OGH-Urteil
Bgm. Willi muss rund 2.600 Euro zahlen, Rechtsstreit wieder auf Anfang

Der Rechtsstreit rund um PEMA 2 zwischen Markus Schafferer (PEMA) und Bgm. Georg Willi beginnt wieder bei null. | Foto: zeitungsfoto.at
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  • Der Rechtsstreit rund um PEMA 2 zwischen Markus Schafferer (PEMA) und Bgm. Georg Willi beginnt wieder bei null.
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Nach zwei positiven Gerichtsentscheidungen, hat der OGH gegen Bgm. Willi entschieden.  Jetzt  geht der Rechtsstreit zwischen Markus Schafferer (PEMA) und Bgm. Georg Willi rund um die Aussagen von Bgm. Willi zum Leerstand im PEMA-2-Turm an das Erstgericht zurück.

INNSBRUCK. Bürgermeister Georg Willi wurde von Immobilien-Investor und Pema-Chef Markus Schafferer geklagt, weil er in einem ORF-Bericht den Pema2-Turm als Beispiel für den Leerstand herangezogen hatte. In zwei Instanzen haben die Gerichte für den Bürgermeister entschieden, jetzt hat aber der OGH eine ganz anderes Urteil gefällt. "Organe im Sinn des Amtshaftungsgesetzes seien alle Personen, die in Vollziehung der Gesetze handeln, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werden. Die Zuordnung eines Interviews als einem „Informationsrealakt“ zur Hoheitsverwaltung erfolge nach der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsmaterie. Für eine Zuordnung des Interviews zur Vollziehung eines hoheitlichen Aufgabenbereichs fehle schon mangels Existenz eines Gesetzes über Abgaben oder sonstige Maßnahmen zur Bekämpfung von Leerständen im Zeitpunkt des Interviews jeder Anhaltspunkt. Auch sonst weise die Äußerung des Bürgermeisters zu einem bestimmten Wohnobjekt keinen Bezug zur Vollziehung ihm übertragener hoheitlicher Aufgaben auf, sodass sie bloß als Bekräftigung der politischen Forderung nach eine Leerstandsabgabe betrachtet werden könne." So begründet der Oberste Gerichthof (OGH) seine Entscheidung im Rechtsstreit zwischen PEMA-Chef Markus Schafferer und Bürgermeister Georg Willi. Somit muss das Verfahren am Erstgericht wieder neue aufgerollt werden.

"Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.587,68 EUR (darin enthalten 431,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreits binnen 14 Tagen zu ersetzen." 

Das Urteil des OGH zum nachlesen

PEMA-Klage

Laut Auskunft aus dem Wohnungsregister standen zu dem Zeitpunkt des Interviews, Anfang Oktober 2020, fast die Hälfte der Wohnung leer. Das Erstgericht hat die Klage gegen Willi abgelehnt. Begründung: Bürgermeister Georg Willi sei in seiner Funktion als Stadtoberhaupt und Bezirkshauptmann berechtigt gewesen, in diesem Zusammenhang Erhebungen zu machen und auch die Öffentlichkeit darüber zu informieren. „Das Urteil macht also deutlich: Leerstandserhebungen sind im öffentlichen Interesse und die Bekämpfung des Leerstandes ist es umso mehr“, betonte Willi damals. Der Wohnungsmarkt in Innsbruck ist seit Jahren angespannt, die Landeshauptstadt gehört mit Wien zu den teuersten Pflastern in Österreich. Im Pema2-Turm wurde zum damaligen Zeitpunkt eine 2-Zimmer-Wohnung mit 59 m2 um 1.276,72 Euro angeboten. „Immer mehr Menschen ziehen aus Innsbruck weg, weil sie es sich schlicht nicht mehr leisten können. Wenn wir diesen traurigen Trend aufhalten wollen, müssen wir vom Wohnbau über Vorbehaltsflächen bis hin zu einer Leerstandsabgabe endlich alle Hebel in Bewegung setzen bzw. setzen können“, forderte Willi. Das Ersturteil wurde am Oberlandesgericht bestätigt. „Die Ablehnung der Klage auch in zweiter Instanz macht erneut deutlich: Die Erhebung von Leerstand ist absolut im öffentlichen Interesse“, betonte Bürgermeister Willi anschließend. 

