"Früher war alles besser"
Das Dating im Wandel der Zeit

- Viele junge, aber auch ältere Menschen finden durch Online-Dating die große Liebe.
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Vom persönlichen Kennenlernen zum schnellen "Swipen" am Handy: Wie hat sich das Dating im Wandel der Zeit verändert? MeinBezirk hat nachgefragt.
STEIERMARK/DEUTSCHLANDSBERG. Schüchterne Blicke treffen sich, man wagt ein erstes Gespräch und mit etwas Glück entsteht aus dem Flirt eine Beziehung. So hat man sich früher kennengelernt, heute ist einiges anders. In unserer Serie "Früher war alles besser" vergleichen wir die Vergangenheit mit der Gegenwart, dieses Mal widmen wir uns dem Thema Dating. Wie sich das Datingverhalten verändert hat, erklärt uns Psychotherapeutin und Pädagogin Michaela Paulitsch, die vor zwei Jahren das Gesundheitszentrum "Mein Lebenspunkt" in Deutschlandsberg gegründet hat.
Die größten Änderungen
"Früher war es immer die soziale Umgebung, wo man die Partnerin bzw. den Partner kennengelernt hat. Das war in der Diskothek, bei der Arbeitsstelle, über Freunde, natürlich auch in Vereinen und so weiter. Heute passiert das zwar auch noch, aber damals war es die einzige Möglichkeit, jemanden zu finden", erklärt Paulitsch. Durch die Modernisierung kann man sich heute online kennenlernen, zum Beispiel auf Dating-Apps wie Tinder, Parship und Co.
"Die Kommunikationsformen haben sich allgemein verändert", denkt Paulitsch zum Beispiel an E-Mails, Telefonate oder Briefe. Auch die Rollen von Mann und Frau sowie das klassische Beziehungsmodell haben sich gewandelt und werden immer mehr aufgebrochen. Ähnlich ist es laut der Psychotherapeutin mit dem Bindungsverhalten: Während man sich damals relativ früh entschieden hat und dann zusammengeblieben ist, braucht man heute länger, um die Richtige oder den Richtigen zu finden und Beziehungen halten nicht so lange.

- Michaela Paulitsch in ihrer Praxis in Deutschlandsberg
- Foto: Löschnig
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Zur Online-Partnersuche
Laut der aktuellen Parship-Winterstudie 2025 haben sich nur 1,5 Prozent der befragten österreichischen Paare, die seit über 25 Jahren zusammen sind, online gefunden. Damals steckte das Online-Dating noch in den Kinderschuhen. 26,1 Prozent sind es bei jenen, die sich in den letzten 15 Jahren kennengelernt haben und bereits 45,1 Prozent bei jenen, die sich in den letzten zwei Jahren kennengelernt haben. Heute verliebt sich also schon fast jeder und jede Zweite online.
Wie sieht es in unserem Bundesland aus? 60,3 Prozent der befragten Steirerinnen und Steirer bestätigten, dass sie sich Online-Dating generell vorstellen könnten. Aktuell im Netz auf der Suche sind 7,4 Prozent der steirischen Singles. "Viele der Paare, mit denen ich arbeite, haben sich online kennengelernt. Die Tendenz ist steigend", berichtet Paulitsch aus ihrer Praxis in der Bezirksstadt Deutschlandsberg.
War Dating früher besser?
Kann man sagen, dass das Dating früher besser war? "Ich glaube für die Psyche war es besser, weil man sich mehr Zeit gelassen hat. Ich glaube, es war einfach angenehmer zu flirten, auf jemanden zuzugehen oder vielleicht auch angesprochen zu werden. Man kann einen Menschen besser einschätzen, wenn man ihn das erste Mal sieht", meint Paulitsch.
Laut ihr hat Online-Dating viele Nachteile: Dadurch, dass die Auswahl so groß ist, fällt einem die Entscheidung zum Beispiel viel schwerer ("Paradox of Choice"). "Beim Wischen auf Apps wie Tinder verhält man sich ein bisschen so wie im Supermarkt. Was will ich und was will ich nicht? Dadurch geht die Tiefe und die Ehrlichkeit verloren", so die Expertin. Durch die Schnelligkeit ("Instant Gratification") kommen auch die Achtsamkeit und das Bewusstsein abhanden, Fehler in der Kommunikation sind keine Seltenheit. Viele verlernen sogar das Flirten. Außerdem begegnet man womöglich Menschen, die sich anders präsentieren als sie sind oder nur ihren Selbstwert stärken wollen. Phänomene wie "Ghosting" können verletzen.
"Online-Plattformen bieten beim Dating ganz viel Freiheit, sorgen zugleich aber auch für große Unsicherheit."
Michaela Paulitsch, Psychotherapeutin und Pädagogin
Laut der Psychotherapeutin ist es aber wichtig, Online-Dating nicht zu verteufeln, denn es bietet auch Positives. Für sehr schüchterne Menschen kann es zum Beispiel eine tolle Möglichkeit sein, jemanden kennenzulernen. Wenn die Profile ehrlich sind, kann man auch genauer selektieren, welche Partnerin bzw. welcher Partner zu einem passt.

- Zeit und Achtsamkeit sind wichtige Faktoren beim Dating.
- Foto: Candice Picard/unsplash
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Richtiger Umgang
"Die Modernisierung gehört einfach dazu, wir können sie nicht wegdenken", so Paulitsch. Die Wahl der passenden Online-Plattform spiele eine große Rolle, das Wichtigste sei ein achtsamer Umgang. "Entscheidend beim Kennenlernen – egal ob live oder online – ist es, sich Zeit zu nehmen und das bewusst wahrzunehmen. Nicht der Algorithmus darf über die Liebe entscheiden, sondern das Herz", meint die Psychotherapeutin abschließend.
Mehr zu Michaela Paulitsch findest du online auf www.michaelapaulitsch.com. In ihrem eigenen Podcast spricht sie über verschiedenste Themen der Psychotherapie.
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Früher war alles besser
Unter dem Motto „Früher war alles besser“ hinterfragt das MeinBezirk-Redaktionsteam Themen wie Sicherheit, Bildung und Verkehr.
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