WOCHE-Serie: Wahre Werte, Teil 5 - Verantwortung

Mit Gelassenheit in der Verantwortung: GAW-Boss Jochen Pildner-Steinburg | Foto: geopho.com
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"Das Wasser war schon fast gefroren, so eiskalt war es", beschreibt Jochen Pildner-Steinburg seinen Start als Chef der GAW (Grazer Armaturenwerk) vor mittlerweile 42 Jahren – die Wertigkeit des Begriffs "Verantwortung" (Teil 5 der WOCHE-Werteserie), war ständiger Begleiter auf dem Lebensweg des Grazer Unternehmers.
"Mein Vater ist damals an Krebs erkrankt, er verstarb – wenige Monate nach Beendigung meines Studiums musste ich 1974 die Firma übernehmen", erzählt Pildner-Steinburg. Rund 50 Mitarbeiter waren es damals, die jährlich etwa 25 Millionen Schilling erwirtschafteten. Ein Erbe, mit dem er höchst verantwortungsvoll umgegangen ist: Heute stehen weltweit 1.800 Mitarbeiter für runde 270 Millionen im Jahr. Euro, wohlgemerkt.
Nimmt man so viel Verantwortung in jungen Jahren eigentlich gern? "Diese Frage hat sich nie wirklich gestellt. Freilich, ich hätte nach meinem Studium auch gerne ein bisschen Zeit im Ausland verbracht, Länder und das Leben kennengelernt." Damit war's also nichts, im Gegenteil: Es ging darum, ein Unternehmen zu leiten – was gerade in der Startphase gar nicht so einfach war: "Mein Vater war noch ein Patriarch, alle Entscheidungen gingen über seinen Tisch – dementsprechend waren auch die Mitarbeiter geprägt, die Eigenständigkeit war damals gering. Ich musste die Mitarbeiter bewegen, diesen neuen Weg mit mehr Eigenverantwortung mitzugehen."

"Ich wäre kein guter Angestellter"

Generationenkonflikte gab es natürlich, aber auch eine stetige Aufwärtsentwicklung. Wie schafft man das in so jungen Jahren: "Ich war durch unsere Familie schon unternehmerisch geprägt, wollte immer unabhängig sein. Als Angestellter wäre ich sicherlich falsch gewesen." Und so hat er sich durch die Anfangszeit gekämpft: "Es war ja niemand da, den ich fragen hätte können, der für mich Mentor und Anlaufstelle gewesen wäre." Lernen war angesagt, vor allem von Kollegen, von anderen Unternehmern habe er in dieser Zeit profitiert. Übrigens auch eine Lebenseinstellung: "Lernen hört nie auf, man muss sich auch in der jetztigen Zeit, in der digitalen Welt zurechtfinden", ist Pildner-Steinburg längst in der Smartphone-Generation angekommen.
Der Lohn für all diese Mühen? "Unabhängigkeit. Und Freiheit." Vor allem auch die Freiheit, Dinge beim Namen zu nennen: "Ich bin von keiner öffentlichen Hand abhängig, ich kann und darf meine Meinung sagen." Das hält er auch im Unternehmen so: "Mitarbeiter haben es sich verdient, dass man ihnen die Wahrheit sagt, auch wenn sie oft nicht angenehm ist."

Grenzkontrollen schaden der Wirtschaft

Er halte nichts von Halbwahrheiten: "Menschen wollen die Wahrheit wissen und sie ist ihnen auch zuzumuten." Im Unternehmen wie in der Politik: "In Sachen Flüchtlinge hat man die Menschen lange an der Nase herumgeführt, die Entwicklungen sind seit über einem Jahr bekannt, fast neun Monate hat man gebraucht, um Maßnahmen zu treffen – und die Bevölkerung hat man blöd sterben lassen." Jetzt habe man eine Situation, in der alle unter Druck stehen und auch die Wirtschaft leidet: "Die Lage an den Grenzübergängen ist für uns eine Katastrophe, es entstehen horrende Kosten durch die Verzögerungen." Antiziperen statt im Nachhinein reagieren, so hätte aus seiner Sicht eine verantwortungsvolle Regierung handeln müssen.

Geld scheffeln ist keine Maxime

Zurück in die GAW, zurück in die unternehmerische Verantwortung: "Es reicht nicht, nur Geld zu scheffeln. Man hat eine Verantwortung für seine Mitarbeiter, für dessen Familie, die an seinem Job hängt." Da passiert es dann auch einmal, dass Pildner-Steinburg schlecht schläft: "Wenn es Marktprobleme gibt, wenn man sich von Mitarbeitern trennen muss, möglicherweise, um andere Arbeitsplätze im Unternehmen zu retten, das wird nie zur Routine." Gerade deshalb bricht er eine Lanze für das "echte" Unternehmertum: "Dahinter stehen Menschen mit Mut, die im Interesse der Menschen Arbeitsplätze schaffe. Und Arbeitsplätze schaffen Wohlstand in einem Land."

"Viel von den Grünen gelernt"

Dies solle man wertschätzen: "Unternehmer sind Vorbilder, keine Feindbilder, hat Hermann Schützenhöfer gesagt. Es hat Jahrzehnte gebraucht, bis ich einen solchen Satz aus dem Mund eines Politikers gehört habe." Zu einer Politik, zu der er auch als Präsident der steirischen Industriellenvereinigung (IV) ein durchaus differenziertes Verhältnis hat: "Wir betreiben Standortpolitik, gemeinsam mit allen, die es gut mit uns meinen. Er pflege eine gute Gesprächsbasis zur Sozialdemokratie, sogar zur KPÖ. Spannender Nachsatz: "Den Grünen habe ich viel zu verdanken, sie haben für die heimische Industrie neue Wege aufgezeigt. Statt rauchender Schlote und dreckiger Flüsse haben wir heute eine nahezu geruchs- und emmissionslose Industrie. Da habe ich viel von den Grünen gelernt.

Vorbild und Vertrauen

Mit diesem offenen Zugang ist es Pildner-Steinburg gelungen, im Sport als Präsident der "99ers", in der IV, aber vor allem auch im eigenen Unternehmen Erfolg zu haben.
Was ist das Erfolgsgeheimnis in dieser Verantwortung? "Einerseits muss man für seine Mitarbeiter Vorbild sein, im Einsatz, in der Leistung. Und andererseits braucht es wechselweises Vertrauen. Ich stehe zu meinem Wort und halte es auch." Nur so bleibt wohl 42 Jahre als Firmenboss authentisch ...

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