Schuldenstand in Zeiten von Corona
"Männer haben oft mehr Druck, zu uns zu kommen"

Nach dem Lockdown hat sich die Zahl der Beratungen in der Schuldnerberatung Steiermark wieder auf dem Vorjahresniveau eingependelt – doch das war sicher noch lange nicht alles. | Foto: Mev.de
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  • Nach dem Lockdown hat sich die Zahl der Beratungen in der Schuldnerberatung Steiermark wieder auf dem Vorjahresniveau eingependelt – doch das war sicher noch lange nicht alles.
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Unzählige Branchen leiden bekanntlich unter den Folgen der Corona-Krise, eine jener Institutionen, die nun allerdings mehr denn je "gefragt" ist, ist die Schuldnerberatung Steiermark. Die WOCHE hat mit Geschäftsführer Christof Lösch über die aktuelle Beratungslage sowie über "das dicke Ende, das noch kommen wird" gesprochen.
Derzeit befinde man sich in Bezug auf die Anfragen wieder auf Vorjahresniveau. "Direkt während des Lockdowns ist die Zahl der Beratungen um die Hälfte gesunken", schildert Lösch, "derzeit bearbeiten wir rund 60 bis 70 Fälle pro Woche." Lösch geht allerdings davon aus, dass der Höhepunkt noch lange nicht erreicht ist. "In den ersten Wochen und Monaten nach dem Lockdown waren noch andere Probleme im Vordergrund. Da ging es darum, Home-Office, Home-Schooling und vieles mehr unter einen Hut zu bringen." Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder sonstige Einkommenseinbußen würden sich erst nach und nach bemerkbar machen. "Dann werden die Anfragen auch eklatant steigen", so der Schuldnerberater, der allerdings einräumt, dass es schwer abschätzbar sei, wann sich jemand meldet. In der Regel passiere es allerdings oft zu spät. "Je frühzeitiger, sich die Menschen, an uns wenden, umso besser können wir auch helfen. Sobald die privaten Reserven erschöpft sind, wird es kritisch."

Kontoüberziehung als Warnung

Lösch nennt in diesem Zusammenhang zwei große Warnsignale: Einerseits wenn man sein Konto ständig überziehen oder andererseits Geld von Freunden oder Verwandten ausleihen muss. Besondere Vorsicht sei auch bei Stundungen von Mieten und Bankzahlungen geboten, die derzeit gerade gern in Anspruch genommen werden. "Da sollte man einen guten Plan haben, wie man das Geld rückführt." Vor allem Mietschulden seien riskant, da die Gefahr besteht, aus der Wohnung zu fliegen. Hier würden sich viele in falscher Sicherheit wähnen. 
Im Durchschnitt betrug der Schuldenstand jener Steirer, die sich im Vorjahr an Christof Lösch und sein Team wandten, übrigens 65.000 Euro. "Er ist vor allem deshalb so hoch, da wir auch ehemalig Selbständige beraten. Bei Privaten kommt es oft dadurch zu hohen Schulden, wenn ein Haus versteigert werden muss", so Lösch.

Regionale und geschlechtsspezifische Unterschiede

Auch wenn die Schuldnerberatung Zweigstellen in Kapfenberg und Liezen betreibt, so liege der Fokus eindeutig im Großraum Graz. "Was jedoch nichts über die finanzielle Lage der Menschen in anderen Regionen der Steiermark aussagt", wie Christof Lösch bekräftigt. "Am Land ist natürlich oft Grundeigentum vorhanden, das heißt, hier gestaltet sich die Einschätzung des Eigenkapitals anders. Erst wenn auch das verloren gegangen ist, kann man evaluieren."
Auch zwischen den Geschlechtern zeigen sich Unterschiede, so "haben Männer oft mehr Druck, zu uns zu kommen", berichtet der Berater. "Nach Trennungen greifen bei Frauen, die meist schlechter verdienen, Lohnpfändungen weniger als bei Männern."

Nach dem Lockdown hat sich die Zahl der Beratungen in der Schuldnerberatung Steiermark wieder auf dem Vorjahresniveau eingependelt – doch das war sicher noch lange nicht alles. | Foto: Mev.de
"Je frühzeitiger, sich die Menschen an uns wenden, umso besser können wir auch helfen", rät Christof Lösch, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Steiermark | Foto: KK
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