Fuggerzeitungen: Wiener Forscher digitalisieren Europas frühe Nachrichten

In der Österreichischen Nationalbibliothek waren Wiener Forscher dem frühneuzeitlichen Nachrichtenwesen auf der Spur. | Foto: Symbolfoto – pixabay/jarmoluk – CC0
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  • In der Österreichischen Nationalbibliothek waren Wiener Forscher dem frühneuzeitlichen Nachrichtenwesen auf der Spur.
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  • hochgeladen von Hermine Kramer

ÖSTERREICH. Als Geburtsstunde der Zeitung galt bisher das Jahr 1605, in dem in Straßburg die erste gedruckte Wochenzeitung erschien. In einem Projekt unter der Leitung der Historikerin Katrin Keller konnten Forscher nun regelmäßigen Nachrichtenkonsum vor diesem Datum nachweisen.

Schon vor gedruckten Zeitungen gab es in vielen Regionen Europas handgeschriebene Nachrichtenmeldungen ("avvisi"). Diese wurden für wohlhabende Abonnenten gesammelt und handschriftlich verfasst. Keller und ihre Kollegen untersuchten im Rahmen des Projekts einen besonders berühmten Bestand dieser geschriebenen Meldungen: die sogenannten Fuggerzeitungen.

Fuggerzeitungen digitalisiert

Dabei handelt es sich um eine Sammlung von 16.021 Nachrichtenmeldungen, die zwei Brüder aus der berühmten Kaufmannsfamilie in den Jahren zwischen 1568 und 1605 abonniert und gesammelt haben: Die beiden ließen sich Nachrichten aus aller Welt in ihre Heimat nach Augsburg schicken. Die gesammelten Nachrichten in deutscher und italienischer Sprache sind in der Österreichischen Nationalbibliothek archiviert.

"Die Zeitungsbände – nach Jahren geordnet – wurden Bestandteil der Bibliothek von Philipp Eduard Fugger. Einer seiner Nachkommen hat die ganze Bibliothek Mitte des 17. Jahrhunderts an Kaiser Ferdinand III. verkauft", erklärt Keller im Gespräch mit meinbezirk.at, warum sich die Fuggerzeitungen heute in Wien befinden.

Screenshot Fuggerzeitung
Screenshot: fuggerzeitungen.univie.ac.at

In dem Projekt digitalisierten Keller und ihr Team die gesammelten Nachrichten. Dadurch werden sie der internationalen Forschung zugänglich gemacht. Außerdem erfassten die Forscher rund 10.000 in den Zeitungen genannte Personen und rund 5.500 Orte. Das Projekt konnte nachweisen, dass die Sammlung nicht – wie bisher angenommen – ein einzelnes Phänomen ist, sondern einen Teil der frühneuzeitlichen Medienlandschaft darstellt.

Die Themen: Krieg, Society und Mordfälle

Bevorzugte Themen der Fuggerzeitungen waren Krieg, Militär und Politik. Die Nachrichten deckten laut Keller das Tagesgeschehen der damals bekannten Welt ab. Neben den Religionskriegen in Frankreich, dem Kampf zwischen Spanien und seinen aufständischen niederländischen Provinzen und Osmanenkriegen waren die Leser auch an Chronik sowie Klatsch und Tratsch interessiert.

"Zu Berichterstattung gehörten aber auch Beschreibungen von fürstlichen Hochzeiten und zahlreichen Kriminalfällen. Besonders aus Rom und Venedig kamen darüber in den 1580er-Jahren viele Nachrichten, etwa über die Ermordung der schönen Vittoria Accoramboni", sagt Keller. "Außerdem gibt es Meldungen über das Auftauchen von Drachen in der Nähe von Neapel, über Kometen und andere Himmelszeichen."

Wer selbst in den Fuggerzeitungen schmökern möchte, kann dies auf der Website des Projekts tun.

In der Österreichischen Nationalbibliothek waren Wiener Forscher dem frühneuzeitlichen Nachrichtenwesen auf der Spur. | Foto: Symbolfoto – pixabay/jarmoluk – CC0
Ein Blick in die Fuggerzeitungen: Die Seite beginnt mit einer Nachricht aus Venedig. | Foto: Screenshot – fuggerzeitungen.univie.ac.at

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