Bürgermeister Georg Willi bei der Gerichtsverhandlung. | Foto: zeitungsfoto.at
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Aktuelles aus der Stadtpolitikm im Polit-Ticker der BezirksBlätter Innsbruck

Das Interview

Moderator: „Wien hat schon eine Abgabe auf leerstehende Wohnungen, Amsterdam auch, in Tirol hingegen bleibt es ein jahrelanges Warten auf die Leerstandsabgabe und das, obwohl sie von der schwarz-grünen Landesregierung ausdrücklich begrüßt und letztes Jahr in einem umfassenden Wohnpaket beschlossen worden ist. Die Landtagsgrünen und der grüne Bürgermeister machen jetzt Druck, doch alles scheint wie so oft rechtlich kompliziert.“
Sprecherin: „Innsbruck ist eines der sündteuren Immobilienpflaster Österreichs. Mit ein Grund sollen leer stehende Wohnungen sein, davon hat die Landeshauptstadt nach einer groben Erhebung rund drei- bis viertausend. Der Bürgermeister in seiner sündteuren Stadt und vor seinem Lieblingsobjekt, dem PEMA Turm Nähe Bahnhof.“
Willi:

„Hinter mir ist der berühmte PEMA Turm, architektonisch sehr markant, er wurde gebaut unter dem Motto ′junges urbanes Leben′ ′young urban living′ und das sind 173 Wohnungen, von denen aktuell knapp über 90 leer stehen, also mehr als die Hälfte steht leer, obwohl nagelneu gebaut.“

Sprecherin: „Leerstand ist nicht gleich Leerstand. Es gibt einen vorübergehenden, etwa wegen Mieterwechsel oder Sanierung. Es gibt Wohnungseigentümer, die nicht vermieten, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Es gibt Eigentümer, die Wohnraumvorsorge für ihre Kinder treffen wollen und es gibt einen spekulativen Leerstand. Das sind Wohnungen, die einzig und allein deswegen leer stehen, um die Preise in die Höhe zu treiben. Das sind in Innsbruck geschätzte 40 % aller leerstehenden Wohnungen. Politisch ist man sich auf Stadt- und Landesebene einig, es braucht die Leerstandsabgabe, doch wo bleibt sie?“
Willi:

„Wir haben das, was wir tun konnten, getan, wir haben grob den Leerstand erfasst, mit den rechtlichen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen.“

Politentscheidungen

Die im Gemeinderat vertretenen Parteien hatten vor dem Interview ein Arbeitsübereinkommen für die Periode 2018 bis 2024 geschlossen, das die Grundlage der städtischen Regierungskoalition bildete. Darin findet sich im Kapitel „Wohnen“ unter anderem Folgendes: „Wir wollen gemeinsam mit dem Land Tirol nach Durchführung einer Leerstandserhebung als Grundlage ein Mobilisierungskonzept entwickeln, um derzeit ungenutzten Wohnraum zu beleben sowie eine Leerstands- und Zweitwohnsitzabgabe zu prüfen.“ Auf Landesebene hatte der Landtag, ebenfalls vor dem Interview, folgende Entschließung verabschiedet: „Die Landesregierung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Stadt Innsbruck sowie weiteren Partnern ein Modell für eine effektive Leerstandserhebung auszuarbeiten, um zu erheben, wie viele Immobilien (Wohnungen und Häuser) in der Landeshauptstadt Innsbruck tatsächlich leer stehen. Das Modell dieser Leerstandserhebung soll nach Erprobung auf weitere Ballungsräume ausgeweitet werden. Im Rahmen dieser Erhebung soll auch eine Analyse des Leerstandes nach der Art der Immobilien bzw. der Lage der Immobilien ermöglicht werden. Das Modell soll dabei unter Berücksichtigung von bloß temporärem Leerstand, der sich u.a. durch Wohnungswechsel, Sanierungen oder vorübergehende Ortsabwesenheiten ergeben kann, das theoretische Mobilisierungspotenzial darstellen.“

Auszug aus dem Urteil

Ein solcher Fall liegt hier vor: Der Beklagte könnte als Bürgermeister ohne Zweifel als Organ der Hoheitsverwaltung handeln.

Vor Ausstrahlung des Interviews wurde er auch als „grüner Bürgermeister“ anmoderiert. Allein aus der Bezugnahme auf eine bestimmte Organfunktion kann aber noch nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede Tätigkeit einer Person Verwaltung ist und in Vollziehung der Gesetze geschieht.

Die Beantwortung dieser Frage erfordert vielmehr eine Differenzierung danach, ob das als Grundlage für einen behaupteten Anspruch (hier nach § 1330 ABGB) herangezogene Verhalten als Ausübung hoheitlicher Tätigkeit zu beurteilen ist. Der Umstand, dass der Beklagte das Interview als Bürgermeister gegeben hat, lässt die Annahme, er hätte dabei in Vollziehung der Gesetze gehandelt, daher für sich allein noch nicht zu (vgl 1 Ob 208/10k zum Interview einer Landeshauptfrau). Vielmehr ist das ihm von der Klägerin konkret vorgeworfene Verhalten auf einen Zusammenhang mit den ihm übertragenen Funktionen der Hoheitsverwaltung zu prüfen.

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