Flüchtlinge aus der Ukraine
Bange Wartezeit mit wenigen Lichtblicken

Eine Perspektive in Österreich hat dank ihrer guten Sprachkenntnisse Nataliia Khmeliarchuk (r.), die hier mit ihrer Namenskollegin Nataliia bei der Team-Österreich-Tafel in Bad Gleichenberg mithilft. | Foto: Willa
6Bilder
  • Eine Perspektive in Österreich hat dank ihrer guten Sprachkenntnisse Nataliia Khmeliarchuk (r.), die hier mit ihrer Namenskollegin Nataliia bei der Team-Österreich-Tafel in Bad Gleichenberg mithilft.
  • Foto: Willa
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

Der Krieg hat ihnen ihre Sicherheit und Existenz genommen – in einem fremden Land suchten sie Schutz, doch wie geht es den Flüchtlingen aus der Ukraine eigentlich nach so vielen Monaten in der neuen Heimat? MeinBezirk.at hat sich in der Südoststeiermark umgehört.

SÜDOSTSTEIERMARK. Der Kriegsbeginn in der Ukraine hat das Leben der Ukrainerinnen und Ukrainer von einem Tag auf den anderen von Grund auf verändert und Existenzen bedroht. Viele Menschen haben als Flüchtlinge beispielsweise den Weg nach Österreich auf sich genommen. Doch wie geht es den Menschen mittlerweile bei uns in der Südoststeiermark?

Glaubst du an eine gelungene Integration der Flüchtlinge aus der Ukraine bei uns vor Ort?

Dass sich die Perspektive der Flüchtlinge sehr verändert hat, betont etwa die südoststeirische Landtagsabgeordnete Cornelia Schweiner, die ja gemeinsam mit Ulrike Krawagna die Initiative Steiermark hilft auf die Beine gestellt hat. "Aus anfangs erhofften wenigen Wochen sind nun Monate geworden, in welchen die Familien die Väter nicht gesehen haben und ihrer Heimat fern sind", spricht Schweiner eine enorme psychische Belastung der Geflüchteten an.

Riesenhürde Arbeitsmarkt

In ihre Heimat zurückgekehrt wären über den Sommer nur eine Handvoll Menschen, es wären in der Region eher mehr geworden, erzählt sie. Die Initiative betreut lokal übrigens rund 100 Menschen. Während die Integration in Kindergärten und Schulen gut funktioniere, sei der Einstieg in den Arbeitsmarkt schwierig. Dies sei unter anderem der Zuverdienstgrenze geschuldet. Der sogenannte Freibetrag in der Grundversorgung liegt ja aktuell bei 110 Euro plus 80 Euro pro angehöriger Person. Existenzsichernde Vollzeitanstellungen wären gemäß Schweiner eine Ausnahme.

Es liegt übrigens ein Modell des Innenministeriums vor, dass eine Anhebung der Freibetrags vorsieht. Das Büro der steirischen Soziallandesrätin Doris Kampus gibt diesbezüglich Auskunft, dass man die Details im Rahmen der Konferenz der Landesrätinnen und Landesräte Ende des Jahres besprechen würde. Natürlich sei man bemüht, gute Lösungen zu finden.

AMS-Leiter Edmund Hacker | Foto: RegionalMedien

Weitere Details zur Beschäftigungssituation hat Edmund Hacker, AMS-Verantwortlicher im Bezirk, parat: "Aktuell sind in der Südoststeiermark noch 81 Vertriebene aus der Ukraine vorgemerkt,  85 Prozent davon weiblich. Wir führen mit ihnen eine muttersprachliche Erstberatung durch und erstellen einen Kompetenzcheck", so Hacker. Das größte Vermittlungshemmnis sei die Sprachbarriere. Die meisten Frauen und Männer würden deshalb parallel zur AMS-Vormerkung einen Deutschkurs, vom ÖIF organisiert, bei ISOP absolvieren. Die Arbeitssuche erfolge deshalb während des Kurses auch vorrangig für eine Teilzeitbeschäftigung.

Die Hälfte der Jobs geringfügig

Bis dato hätte man 83 Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Die meisten davon in der Landwirtschaft, in der Gastronomie und in der Reinigung. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfolge rasch innerhalb einer Woche. Rund 50 Prozent davon wären geringfügig beschäftigt. Auch Hacker sieht als Problematik die Zuverdienstgrenzen, wenn man sich in Bundesbetreuung befinde. Für eine längerfristige Integration sei ein existenzsicherndes Beschäftigungsausmaß erforderlich.

Die Initiative "Steiermark hilft" machte unter anderem einen Ausflug auf den wilden Berg möglich.  | Foto: Cornelia Schweiner
  • Die Initiative "Steiermark hilft" machte unter anderem einen Ausflug auf den wilden Berg möglich.
  • Foto: Cornelia Schweiner
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

Nochmals zurück zu Cornelia Schweiner – sie merkt auch an, dass immer mehr private Unterkunftgeber wegen der nun steigenden Energiekosten das Handtuch werfen würden. Aber auch noch ein sehr positiver Aspekt: "Wir konnten in den Ferien 110 Feriencamppatenschaften, davon für 60 Kinder in der Region, auf die Beine stellen und so ein schönes Erlebnis bieten."

Im Schnitt sieben Liter Super

Ihr Möglichstes für die Flüchtlinge tut in Bad Radkersburg nach wie vor auch Anna Mir mit dem Zeit-Hilfs-Netz. So kocht sie etwa je samstags für die Flüchtlinge, aber auch Menschen aus Bad Radkersburg auf. Da die Anzahl der Personen dermaßen gestiegen sei, mittlerweile wären es 33, ist man schon im März von der Kaserne in das Pfarrheim übersiedelt.

