Günter Geyer im Interview: "Der Pflege-Beruf braucht mehr Wertschätzung"

Günter Geyer im Interview: "Vor rund sechseinhalb Jahren gab es in unserem Land eine intensive Debatte über Ausbildung und Bezahlung in der Pflege. Dabei wurde klar, dass es den zahlreichen Pflegerinnen und Pfleger an Anerkennung mangelt. Es geht uns also um Wertschätzung." | Foto: Dominik Thüridl
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  • Günter Geyer im Interview: "Vor rund sechseinhalb Jahren gab es in unserem Land eine intensive Debatte über Ausbildung und Bezahlung in der Pflege. Dabei wurde klar, dass es den zahlreichen Pflegerinnen und Pfleger an Anerkennung mangelt. Es geht uns also um Wertschätzung."
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Was war der Grund für die Initiative "PflegerIn mit Herz"?
GEYER: Vor rund sechseinhalb Jahren gab es in unserem Land eine intensive Debatte über Ausbildung und Bezahlung in der Pflege. Dabei wurde klar, dass es den zahlreichen Pflegerinnen und Pfleger an Anerkennung mangelt. Es geht uns also um Wertschätzung.

Und was haben die Wiener Städtische und der Versicherungsverein als Initiatoren davon?
Nennen Sie es soziale Verantwortung. Wobei diese Initiative mittlerweile von vielen Partnern unterstützt wird.

Wie viele Einreichungen gibt es pro Jahr?
Inzwischen sind es rund zweitausend bis dreitausend. Viele reichen nicht ein, weil sie sich denken, sie haben keine Chance. Deshalb haben wir heuer eine dritte Preiskategorie eingeführt.

Gibt es auch ein Preisgeld?
Natürlich. Aber manche Sieger nehmen es gar nicht an und sagen, wir sollen es spenden.

Sagen Sie: Warum hat der Pflegeberuf noch immer ein so schlechtes Image?
Weil die Wertschätzung fehlt und vielleicht auch, weil noch zu wenig bekannt ist, dass der Pflegeberuf Ausbildungs- und Aufstiegschancen, Stichwort Pflegemanagement, bietet.

Wie kann man mehr Männer dafür begeistern?
Durch mehr Wertschätzung gegenüber diesem Beruf. Männer brauchen – so scheint es – mehr Anerkennung als Frauen. Männliche Pfleger, mit denen ich darüber spreche, bestätigen das.

Die Familienbeihilfe für EU-Ausländer soll an das Niveau ihrer Herkunftsländer angepasst werden. Trifft das nicht viele Pfleger aus den östlichen Nachbarländern?
Das Durchschnittsalter der 24 Stunden-Betreuer aus unseren Nachbarländern, die bei uns tätig sind, liegt bei knapp fünfzig Jahren. Deren Kinder stehen schon selbst im Arbeitsleben. Natürlich gibt es einzelne Betroffene, aber das wird den Pflegebereich nicht stärker treffen als andere Branchen.

Stichwort Pflegeregress: Ist die Abschaffung gerecht?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Zusammenhalt immer brüchiger wird – durch die demografische Entwicklung und durch neue Lebensformen, die die Familie ersetzen. Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung richtig. Sie ist leider nur politisch pointiert präsentiert worden.

Kann man jetzt einen Ansturm auf die stationäre Betreuung erwarten?
Derzeit werden nur 16 Prozent der pflegebedürftigen Menschen hierzulande stationär behandelt. Das wird sich ändern. Wir werden also mehr Pflegeheime brauchen und dadurch auch mehr Personal.

Und die Kosten?
Die Kosten werden dramatisch steigen. Derzeit geben wir hierzulande zwei Milliarden Euro jährlich für Pflege- und Betreuungsdienste aus. Laut einer Wifo-Studie wird dieser Betrag in den nächsten 30 Jahren auf neun Milliarden steigen und die Anzahl der Pflegegeldbezieher wird sich durch das immer höhere Lebensalter verdoppeln.

Trotzdem: Wir leben im Zeitalter des Jugendkults.
Ja: Man verdrängt das Älterwerden. Wobei ich das bei jungen Menschen für normal halte. Wichtig ist vielmehr, dass man die jungen Leute für Verantwortung begeistert. Und da gehören auch Berufe wie die Pflege- und Altenbetreuung dazu.

Die Preisverleihungen sind immer sehr berührend. Wieviel Taschentücher brauchen die Gäste?
Ein Packerl mindestens.

Danke für das Gespräch.

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