Allgemeine Lockerungen der Corona-Maßnahmen
Mürztaler Stimmen zum Aussetzen der Impfpflicht
Wie am vergangenen Mittwoch im Ministerrat entschieden wird die Covid-19-Impfpflicht vorerst ausgesetzt. Wir haben uns bei diversen Interessensgruppen im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag umgehört.
BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Dass die Impfpflicht gegen das Coronavirus, wie am 9. März von der Bundesregierung verkündet, nun doch ausgesetzt wird, sorgt österreichweit für Diskussionen. Auch die im Mürztal befragten Interessensgruppen äußern sich unterschiedlich dazu.
Nachvollziehbare Entscheidung
Reinhold Kerbl ist Facharzt für Kinder und Jugendheilkunde sowie Vorstand der dementsprechenden Abteilung am LKH Hochsteiermark. Für ihn ist die Aussetzung der Impfpflicht durchaus nachvollziehbar, da sie seines Erachtens von den Expert:innen dementsprechend begründet ist. "Es ist derzeit nur schwer abschätzbar, wie diese Pandemie weiter verlaufen wird und wie zusätzliche Virusvarianten sich verhalten werden. Wenn die Situation z.B. im Herbst 2022 eine Reaktivierung der Impfpflicht rechtfertigen sollte, wird man dafür wahrscheinlich auch entsprechend angepasste Impfstoffe brauchen“, so Kerbl.
Aufgrund der fast ausschließlich leichten Verläufen durch Omikron bei Kindern, wäre eine Impfpflicht für Kinder mit dem aktuellen Impfstoff laut Kerbl nicht zu rechtfertigen.
Pflege ist zwiegespalten
Aus der Pflege sind unterschiedliche Töne zu hören. „Ich halte die Rücknahme der Impfpflicht für fatal", zeigt sich der diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger Marcel Skerget empört. Der Betriebsrat des Landespflegezentrums Mürzzuschlag erzählt von einer Überlastung, die sich auf die Normalstation verschoben habe und äußert die Befürchtung, dass es zu Infrastrukturproblemen kommen könne. Skerget, der auch für die SPÖ im Gemeinderat in Spital am Semmering vertreten ist, zeigt insofern wenig Verständnis für die Entscheidung gegen die Impfpflicht: "In der Pflege fahren wir seit zwei Jahren am Limit. Lange halten wir das nicht mehr aus."
Die Meinungen gehen aber auch im belasteten Gesundheitsbereich auseinander. Die in der Obersteiermark im Gesundheitswesen tätige Theresia Bruckgraber hat ihre ganz persönliche Haltung zum Thema Impfpflicht. Sie hat sich aufgrund ihrer Gesundheitsgeschichte gegen eine Impfung entschieden und ist wie wohl viele andere in ihrer Situation entsprechend erleichtert über die Entscheidung der Regierung: "Es war so ein langer Weg, bis ich um eine Befreiung ansuchen konnte. Das Aussetzen der Impfpflicht macht jetzt natürlich viele Dinge leichter."
Wirtschaft und Tourismus
Die Steirische Wirtschaftskammer (WKO) betont, die Entscheidung sei zu akzeptieren. „Wir sind keine Virologen, darum halten wir uns in dieser Frage an die Empfehlungen der Experten", äußert Direktor Karl-Heinz Dernoscheg. Angesichts der "kritischen Situation am Arbeitsmarkt" nimmt die WKO das Thema aber zum Anlass, um für ein Überdenken der aktuellen Quarantäneregelungen zu plädieren: "Eine Absonderung von symptomfrei Infizierten, die auch dreifach geimpft sind, sollte aus unserer Sicht angesichts der hohen Zahl an Neuinfektionen zumindest überdacht werden.“
Aus Sicht der steirischen Tourismusbranche ist mit keinen großen Veränderungen durch die Aussetzung der Impfpflicht zu rechnen. Vermutet wird laut Steiermark Tourismus-Geschäftsführer Erich Neuhold allenfalls eine Verbesserung der allgemeinen Stimmungslage.
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