Samstags kocht das Zeit-Hilfs-Netz in Bad Radkersburg auf. | Foto: Anna Mir
  • Samstags kocht das Zeit-Hilfs-Netz in Bad Radkersburg auf.
  • Foto: Anna Mir
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

"Ich koche im Schnitt sieben Liter Suppe, einen Hauptspeisengang mit über drei Kilo Fleisch und dazu noch Salate, Kraut, Kartoffeln und so weiter." Neben den fleißigen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, Mir nennt etwa Renate Fuhs, Martha Weiß und Ewald Maitz, greifen natürlich auch die Flüchtlinge selbst mit an und kredenzen auch typisch ukrainische Küche. Trotz des guten Miteinanders und auch jeder Menge Unterstützung und der Gemeinde laute der allgemeine Tenor: "Wir wollen nachhause." 

Anna Mir wird aber trotz allem nicht müde zu helfen. Im Advent lädt sie freitags und samstags ins Pfarrheim, wo sie selbstgebackene Kekse verkauft, um mit den Erlösen weiter unterstützen zu können.

Anna Mir (l.) u.a. mit Ukrainerinnen und Ukrainern beim Friedenslauf vom lokalen Lions-Club | Foto: Lions Club/Pracher
  • Anna Mir (l.) u.a. mit Ukrainerinnen und Ukrainern beim Friedenslauf vom lokalen Lions-Club
  • Foto: Lions Club/Pracher
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

Sorge um Männer wächst und wächst

"Es geht ihnen ganz schlecht, sie sind – ob der großen Sorge um ihre Männer in der Heimat – psychisch sehr angeschlagen", betont Heike Schmidt, die sich in Bad Gleichenberg mit dem Sozialverein "Willa" um Flüchtlinge kümmert. Gut funktionieren würde nach wie vor die Unterbringung in der Tourismusschule, im Caritas-Heim und bei Privaten.

Soziale Praktika als Sprungbrett

Das größte Hindernis für eine problemlose Integration sei die Sprache, die sich natürlich auch auf die Eingliederung am Jobmarkt auswirke. Schmidt schätzt, dass nur rund ein Prozent der Flüchtlinge in Bad Gleichenberg eine Beschäftigung hat. Eine Basis für einen späteren Job lege man in Form sozialer Praktika im Vintage-Laden und in der Kleiderbörse des Vereins sowie in Reihen der Team-Österreich-Tafel, die ob der geringen Mittel der Flüchtlinge einen Riesenzustrom erlebe.

Die Beschäftigung in den Einrichtungen des Vereins "Willa" soll in Bad Gleichenberg Sprungbrett für die Integration am Jobmarkt sein. | Foto: Schmidt
  • Die Beschäftigung in den Einrichtungen des Vereins "Willa" soll in Bad Gleichenberg Sprungbrett für die Integration am Jobmarkt sein.
  • Foto: Schmidt
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

"Es geht ihnen ganz schlecht, sie sind – ob der großen Sorge um ihre Männer in der Heimat – psychisch sehr angeschlagen"
Heike Schmidt, Sozialverein "Willa"

Schmidt und Co. verfolgen übrigens ein klares Ziel – nämlich dass die Ukrainerinnen und Ukrainer in Österreich auf eigenen Beine stehen – also selbstständig leben –  können. Quasi als Best-Practice-Beispiel kann man Nataliia Khmeliarchuk nennen. Die 56-jährige Deutschlehrerin aus Lemberg ist im April nach Österreich geflüchtet bzw. über Wien und Graz im Kurort angekommen. Anfangs noch im Caritas-Heim, dem Haus Triestina, untergebracht, konnte sie den Familien aus allen Teilen der Ukraine dank ihrer Sprachkenntnisse im Alltag weiterhelfen.

"Ich fühle mich wie daheim"

Mittlerweile hat Nataliia Khmeliarchuk eine private Unterkunft bezogen und nach Tätigkeiten in Reihen des Sozialvereins "Willa" und der Team Österreich Tafel eine Stelle bei der Caritas in Aussicht. "Ich fühle mich hier wie daheim, mit der neuen Arbeit startet ein neues Leben", betont sie. Mit ihrem 32-jährigen Sohn, er arbeitet in einem Krankenhaus in Lemberg, und ihrem Bruder ist sie, sofern möglich, täglich in Kontakt.

Das könnte dich auch interessieren:

Musikalische "Fachkräfte" luden auf eine Zeitreise ein
Seit 30 Jahren starke Stütze für Familien
Lebenshilfe sorgt an FH Joanneum für Kulinarik

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Die Riegersburg thront auf einem Vulkanfelsen und wacht über die Region mit Strahlkraft weit über alle Grenzen hinaus. | Foto: Vulkanland/Bergmann
7

Leben in Riegersburg
Die Tourismusgemeinde mit noch mehr Strahlkraft

Riegersburg hat sich selbst touristisch noch weiter aufgewertet. Mit dem gerade erst neu eröffneten Camping-Resort gegenüber dem Seebad dürften jährlich mehr als 35.000 Nächtigungen unter der Burg dazukommen. RIEGERSBURG. Die Erlebnisregion Thermen- und Vulkanland ist um ein touristisches Highlight reicher. Das steirische Familienunternehmen Gebetsroither und die Familie Liechtenstein haben das Camping-Resort Riegersburg gegenüber dem Seebad feierlich eröffnet. 35.000 bis 40.000 Nächtigungen,...

  • Stmk
  • Südoststeiermark
  • Heimo Potzinger

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.