Insolvenzstatistik
183 Privat- und 52 Unternehmensinsolvenzen in Innsbruck

Die Entwicklung der Insolvenzverfahren 2021 in Innsbruck. | Foto: MeinBezirk/Lunke
  • Die Entwicklung der Insolvenzverfahren 2021 in Innsbruck.
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INNSBRUCK. Ein Blick auf die Entwicklung der Insolvenzen zeigt eine Zunahme der Privatinsolvenzen im Jahr 2021 gegenüber 2020 von 38,6 Prozent sowie ein Plus von 1,9 Prozent bei Unternehmensinsolvenzen in Innsbruck. Firmeninsolvenzen werden laut Prognose weiter steigen und die Verteuerung vieler Lebensbereiche – vor allem beim Wohnen, bei den Treibstoffen und bei der Energie – wird auch zu einem Anstieg der Privatinsolvenzen beitragen. 

Privatinsolvenzen

In Innsbruck wurden 2021 183 Privatinsolvenzen angemeldet, im Jahr 202 waren es noch 132. Das entspricht einer Steigerung von 38,6 Prozent. Im Bezirksvergleich liegt Innsbruck somit an der Spitze. Der Bezirk Reutte hat eine Steigerung von 37,5 Prozent (von 8 auf 11), in Imst gab es eine Steigerung von 30,4 Prozent (von 23 auf 30). Ein Minus von 37,8 Prozent gibt es im Bezirk Kitzbühel (von 37 auf 23). Gesamt wurden in Tirol im Jahr 2021 528 Privatinsolvenzen /eröffnete Verfahren und mangels Vermögen abgewiesene Insolvenzverfahren) angemeldet, im Jahr 2020 waren es 464.

Unternehmensinsolvenzen

Von 52 Unternehmensinsolvenzen auf 57 ist der Anteil in Innsbruck von 2020 auf 2021 gestiegen entspricht einer Steigerung um 9,6 Prozent. Im Bezirks Innsbruck-Land stiegen in die Insolvenzen von 27 auf 43, ein Plus von 59,3 Prozent. Ein Minus von 88,9 Prozent gibt es in Reutte, 2020 gab es noch 9 Unternehmensinsolvenzen, 2021 war es eine. Insgesamt meldeten 164 Unternehmen im Jahr 2021 Insolvenz an, im Jahr 2020 waren es 161, das entspricht einer Steigerung von 1,9 Prozent.

Unternehmensentwicklung

Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Firmeninsolvenzen für das Jahr 2021 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl an Firmeninsolvenzen ist nach dem starken Einbruch seit Beginn der Corona-Pandemie nur mehr 1,0% zurückgegangen. Ein Blick in die Details zeigt, dass dieser Trend der letzten eineinhalb Jahre nun zu Ende geht. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist erstmals seit sechs Quartalen um 12,3% auf über 2.000 gestiegen. Betrachtet man allein das 4. Quartal 2021, so zeigt sich, dass die Zahl der eröffneten Verfahren um 174% angestiegen ist. Als Grund für die „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens sieht Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform das Auslaufen der Stundungen durch GKK und Finanzämter und die vermehrte Antragsstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese Institutionen. Dazu kommt, dass viele Unternehmer durch die volatile, stark verunsichernde Pandemiesituation, in der eine betriebswirtschaftliche Planbarkeit erschwert wird, die Reißleine gezogen haben.Die Insolvenzursachen liegen generell in Managementfehlern, im Wettbewerb (Preiskampf, sinkende Margen) sowie im Mangel an Kapital und damit konkret in Problemen bei der Rückzahlung der gestundeten Abgaben und Steuern. Da es nur wenige Großinsolvenzen gab, sind sowohl die Insolvenzpassiva (ca. 1,1 Mrd. Euro) als auch die betroffenen Arbeitsplätze (ca. 8.800) stark rückläufig.

Ausblick

Seit dem schnellen und beherzten Eingriff der Bundesregierung mit Beginn des ersten Lockdown im März 2020 gingen die Firmeninsolvenzen auf die niedrigsten Stand seit 40 Jahren zurück: Das viel zitierte Paradoxon von fallenden Insolvenzzahlen mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg. Seit dem 3. Quartal und nun massiv verstärkt im 4. Quartal kommt es zu einer „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens, d.h. zum Abbau der aufgestauten, nur durch die Hilfsmaßnahmen durchgetragenen, de facto insolventen Unternehmen. Vor allem der Wegfall der staatlich verordneten Abgaben- und Steuerstundungen seit dem 1. Juli und die Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht haben ihren Beitrag dazu geleistet.Waren in den Jahren vor Covid immer rund 5.500 Unternehmen insolvent, so ist der Rückgang um mehr als jeweils 2.000 Fälle in den vergangenen beiden Jahren 2020 und 2021 untypisch. Creditreform hat von Walter Schwaiger von der TU Wien die Ausfallsrisiken der Unternehmen durch den so genannten Verhinderungseffekt - Insolvenzen, die durch die staatlichen Maßnahmen verhindert wurden – errechnen lassen. Schwaiger schätzt, dass rund 2.500 Unternehmen insolvenzgefährdet sind. Sollte diese Gefahrenpotential für die Gläubiger schlagend werden, würde Österreich wieder bei der Vor-Corona-Lage von 5.000 und mehr Insolvenzen landen. Verstärkt wird die Insolvenzgefährdung durch derzeit nicht einschätzbare Entwicklungen in der Pandemiebekämpfung sowie durch weitere wirtschaftliche Unsicherheiten wie Inflation/Preisdruck, Fachkräftemangel und Mehrkosten durch die Klimapolitik. Das werden zuerst die Kleinst- und Kleinunternehmen zu spüren bekommen. Das neue Jahr 2022 wird somit auf jeden Fall ein Mehr an Firmeninsolvenzen bringen.

Privatinsolvenzen

Allgemein liegen die Insolvenzursachen bei Privatpersonen im Jobverlust, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie generell im sorglosen Umgang mit Geld. Auslöser sind dann oftmals zusätzliche Faktoren im höchstpersönlichen Bereich wie Krankheit und Scheidung.

Ausblick

Die Zahl der eröffneten Privatinsolvenzen hat schon fast das Vorjahresniveau erreicht. Dank der im Sommer in Kraft getretenen Erleichterungen in der Restschuldbefreiung stellen wieder mehr Personen einen Insolvenzantrag und nutzen die schnellere Entschuldung aufgrund der Insolvenzrechtsreform. Anstatt von fünf Jahren kann man sich seiner Schulden nun in drei Jahren entledigen.Für 2022 sieht Gerhard Weinhofer einen Anstieg auf bis zu 9.000 Insolvenzen: „Die Verteuerung vieler Lebensbereiche – vor allem beim Wohnen, bei den Treibstoffen und bei der Energie – wird auch zu einem Anstieg der Privatinsolvenzen beitragen. Davon unabhängig bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Megatrends Digitalisierung und Klimawende auf den Arbeitsmarkt und damit auf die Insolvenzen haben werden.“

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