletzt alleine in der Wohnung. Er war am Aufbau der Israelitischen Kultusgemeinde Innsbruck beteiligt und dort als Kultusrat tätig. Im Herbst 1938 wurde das im Besitz der Brüder Alfred und Richard befindliche Schuhhaus von den Nationalsozialisten Rudolf Mages und Karl Kastnerarisiert und später von Hans Mariacher übernommen. Eine Übergabe an die in Innsbruck zurückgebliebene Maria Graubart, sie war „Arierin“, wurde von der Arisierungsstelle verhindert. Die Schwägerinnen Maria und Margarethe Graubart prozessierten nach dem Krieg um das Erbe. 1952 wurde das „Schuhhaus Graubart“ aufgelöst und an eine Schuhhandelskette verkauft.

Nicht nur das Landesmuseum wird neu gestaltet

Der Wilde Mann

Als Josef Kleistner den Gasthof 1860 in der Museumstraße errichtete, hatte es schon vor zweihundert Jahren einen Wilden Mann gegeben, der in der Herzog-Friedrich-Straße residierte. Um sein neues Gasthaus betreiben zu dürfen, erwarb Josef Kleistner die Wirtsgerechtsame (das Recht Bier auszuschenken, die Anzahl der Konzessionen war limitiert – Ende des 17. Jh. auf lediglich 18 für Innsbruck) des „alten“ Wilden Mannes. Ein Jahr später bekam das Gebäude die Figur des von Josef Streicher modellierten „Wilden“. Das Gebäude existiert in der damaligen Form nicht mehr, auch die Skulptur am Eck des Hauses ist eine andere. Sie wurde in den 1920er Jahren durch Lois Welzenbacher ersetzt, nun findet sich dort eine Statue des Münchner Künstlers Karl Röhring – dies geschah nicht ohne Protest des Gemeinderates ob dieser „Verunstaltung“.

Der "Wilde Mann" in der Museumstraße | Foto: BezirksBlätter
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