Wohnnungsnotstand
Eigentumswohnungen sorgen für hohe Leerstandsquote

Die Stadt Innsbruck erhebt den Leerstand bei den Wohnungen. | Foto: IKM
  • Die Stadt Innsbruck erhebt den Leerstand bei den Wohnungen.
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INNSBRUCK. Die Leerstandsquote an Wohnungen in Innsbruck liegt laut neuesten Daten bei 8,9 Prozent. Die SPÖ sieht dies als Zeichen einer verfehlten Widmungspolitik und freut sich über einen Etappensieg.

Leerstand

Die Stadt Innsbruck arbeitet an einer qualifizierten, verwaltungsdatenbasierten Erhebung an leerstehenden Wohnungen. Seit April 2019 durchforstet das Referat für Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) den städtischen Bestand aller Gebäude und Wohnungen. Mit Hilfe des Zentralen Melderegisters (ZMR) wird dieser nach und nach auf den aktuellen Stand gebracht. Die bereinigten Daten werden vom Referat für Statistik erfasst und monatlich abgeglichen. Wohnungen, bei denen seit mindestens sechs Monaten kein Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet war, werden als „leer“ gezählt.

Details

Von aktuell 77.533 Wohnungen konnten bis zum 1. November 24.594 Einheiten bzw. 31,7 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes korrigiert werden. Von diesen befinden sich 19.368 seit sechs oder mehr Monaten im Monitoring der Statistik. Für 1.717 war im letzten halben Jahr kein Wohnsitz gemeldet. Somit ergibt sich eine Leerstandsquote von 8,9 Prozent.

Leerstandsabgabe

„Die neuen Daten zeigen, dass der Anteil unbewohnter Wohnungen deutlich höher ist, als bisher angenommen. Fast jede zehnte Wohnung steht leer, was die Wohnungspreise aufgrund der Verknappung des Angebotes in die Höhe treibt. Umso dringlicher muss das Land Tirol endlich die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leerstandsabgabe schaffen“, bekräftigt Bürgermeister Georg Willi die Forderung der Stadt Innsbruck. Ziel der Abgabe ist es, leere Wohnungen auf den Markt zu bringen und diesen zu entspannen.

Leerstandsquote

Die Leerstandsquote hat sich im Vergleich zur letzten Erhebung im Februar 2021 beinahe verdoppelt. „Vereinfacht gesagt, weil wir beim letzten Mal hauptsächlich Daten aus dem Olympischen Dorf zur Verfügung hatten, wo der Anteil an städtischen Wohnungen besonders hoch ist. Diese weisen im Vergleich zu privaten Eigentumswohnungen einen deutlich geringeren Leerstand auf“, erklärt Mathias Behmann, Leiter des Referats Statistik. In den neuen Daten sind mehrere komplette Sprengel im Westen sowie zahlreiche weitere Wohnungen aus dem gesamten Stadtgebiet enthalten. „Durchaus möglich“, so Behmann, „dass mit steigendem Eigentumsanteil an den insgesamt korrigierten Wohnungsdaten die Leerstandquote noch etwas anwächst.“

Fluktuationsreserve 

Wohnungen stehen auch dann leer, wenn sie neu vermietet werden. In diesem Fall spricht man von der sogenannten Fluktuationsreserve. „Selbst, wenn man von einer Fluktuationsreserve von rund drei Prozent ausgeht, was eher hoch gegriffen ist, müssen wir von einer sehr hohen Quote an qualifiziertem Leerstand sprechen. Das bedeutet, dass in diese Wohnungen seit mindestens sechs Monaten durchgehend niemand gemeldet war“, klärt Behmann auf. Die Fluktuationsreserve sei im Unterschied dazu eine Stichtagsbetrachtung.

Klärung

Grundlage für die Erhebung des qualifizierten Leerstands ist die Arbeit des GWR. Hier kümmern sich drei Vollzeitkräfte um jeden „Klärungsfäll“. Ein Klärungsfall liegt dann vor, wenn etwa die baurechtlich bewilligten oder im Grundbuch eingetragenen Einheiten nicht mit dem Melderegister zusammenpassen. Von ursprünglich mehr als 55.000 im Jahr 2019 konnten mittlerweile bereits rund 20.000 abgearbeitet werden. Wie lange eine Klärung dauert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. „Wir sind im direkten Kontakt mit den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern bzw. den Eigentümerinnen und Eigentümern sowie deren Hausverwaltungen. Die Klärung hängt auch von deren Kooperationsbereitschaft ab“, verdeutlicht Referatsleiter Manfred Hirsch.

Verfehlte Widmungspolitik

„Neben den Zahlen der Wohnungssuchenden zeigt sich nun auch, dass der Leerstand am Innsbrucker Wohnungsmarkt auf einem alarmierenden Niveau ist“, erklärt SP Innsbruck Vorsitzender GR Benjamin Plach. „Es wird am Bedarf vorbei gebaut! Die zahlreichen Widmungen für private Investorenbauten haben diesen Leerstand erst ermöglicht. Daher braucht es nun endlich den von der SPÖ geforderten Widmungsstop für private Investorenbauten um den Leerstand nicht weiter anwachsen zu lassen“, fährt der Plach fort. „Wohnungen die leer stehen und als Anlageobjekt dienen, müssen mit einer spürbaren Abgabe belegt werden. Das Land Tirol ist nun gefordert hier endlich rechtliche Voraussetzungen zu schaffen“, so Plach weiter in Richtung der Landesregierung. Abschließend wiederholt Plach die Forderung zur Anwendung des Bodenbeschaffungsgesetzes in Innsbruck: „Der von der SPÖ beantragte Wohnungsnotstand muss in Anbetracht dieser neuen Daten dringend umgesetzt werden, nur so können öffentliche Interessen bei künftigen Bauprojekten berücksichtigt werden“.

Etappensieg

Im November-Gemeinderat wurde der Antrag von GR Benjamin Plach zum Ausruf des Wohnungsnotstandes in Innsbruck abgestimmt. Nach umfassenden Verhandlungen mit anderen Fraktionen konnte eine vertiefte Prüfung sowie die weitere Behandlung des Antrags im Stadtsenat erwirkt werden. „Selbstverständlich hätten wir uns gewünscht, dass eine konkrete Zustimmung aller Fraktionen erfolgt, denn es ist höchste Zeit, mutige und echte Maßnahmen für leistbares Wohnen in Innsbruck zu ergreifen“, resümiert Plach. „Die Zuweisung an den Stadtsenat ist zumindest ein Etappensieg. Ähnlich wie bei der Thematik der Vorbehaltsflächen sind wir als SPÖ Innsbruck wiederum die Ersten, die dringliche Maßnahmen für Lösungen aufzeigen und damit Debatten anstoßen. Es ist zu hoffen, dass am Ende das Interesse der Innsbrucker:innen im Vordergrund steht und die Vernunft siegt.“

Taten statt Worte

Trotz der Ablehnung durch FPÖ, Gerechtes Innsbruck und der ausstehenden Entscheidung des Stadtsenats ist auch für Stadträtin Elisabeth Mayr klar: „Neue Wege entstehen, indem man sie geht, daher freuen wir uns über den ersten Schritt in die richtige Richtung. Und dennoch geben wir uns damit noch lange nicht zufrieden. Es braucht endlich Taten statt Worte, wie etwa bei der Leerstandsabgabe. Solange die Mietpreise am Innsbrucker Wohnungsmarkt in dieser Höhe liegen oder gar noch weiter ins Absurde steigen, solange kämpfen wir weiter, um den Wohnungsnotstand offiziell auszurufen. In der Folge kann das Bodenbeschaffungsgesetz zur Anwendung kommen, das dafür sorgt, dass das unbebaute Bauland in Innsbruck nicht mit absurd teuren Luxus- und Anlegerwohnungen verbaut wird, die sich kein normaler Mensch in Innsbruck leisten kann, sondern wir als Stadt diese Gründe im Verkaufsfall erwerben können, um dort leistbare Wohnungen, mehr Grünraum für die Öffentlichkeit und soziale Infrastruktur wie zum Beispiel Kinderbetreuungsstätten verwirklichen können. Das ist das, was Innsbruck braucht!“

Leistbarer Wohnaum

Schon im Oktober brachte die SPÖ den dringlichen Antrag zur Entwicklung der Wohnungspolitik im Sinne der Bewohner:innen ein. Gesetzliche Grundlage für den Ausruf eines Wohnungsnotstandes ist, dass mehr als 2 % der Wohnbevölkerung als wohnungssuchend gemeldet ist: In Innsbruck ist diese Anforderung allein mit den weit über 4.000 Menschen erfüllt, die auf eine leistbare Stadtwohnung warten. Durch die Bestimmungen des Bodenbeschaffungsgesetzes werden der Stadt Innsbruck weitreichende Vorkaufsrechte für unbebaute – aber als Bauland gewidmete – Grundstücke eingeräumt. Für die SPÖ ist klar, wo in diesen herausfordernden Zeiten die Prioritäten liegen müssen: „Wir sagen definitiv Nein zur Spekulation mit Bauland, um dem Druck der Investoren auf den Innsbrucker Wohnungsmarkt endlich Einhalt zu gebieten! Die derzeit 70 Hektar unbebautes Bauland in Innsbruck bieten mehr als genug Möglichkeiten zur Realisierung wirklich wichtiger Projekte. Anstatt unkontrollierter Verbauung mit Investorenbauten, braucht es leistbaren Wohnraum für die Innsbruckerinnen und Innsbrucker“, appelliert Plach an die Mitglieder des Stadtsenates.

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